Noch immer am Puls der Zeit
31.05.2025 Bezirk LiestalDie Kantonsbibliothek ist seit 20 Jahren an ihrem heutigen Standort zu Hause
Am 1. Juni 2005 war es so weit: Die Kantonsbibliothek Baselland zog in das markante Gebäude am Emma-Herwegh-Platz am Bahnhof Liestal. Der Standort hat sich bewährt – die Bibliothek wird rege ...
Die Kantonsbibliothek ist seit 20 Jahren an ihrem heutigen Standort zu Hause
Am 1. Juni 2005 war es so weit: Die Kantonsbibliothek Baselland zog in das markante Gebäude am Emma-Herwegh-Platz am Bahnhof Liestal. Der Standort hat sich bewährt – die Bibliothek wird rege genutzt. Weshalb, erklärt Leiterin Susanne Wäfler.
Tobias Gfeller
185 000 Besucherinnen und Besucher, 940 000 Ausleihen (die Hälfte davon digital), 240 Veranstaltungen mit 5800 Besucherinnen und Besuchern sowie aktuell knapp 23 000 eingeschriebene Nutzerinnen und Nutzer: Diese Zahlen aus dem vergangenen Jahr belegen, dass die Kantonsbibliothek Baselland trotz Corona-Pandemie und Digitalisierung noch immer ein sozial-kultureller Anker im Baselbiet ist.
Die Kantonsbibliothek am Emma-Herwegh-Platz 4 ist alleine schon architektonisch ein Hingucker. 1924 als Weinlagerhaus erbaut, wurde das im Besitz des Kantons Baselland stehende Gebäude zwischen 2003 und 2005 zur Kantonsbibliothek umgebaut. Die ursprüngliche Dachform wurde mit einer Glaslaterne erweitert. Böden und Möbel sind in einem gelbgrünen Farbton gehalten, der mit der originalen Holzstruktur im Kontrast steht und den Innenräumen eine spezielle Note verleiht.
«Das ist die schönste Bibliothek der Schweiz», schwärmte CVP-Regierungsrätin Elsbeth Schneider bei der Einweihung im Jahr 2005 in der «Volksstimme». Und ihr 2022 verstorbener Amtskollege Urs Wüthrich (SP) meinte über die am 1. Juni eröffnete Kantonsbibliothek begeistert: «Sie ist ein Bekenntnis zur Bedeutung von Bildung und Kultur in unserem Kanton.» Mit dem Einzug am Emma-Herwegh-Platz erhielt die 1838 gegründete Kantonsbibliothek erstmals ein eigenes Gebäude.
«Niederschwelliger Treffpunkt»
Die Kantonsbibliothek ist bis heute ein sozialer und kultureller Treffpunkt geblieben, betont die aktuelle Kantonsbibliothekarin Susanne Wäfler. «Ich würde sagen, dass die Bedeutung als Treffpunkt in Zeiten zunehmender Digitalisierung und zum Teil drohender Vereinsamung heute noch grösser ist als bei der Eröffnung vor 20 Jahren.»
Zum Ausleihen der immer stärker nachgefragten digitalen Medien ist der Besuch vor Ort längst nicht mehr nötig. Trotzdem bleiben die Besucherzahlen konstant hoch. «Die Kantonsbibliothek ist ein niederschwelliger Treffpunkt ohne Konsumationspflicht. Sie unterstützt lebenslanges Lernen, weckt Neugier auf Erkenntnisse und Geschichten und ermöglicht Austausch und Begegnung.» Eine tolle Architektur, ein freundlicher Service sowie ein einladendes Café seien weitere Gründe, weshalb die Kantonsbibliothek so rege besucht wird, frohlockt deren Chefin.
Susanne Wäfler ist seit 2008 in verschiedenen Funktionen bei der Kantonsbibliothek tätig. Seit fünf Jahren trägt sie die Hauptverantwortung. Die Kantonsbibliothek geniesse in der schweizerischen Bibliotheksszene dank ihrer Innovationskraft, aktiver Kooperation sowie attraktiver Angebote für alle einen hervorragenden Ruf und werde gelegentlich auch als «Leuchtturm-Bibliothek» betitelt. Wäfler: «Wir dürfen mit Stolz sagen, dass wir zu jenen gehören, die vorneweg gehen.»
