Politischer Spätzünder wird Landratspräsident
25.06.2024 BaselbietPeter Hartmann (Grüne) für ein Jahr im höchsten Amt
In den USA geboren, im Aargau aufgewachsen, drei Jahre lang in Afrika gearbeitet und seit mehr als 20 Jahren in Muttenz zu Hause. Die Biografie des designierten höchsten Baselbieters weist bemerkenswerte Züge ...
Peter Hartmann (Grüne) für ein Jahr im höchsten Amt
In den USA geboren, im Aargau aufgewachsen, drei Jahre lang in Afrika gearbeitet und seit mehr als 20 Jahren in Muttenz zu Hause. Die Biografie des designierten höchsten Baselbieters weist bemerkenswerte Züge auf. Sämtliche Teile davon haben Peter Hartmann geprägt.
Tobias Gfeller
Peter Hartmann ist ein politischer Spätzünder. Erst mit 43 Jahren zog es ihn in die Politik. Die Muttenzer Grünen fragten den damals noch Parteilosen an, ob er einen Platz in der kommunalen Bau- und Planungskommission übernehmen möchte. «Ich war schon immer politisch interessiert, aber eine politische Karriere hatte ich bis dahin nie geplant.» Für die Bauund Planungskommission sagte er zu, weil die Themen, die dort besprochen werden, seinen beruflichen und privaten Interessen entsprochen hätten.
Als politisches Amt sah er die Arbeit in jener Kommission zunächst nicht. Trotzdem machte sich Hartmann in Muttenz schnell einen Namen als engagierter Umwelt- und Verkehrspolitiker. Auch in Sachen Bauen und im Speziellen bei Quartierplanentwicklungen hatte der diplomierte Kulturingenieur ETH viel beizutragen.
Nach dem Co-Präsidium der Grünen-Sektion Muttenz und dem Nachrücken in die Gemeindekommission wurde Peter Hartmann 2019 in den Landrat gewählt. Nur gerade fünf Jahre später wird er übermorgen Donnerstag zum neuen Landratspräsidenten und damit zum politisch höchsten Baselbieter gewählt. Er folgt auf den Oberwiler Pascal Ryf («Mitte»), dem Hartmann im vergangenen Jahr als Vizeratspräsident zur Seite stand.
Hart in der Sache, fair im Umgang
Peter Hartmann ist kein Mann der lauten Töne. Er gilt als stiller Schaffer, was nicht bedeutet, dass er für seine Anliegen nicht auch einmal laut werden und kämpfen kann. «Die Debatten im Landrat dürfen hart sein, müssen aber stets fair geführt werden», erklärt Hartmann seine Haltung als Parlamentarier und dann auch als Ratspräsident. Als Sitzungsleiter wolle er für einen effizienten und straffen Betrieb sorgen.
Der Muttenzer freut sich darauf, im Amtsjahr möglichst viele Menschen kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. «Ganz besonders freue ich mich darauf, das Baselbiet noch besser kennenzulernen.» Insbesondere das Laufental, aber auch das Oberbaselbiet seien ihm noch zu wenig bekannt, obwohl er die Route Waldenburg–Wasserfallen–Passwang zu seinen Lieblingswanderungen zählt.
Die Ecken des Baselbiets kennt Peter Hartmann vor allem von seiner Arbeit. Spezialisiert auf Wasserprojekte und Lärmschutzmassnahmen bei einer Muttenzer Ingenieurfirma, gehören Gemeinden, Kantone und der Bund zu den Auftraggebern.
Am Dialekt ist zu hören, dass Peter Hartmann kein gebürtiger Baselbieter ist. Aufgewachsen ist der mittlerweile 54-Jährige im Kanton Aargau. Die ersten zwei Lebensjahre verbrachte der Landrat der Grünen in den USA. Die Eltern – beide Schweizer – lernten sich in den USA kennen und blieben dort sesshaft. Nach der Geburt von Peter und seiner um zwei Jahre älteren Schwester entschieden sie sich aufgrund des aus ihrer Sicht besseren Bildungssystems für eine Rückkehr in die Schweiz. Nach 22 Jahren in der Gemeinde Hausen zog es Peter Hartmann nach dem Studium als Wochenaufenthalter nach St. Gallen. Als 30-Jähriger nahm Hartmann ein Angebot des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) an, in Bénin in Westafrika in der ländlichen Trinkwasserversorgung zu arbeiten.
Nach seiner Rückkehr aus Afrika zog Peter Hartmann nach Muttenz, wo auch seine beiden mittlerweile erwachsenen Söhne aufgewachsen sind. In seiner abwechslungsreichen Biografie fällt die verhältnismässig lange Militärkarriere auf. Dass es ein Politiker der Grünen bis zum Offizier der Schweizer Armee durchzieht, kommt nicht oft vor. Bei Hartmann hat das auch familiäre Gründe. «Das Elternhaus stand der FDP nahe. Das Militär hatte da einen guten Stand. Für mich war die Zeit im Militär und in der Artillerie sehr lehrreich, gerade auch aus Sicht des Ingenieurs.»
Hartmann ist es wichtig, zu betonen, dass er primär ein Grüner sei, nicht ein Linker. «Die Wirtschaft braucht gute Rahmenbedingungen, aber sie braucht auch klare Regeln. Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch den Menschen gut.» Hartmann plädiert für eine «soziale und umweltschonende Marktwirtschaft». Die Wirtschaft schade sich schliesslich selber, wenn sie die natürlichen Ressourcen zu exzessiv verbrauche.
Der designierte Landratspräsident schliesst nicht aus, dass er bei einer anderen Partei gelandet wäre, wenn er von einer anderen Sektion zuerst angefragt worden wäre. Peter Hartmanns Aufzählung potenzieller Parteien geht bis ins bürgerliche Lager.
Trotzdem fühle er sich bei den Grünen gut und richtig aufgehoben. Ihm gehe es primär um Umweltthemen.
Im Herzen ein Eisenbahner
Ist Peter Hartmann privat nicht gerade in Wanderschuhen, auf dem Velo, auf Skiern oder im Wasser beim Schwimmen unterwegs, geniesst er die Zeit im eigenen Garten, wo er sich sehr gut erholen kann. Eine grosse Leidenschaft hat ihn seit der Kindheit nicht losgelassen. «Ich liebe Züge, historische und moderne», erzählt Hartmann mit strahlenden Augen. Die eigene Modelleisenbahn (Märklin Spur H0) wird regelmässig gefahren und umgebaut.
Als Mitglied des Vereins Furka Bergstrecke geniesse er das Fahren mit den historischen Zügen genauso wie die Einsätze als Helfer bei Arbeiten an der Strecke. Die Hobbys müssen in den kommenden gut zwölf Monaten wohl etwas hinten anstehen. Dafür lernt Peter Hartmann das Baselbiet so richtig gut kennen.