Nur der Zusammenklang zählt
27.05.2025 Sissach, GelterkindenDas Europäische Jugendchor Festival ist im Oberbaselbiet zu Gast
Erneut in Gelterkinden und erstmals in Sissach treten am Auffahrtswochenende junge Chöre aus ganz Europa auf. Das faszinierende Festival findet wohl in Basel statt und zieht die Stadt ganz in ihren Bann. Doch die ...
Das Europäische Jugendchor Festival ist im Oberbaselbiet zu Gast
Erneut in Gelterkinden und erstmals in Sissach treten am Auffahrtswochenende junge Chöre aus ganz Europa auf. Das faszinierende Festival findet wohl in Basel statt und zieht die Stadt ganz in ihren Bann. Doch die Ausläufer reichen bis ins Oberbaselbiet.
Jürg Gohl
Die Zahlen sind gigantisch: «Über 2700 Kinder und Jugendliche in über 70 Chören aus Europa, Kamerun und der Schweiz werden uns mit ihren vereinten Stimmen verzaubern.» Das schreibt die Baselbieter Ständerätin Maya Graf im Programm zum Europäischen Jugendchor Festival in ihrem Grusswort.
Das Festival beginnt morgen Mittwoch mit dem gemeinsamen «Einstimmen» durch die Chöre der Nordwestschweizer Gymnasien und einem, gemäss Programm, «fulminanten Chorspektakel» in der St. Jakobshalle. Und vier Tage später endet es am Sonntag mit dem Schlusskonzert im Basler Stadtcasino. Gut 50 verschiedene Konzerte und andere Anlässe wie ein «Sing mit» sind im Programm aufgeführt.
Ihr Grusswort verfasste die Sissacherin nicht in ihrer politischen Funktion, sondern als Präsidentin des Vereins Europäisches Jugendchor Festival Basel. Als Nachfolgerin von Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter steht sie damit zum zweiten Mal an der Spitze des riesigen Anlasses, der die Region fünf Tage lang in ein «Bienenhaus» verwandle, wenn «alles summt und singt», schwärmt sie.
Maya Graf stellt sogleich klar, dass die ganze Organisation nicht in ihren, sondern in den Händen von Festivalleiterin Kathrin Renggli liegt. Die Geschäftsführerin, die im Programm mit dem Satz zitiert wird, dass «Kultur der Klebstoff der Gesellschaft» sei, hält den Kontakt zu den Chören aufrecht, stellt das verästelte Programm zusammen und sucht 2700 private Übernachtungsmöglichkeiten.
Der Leiterin, sagt Maya Graf, sei es auch zu verdanken, dass das Festival nicht auf das Zentrum Basel fokussiert, sondern seit Jahren in der ganzen Region mit Konzerten vertreten ist – auch im Oberbaselbiet. So treten an Freitagabend ab 20 Uhr drei Chöre in der katholischen Kirche Sissach auf. Bereits am Abend zuvor erlebt Sissach – dann in der reformierten Kirche – die Premiere als Gastgeberin. Dort wird, wohl dank des Zutuns der Festival-Präsidentin, ein weiterer kultureller Höhepunkt im doppelten Jubiläumsjahr geschaffen. Wenn in zwei Jahren die nächste Ausgabe folgt, dürfe von ihr aus Sissach auch ohne Geburtstag als Veranstalter in Erscheinung treten.
Im Gegensatz zu Sissach ist Gelterkinden seit 1995, also der ersten Stunde des Festivals, einbezogen. Nach einer Pause fand Gelterkinden 2012 wieder Berücksichtigung. Seit 2023 obliegt Regina Dunkel die örtliche Organisation. «Erneut können wir die Möglichkeit bieten, bei uns ein einmaliges Konzert zu geniessen, das von vielen jungen Menschen vorbereitet wird und alle begeistert», teilt sie mit. Für Chöre ist die römisch-katholische Kirche akustisch ein idealer Raum. Am kommenden Freitag werden unter dem Titel «Verliebt» ab 20 Uhr Formationen aus Ungarn, der Türkei und dem Kanton Appenzell auftreten.
Feuertaufe für Sissach
Bereits 27 Stunden vorher erlebt Sissach, und zwar in der reformierten Kirche, die Feuertaufe als Gastgeber am Jugendchor Festival. Auch dort werden drei Chöre erwartet; sie stammen aus der Schweiz, aus Litauen und Rumänien. Der Sissacher Pfarrer Matthias Plattner war als lokaler Vertreter beim ersten Kontakt mit dem Hauptbüro ganz erstaunt, dass dieses Sissach auswählen liess, welche Formationen man sich wünsche. Weil bei der Sissacher Premiere die Chor-Kultur in ihrer ganzen Breite gezeigt werden soll, wurde entsprechend ausgewählt: «jutz.ch», ein Litauer Jugendchor und ein rumänischer Radio-Kinderchor treten auf (ab 17 Uhr). Schliesslich sollen die musikalischen Gäste dem Titel des Sissacher Abends gerecht werden: «Pätschwork».
«Man hört immer, die heutige Jugend sei für nichts mehr zu begeistern und leistungsunwillig. Das ist Unsinn», sagt Plattner, der einst selber in einem Gymi-Chor mitgesungen hat, «das Jugendchor-Festival liefert einen eindrücklichen Gegenbeweis.» Er spricht von der «Champions League der Chöre», die am Festival und damit auch in Sissach zu Gast sei.
Er wagt auch noch einen Vergleich mit dem anderen gigantischen Gesangsanlass vor einem Dutzend Tage in Basel: Besonders gefalle ihm, dass im Gegensatz zu den Solisten am ESC Chöre in grossen Teams mit zwischen 15 und 150 Mitwirkenden arbeiten: «Alle sind gleich wichtig. Nur der Zusammenklang dieser vielen Einzelnen zählt.»