«Nicht positiv, aber verkraftbar»
04.07.2025 BaselbietBankchef John Häfelfinger und Bankratspräsident Thomas Schneider über Radicant-Abschreiber
Mit der Wertberichtigung von 105,5 Millionen Franken muss die BLKB zwar einen grossen Abschreiber machen, doch Bankratspräsident Thomas Schneider und CEO John Häfelfinger ...
Bankchef John Häfelfinger und Bankratspräsident Thomas Schneider über Radicant-Abschreiber
Mit der Wertberichtigung von 105,5 Millionen Franken muss die BLKB zwar einen grossen Abschreiber machen, doch Bankratspräsident Thomas Schneider und CEO John Häfelfinger betonen, dass das Kerngeschäft intakt bleibt – und die Digitalbank Radicant weiterhin Potenzial besitze.
David Thommen
Herr Schneider, 105,5 Millionen Franken Wertberichtigung – ist das der Beweis, dass Ihre Radicant-Strategie krachend gescheitert ist?
Thomas Schneider: Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass allein diese Zahl über den Erfolg oder Misserfolg der Basellandschaftlichen Kantonalbank entscheidet. 105,5 Millionen Franken sind zweifellos eine grosse Summe. Entscheidend ist jedoch das Gesamtbild der BLKB-Finanzgruppe und unseres Stammhauses: Wir verzeichnen stabile Erträge in Kernbereichen wie Hypotheken und Vermögensverwaltung. Die BLKB steht weiterhin robust da und entspricht den vom Kanton als Haupteigner vorgeschriebenen Erwartungen. Die Wertberichtigung ist nicht positiv, aber für die BLKB verkraftbar.
Herr Häfelfinger, wie bewerten Sie die Radicant-Wertberichtigung?
John Häfelfinger: Die grundlegende Strategie der BLKB, über unsere neue Digitalbank Radicant neue Kundensegmente zu erschliessen, halten wir weiterhin für richtig. Im Wesentlichen hat nicht unsere Digitalbank diese hohe Wertberichtigung verursacht. Die Integration des Treuhandgeschäfts der früheren «Numarics», heute «Radicant Business Services», die im Treuhandbereich und weiteren Dienstleistungen vor allem für KMU tätig ist, hat leider nicht den erwarteten Kundenzuwachs und Ertrag gebracht.
Die Wertberichtigung geht also in erster Linie auf Dienste wie Treuhand für KMU zurück und nicht primär auf die neue Digitalbank?
Schneider: Das ist der Fall. Die Digitalbank Radicant verzeichnet steigende Kundenzahlen. Allerdings waren viele Treuhandkunden der früheren «Numarics» leider nicht bereit, unser standardisiertes Digitalangebot zu nutzen, was nicht unseren Erwartungen auf Basis der Prüfung im letzten Herbst entsprach. Ich bin mir aber sicher, dass sich unsere Erwartungen an Radicant zu einem späteren Zeitpunkt erfüllen.
Steht Ihr angekündigter Rücktritt also nicht im direkten Zusammenhang mit dieser Wertberichtigung, Herr Schneider? Schneider: Mein Rücktritt per 30. Juni 2026 ist auch eine Reaktion auf die Wertberichtigung. Dafür übernehme ich Verantwortung. Nach acht Jahren als Präsident ist dies zudem ein sinnvoller Zeitpunkt, damit unternehmerische Verantwortung und Führung rechtzeitig in neue Hände übergehen können – idealerweise vor Beginn und Planung der nächsten Strategieperiode.
Häfelfinger: Ich habe mich entschieden, dass eine zeitnahe Neubesetzung beider Spitzenpositionen der Bank Stabilität und Planungssicherheit verschafft. Ich habe fast zwei vollständige Strategiezyklen begleitet und sehe den Schritt als sinnvoll im Interesse der BLKB.
Herr Schneider, Sie haben vor den Medien gesagt, dass Sie die Verantwortung für die Wertberichtigung übernehmen. Herr Häfelfinger hat bei diesem Punkt geschwiegen …
Schneider: Ich stehe voll hinter unseren Entscheidungen. Übrigens dienen die Reserven für allgemeine Bankrisiken dazu, so eine Art von Wertberichtigungen abzufedern.
Häfelfinger: Ich trage seit neun Jahren tägliche Verantwortung für die Bank.
Also kein «Schuldeingeständnis»? Einige Politiker im Kanton dürften das anders werten …
Häfelfinger: Es ist natürlich so, dass eine solche Summe Schlagzeilen macht. Gleichzeitig erfüllt die BLKB seit vielen Jahren mit Dividenden und Ausschüttungen an den Kanton die Erwartungen oder übertrifft sie auch. Ebenso erfüllt sie den Leistungsauftrag des Kantons. Die Wertberichtigung ist eine Anpassung wegen verzögerter Ertragsentwicklung, kein genereller Hinweis auf eine Schwäche der Bank.
Wie geht es mit dem Tagesgeschäft weiter?
Schneider: Unser BLKB Kerngeschäft bleibt intakt, ist sicher und profitabel. In den letzten Wochen haben wir gemeinsam Massnahmen erarbeitet, die Kosten bei Radicant zu senken und zugleich neue Ertragsquellen zu erschliessen, etwa mit der «Doku-Box» für KMU von Radicant, die Banking, Anlagen und Administration kombiniert.
Häfelfinger: Zudem prüfen wir Synergien zwischen der BLKB und Radicant, um Radicant effizienter zu betreiben.
Bedeutet das konkret Stellenabbau bei Radicant – oder sogar bei der BLKB?
Schneider: Über allfällige personelle Anpassungen wird in den kommenden Wochen zuerst intern beraten und erst dann öffentlich gesprochen.
Hat das Baselbiet-Geschäft darunter zu leiden?
Schneider: Keineswegs. Die Basellandschaftliche Kantonalbank erwirtschaftet starke Erträge in der Region, und rund zwei Drittel unserer 1000 Mitarbeitenden leben hier. Die Wertberichtigung wird durch unsere Reserven teilweise abgefedert. Die Ausschüttungen an den Kanton und an Zertifikatsinhaber bleiben gesichert.
Eine kantonale Volksinitiative verlangt eine konservativere BLKB-Strategie. Was antworten Sie darauf?
Schneider: Wir nehmen politische Initiativen zur Kenntnis und sind im Dialog mit dem Kanton. Als BLKB führen wir unser Geschäft und Auftrag gemäss Eignerstrategie und den kantonalen Gesetzen aus.
Herr Häfelfinger, Kritiker sagen, Ihnen als ehemaliger CS-Banker sei das Baselbiet zu klein – daher Ihr Expansionsdrang …
Häfelfinger: ch etze ie trategie um, die der Bankrat vorgibt. Ich bin seit neun Jahren tief verwurzelt in der Region, treffe täglich KMU-Kunden und Privatkunden. Die Basellandschaftliche Kantonalbank bleibt eine Baselbieter Bank mit 80 Prozent Regionalanteil, bietet aber auch schweizweite Angebote wie Radicant, um weiteres Wachstum zu ermöglichen. Die BLKB kann im Kanton kaum noch wachsen. Deshalb halte ich eine gezielte Expansion für nötig.