Oberaffegeil, Bro!

  05.06.2025 Persönlich

Im Färnsee lauft e dütschi Serie, won ich gärn mit myne Teens lueg. Äxgüüsi, ich mein mit myne jugendliche Chinder, so isch es glaub korrekter gsäit. Immer wenn in deere Serie die jung Frau öppis in «Jugendsprooch» säit, rollts myne Chind fascht d Zeecheneegel hindere vor Fremdschaam. Nach emen «ey uncool, das ist safe nicht richtig, chill dein Leben, Digga»-Dialog, erklärt my Dochter gnärvt, ass so kei Jugendliche reedet. «Das syt dir Alte, wo meine, ass mir so reede, aber das isch nur pyynlig!»

In mym Choopf goht denn en eigene Film los: D 1990er-Joor, alli häi Zügs vo der Diddl-Muus oder Tintepatroonechügeli gsammlet. Mir häi zum Glück no keini Handys gha, höchschtens es Tamagotchi. Statt Instagram und TikTok häi mer s Bravoheftli gläse. Und statt go ässe, sy mir go fuude. Eusi Eltere häi irgendwenn kapiert, ass das vom änglische food abgleitet isch und denn ammen au fuude gsäit, was biz pyynlig gsi isch.

Mir häi ständig cool gsäit und statt luege gaffe, und alles isch mega gsi und notürlich geil! Für s Wort «geil» isch me chly früener no gschimpft worde, aber in de 90er isch irgendwie alles geil gsi. Amme sogar oberaffegeil oder turboaffegeil oder anderi Kombinatione. Mir häi eus sproochlig wellen abgränze, wie das jeedi Generation macht. Und irgendwenn vermische sich d Sprooch und d Generatione.

Letschti isch «Baujahr» als «Boomerwort der Jahres» gweelt worde. Als Synonym fürs Geburtsjoor. Und ich, mit Boujoor 1981, säg das tatsächlig au hüt no. Mir rütscht ammen es nice use, aber ich säg au no Gwaggli,
Scheese, Gumslen und Schoofseckel.

Aber es isch halt so: Wenn e 50-jährige Noochrichtesprächer ganz ärnscht die aktuelle Jugendwörter vom Teleprompter abliist, cha me dervo usgoh, ass die scho lang nümm aktuell sy. Und spöötischtens ab jetz isch es für die Junge richtig unaagnääm, wenn mir Ältere genau die Wörter in eusi Sprooch yyboue. Die Junge häi scho lang ihri neue Wörter zum sich abgränze.

Mir chönnte jo in euser eigene Gheimsprooch reede. «Hesch der Bandsalat im Kassettli mit em Bleistift ufgrollt und s Video für d Videothek zrugg gspuelt? Chasch mir denn e Funk us der Delefoonkabine näbem Migroswaage gee und säge, was im Teletext stoht.» Das verstönde sicher nid alli Junge, das isch oberaffegeil!

Während ich die Kolumne tipp, froggt my Sohn, wenn und was es zum Ässe git. Ich mach e Live-Tescht und rüef biz übertriibe fröhlich: «Hey, Realtalk, ich bi no at work, spöter gits safe no öbbis us em Airyfrayer. Das wird nice und jetz chill dyni base, Bro!» Ich ha nur ghört, wie ooben e Düüre zuetäscht worden isch. Und bestimmt het er fescht mit den Auge grollt. «Side Eye» heisst das glaub hützutags. Ich ha grinst und überleit, was i spöter würklich zum Fuude mach.

Marianne Lindner-Köhler, 1981 im Baselbiet geboren und aufgewachsen, lebt mit ihrer Familie in München. Als Mary Long tritt sie auf bayerischen und Schweizer Poetry-Slam- und Kleinkunstbühnen auf.


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