Geht es nach der Leiterin und ihrem Team, soll die Kantonsbibliothek etwas ausstrahlen und bewirken. «Bibliotheken sind längst nicht mehr nur Häuser, in denen man lediglich Bücher ausleiht.» Die Kantonsbibliothek leiste einen zentralen Beitrag zur Leseförderung sowie zur Medien- und Informationskompetenz, wie es im kantonalen Gesetz über die Kulturförderung festgehalten ist. Dies seien Aufgaben, die immer wichtiger werden, ist Wäfler überzeugt. «Lesen ist eine Schlüsselkompetenz für gesellschaftliche Teilhabe. Und digitale Kompetenzen sind in einer digitalisierten Welt unverzichtbar.»
Vorlesen in der Badi, Gamen, KI
In Sachen Lesekompetenz stehen Kinder und Jugendliche und damit auch deren Eltern im Fokus. Dabei arbeitet die Kantonsbibliothek auch mit den Baselbieter Gemeinde- und Schulbibliotheken sowie dem Amt für Volksschulen zusammen. Ausserschulische Leseförderung soll die Neugier auf Geschichten wecken und Lust aufs Lesen machen, erläutert Susanne Wäfler. Dazu gehört im Sommer auch die Bibliothek im Gartenbad Gitterli in Liestal, wo jeweils am Mittwochnachmittag Kindern während des Badeplauschs Geschichten vorgelesen werden.
In Sachen Medien- und Informationskompetenz spricht die Kantonsbibliothek alle Generationen an. Es geht um Fragen wie: In welchem Alter sollen Kinder erstmals ein Smartphone in den Händen halten? Was bewirken TikTok, Instagram, Snapchat und so weiter? Und wie verhindert man, dass man im Internet an zwielichtige Informationen gelangt und diese dann auch noch für die reine Wahrheit nimmt? Für Seniorinnen und Senioren kann das Lösen eines digitalen Parktickets über eine App eine Herausforderung darstellen. Auch dafür gibt es Beratungen.
Wenn die Kantonsbibliothek zum Game-Nachmittag lädt, wissen Eltern, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind, während des Zockens auch sozial interagieren und keine «Baller-Games» spielen. Auch das Thema Künstliche Intelligenz (KI) hat Einzug in die Kantonsbibliothek gefunden, ohne dass das traditionelle Angebot mit Sachbüchern, Belletristik und Biografien weichen musste. «Wir möchten die Menschen, gerade Kinder und Jugendliche, in ihrer Entwicklung begleiten und ihre Eltern sensibilisieren», betont Susanne Wäfler und ergänzt zu den digitalen Angeboten und Medien: «Wir stehen für einen bewussten Umgang und Befähigung statt für Verbote.»
Längere Öffnungszeiten
Die Kantonsbibliothek ist auch 20 Jahre nach der Eröffnung am Bahnhof am Puls der Zeit. Möglich ist das nur, weil die Verantwortlichen stets mit der Zeit gegangen sind. Es wurde nicht am Vergangenen festgehalten, man war offen für Neues, auch wenn nicht jede Idee und nicht jedes Projekt Erfolg hatte. Für Leiterin Susanne Wäfler ist klar, dass Innovation einer gewissen Lockerheit bedarf. Dies gelte auch für die Zukunft.
Die Kantonsbibliothekarin kündigt mit einem umgestalteten Eingangsbereich und längeren Öffnungszeiten die nächsten Veränderungen an. Wie andere Bibliotheken plant auch die Kantonsbibliothek Baselland eine sogenannte «Open Library» mit Randzeiten am frühen Morgen und Abend ohne Personal vor Ort. «Wir setzen unsere personellen Ressourcen noch gezielter für die Vermittlung ein. Für das blosse Ausleihen braucht es immer weniger Personal.» Das geht seit Kurzem bequem via App.