Mitwirken an einer besseren Welt
28.03.2024 BaselbietGedanken zu Ostern von Pfarrerin Barbara Jansen
Vor ihrer Konfirmation habe ich meine Konfirmanden und Konfirmandinnen gefragt, was ihnen für ihren Glauben wichtig geworden ist. Ihre Antwort hat mich überrascht und gefreut. Zwei Sätze standen im Vordergrund: Gott hilft ...
Gedanken zu Ostern von Pfarrerin Barbara Jansen
Vor ihrer Konfirmation habe ich meine Konfirmanden und Konfirmandinnen gefragt, was ihnen für ihren Glauben wichtig geworden ist. Ihre Antwort hat mich überrascht und gefreut. Zwei Sätze standen im Vordergrund: Gott hilft mir, die Hoffnung nicht zu verlieren, auch dann nicht, wenn es scheint, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Und der christliche Glaube hat mich gelehrt, dass jeder etwas in der Welt verändern kann.
Mit ihren Worten treffen die Jugendlichen meine Osterhoffnung. Und diese brauche ich in diesen Tagen mehr denn je.
Es gibt vieles, was mich mit Pessimismus erfüllen kann. Die brutalen Kriege an vielen Orten der Welt. Ganz besonders die nicht aufhörenden Berichte aus Gaza, wo die Menschen unsäglicher Gewalt, Angst und Hunger ausgesetzt sind. Die wachsende Gefährdung von Demokratie in vielen Staaten und der zunehmende Radikalismus. Die immer noch kaum wahrgenommene Klimakatastrophe.
Manchmal ist mir das alles zu viel. Es verfolgt mich in die Nacht hinein.
Und da sagen mir meine Konfirmandinnen und meine Konfirmanden: Gott hilft dir, die Hoffnung nicht zu verlieren, auch wenn alles hoffnungslos erscheint! Das sollten wir einander immer wieder sagen. Ostern macht mir Mut, das zu glauben.
Vor Ostern feiern wir Karfreitag. Ohne Karfreitag gibt es kein Ostern. Karfreitag hat wohl die Freunde und Freundinnen von Jesus in eine tiefe Hoffnungslosigkeit gestürzt. Ihre ganze Hoffnung, dass nun mit Jesus eine neue Zeit anbricht, dass das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit sichtbar werden – all das ist zusammengebrochen. Der gewaltsame Tod von Jesus hat ihrer Hoffnung ein Ende gesetzt.
Sie mussten die bittere Erkenntnis hinnehmen, dass die Gewalt der Mächtigen zuletzt das Sagen hat. Dieses Ohnmachtsgefühl kenne ich auch zur Genüge. Zurzeit toben viele Kriege. Unerträgliche Bilder erreichen mich täglich und Friedensbemühungen scheinen aussichtslos zu sein. Judenhass und Islamfeindlichkeit erschrecken mich. Die Unterdrückung der Frauen in Afghanistan und im Iran machen mich wütend. Alles wäre Grund zu einem tiefen Pessimismus. Und der beschleicht mich bisweilen.
Alles in einem neuen Licht
Aber auf den damaligen Karfreitag folgte Ostern und für die Freundinnen und Freunde Jesu erschien alles in einem neuen Licht. Sie hatten sich mit seinem Tod schon abgefunden. Drei der Frauen kamen am Ostermorgen zum Grab, um seinen Leichnam zu salben und ihm so einen letzten Liebesdienst zu erweisen. Aber sie fanden ihn nicht im Grab. Das brachte sie ganz durcheinander. Als ein Engel ihnen sagte, dass Jesus auferstanden sei vom Tod, konnten sie das nicht erfassen. Es heisst, sie waren erfüllt von beidem – von Furcht und von Freude. Die Jünger, denen sie berichteten, was sie erlebt hatten, hielten es für leeres Geschwätz. Sie hatten sich schon zu sehr mit dem Geschehen vom Karfreitag abgefunden.
Erst viele weitere geheimnisvolle Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus liessen sie glauben, dass der Weg von Jesus mit ihnen weiter ging. Erst mit der Zeit ging ihnen das Osterlicht auf. Die Freude darüber, dass das Leben stärker war als der Tod. Dass die Gewalt der Mächtigen nicht das letzte Wort hatte. Dass das, was nach menschlichem Ermessen unmöglich war, durch Gott möglich wurde. Das erweiterte ihren Horizont.
Horizonterweiterung dank Ostern
Ostern sprengt den Rahmen meines Denkens. Und so wird für mich Ostern auch zu einer Horizonterweiterung. Ostern befreit mich davon, beim Karfreitag stehen zu bleiben. Ostern befreit mich davon, vor dem scheinbar Unabänderlichen zu kapitulieren. Hält mich davon ab, Krieg, Hunger, Ungerechtigkeit und Menschenverachtung als unabänderlich hinzunehmen. Ostern weckt meine Widerstandskraft und hilft mir daran festzuhalten, dass all diese dunklen Erfahrungen nicht das letzte Wort haben.
Das ist etwas anderes als Optimismus. Meine österliche Widerstandskraft wird genährt durch den Blick auf viele ermutigende Dinge, die geschehen. In unzähligen Hilfswerken engagieren sich Menschen, um Not zu lindern, um sich für Menschenrechte einzusetzen, um anderen Menschen Mut zu machen, nicht zu verzweifeln. Auch im Kleinen in meiner persönlichen Umgebung gibt es Menschen, die in aller Stille nicht aufgeben, für andere da zu sein und die so den Osterglauben weitertragen.
Und da komme ich zurück auf meine Konfirmandinnen und Konfirmanden, die sagten: Der christliche Glaube hat mich gelehrt, dass wir alle etwas in der Welt verändern können. Das ist der Glaube daran, dass eine bessere Welt möglich ist. Dann, wenn wir nicht bei Karfreitag stehen bleiben. Dann werden wir nicht kapitulieren vor dem Bösen in der Welt. Wenn wir das tun, was uns möglich ist, wirken wir mit an einer besseren Welt. Auf der persönlichen Ebene und auch in politischem Engagement.
Meine Konfirmandinnen und Konfirmanden haben nicht nur geredet. Sie haben am Weihnachtsmarkt in Reigoldswil Selbstgebackenes verkauft und damit junge Frauen in Sierra Leone unterstützt, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind.
So konkret kann der Osterglaube aussehen! Lassen auch Sie sich von Ostern anstecken und in Bewegung setzen. Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostern.
Barbara Jansen ist zurzeit Pfarrerin der Reformierten Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten.