Mit Gebrautem aus dem Keller geht im Pub die Post ab

  21.11.2024 Region

Teil 11: «Brewfactory» aus Läufelfingen

Aus dem ehemaligen «Pöschtli» hat das «Hau-Rein Komitee» das Midtown Pub gemacht – und dort schenkt der Verein einmal im Monat die Biere aus, die Jochen Mühlbauer in seiner «Brewfactory» herstellt. Nächstes Jahr veranstalten die Verantwortlichen ein «Rock n’ Beer Festival».

Markus Vogt

Der Name Brewfactory könnte einen verleiten, an etwas Grosses zu denken, an eine Fabrik oder an Massenware. Weit gefehlt: Bei der «Brewfactory» in Läufelfingen geht es um Kleines und Feines, jedenfalls immer in kleinen Mengen. Um eine Liebhaberei und darum, für das Dorf und die Dorfkultur etwas zu bieten. Das Bierbrauen wird zwar mit ganz grossem Ernst betrieben, mit viel Liebe und Hingabe zum Detail, doch mehr als ein Hobby soll es nicht sein.

So sieht es Jochen Mühlbauer, beruflich im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik tätig und seit vielen Jahren begeisterter Bierbrauer. In seinen Kellerräumen betreibt er auf wenigen Quadratmetern eine Mini-Brauerei. Das nötige Wissen dazu holte er sich aus Büchern und dem Internet. Er arbeitete sich als Autodidakt in diese Materie ein und produziert hauptsächlich Biere, wie man sie in Grossbritannien und Irland kennt.

Vor mehr als 30 Jahren begann die Craft-Beer-Szene aus Nordamerika nach Europa überzuschwappen; damals gab es an Gerstensaft in unseren Breitengraden mehrheitlich das, was die grossen Brauereien herstellten. Jochen Mühlbauer, schon immer Bierliebhaber, war neugierig. Während einer Irlandreise lernte er «ganz andere Biere» kennen, und bald wollte er sein eigenes herstellen. Er besorgte sich ein Starter-Kit und probierte es selbst.

Er begann mit einer Kochplatte, einem Topf, einem Rührwerk und einem PID-Regler, um beim Brauvorgang die Temperatur konstant halten zu können. «Da tat sich mir eine neue Welt auf», blickt er zurück. Bei den ersten Versuchen braute er jeweils etwa 20 Liter. Sein Bier: Mehr als nur trinkbar, wie auch sein Freundeskreis feststellte.

Das eigene Pub im Dorf
Im Jahr 2014 kaufte sich Mühlbauer einen 50-Liter-Braukessel der Marke Speidel «mit allem Drum und Dran», er verfügte nun über eine kompakte Brauanlage mit Steuerung. Seit Kurzem steht nun ein 80-Liter-Kessel von «Brewtools» im Keller. Damit braut der Läufelfinger pro Durchgang rund 70 Liter Bier. Diese füllt er in aller Regel in gängige 20-Liter-Kegs, also Metall-Behälter ab, bei Nachfrage auch in 5-Liter-Party-Fässlein. Nicht aber in Flaschen, denn der «Brewfactory»-Chef will das Bier nicht serienmässig in den Verkauf bringen.

Unter die Leute kommt das Bier im Prinzip durch Mühlbauers Freundeskreis: Kollegen, die sich seit Jahren kennen und die viel Freizeit miteinander verbracht haben. Das ist die zweite Biergeschichte von Läufelfingen: Als das «Pöschtli» als Restaurant aufgegeben wurde und danach längere Zeit leer stand, bekundete die Truppe beim Hausbesitzer ihr Interesse und konnte übernehmen.

Das Lokal befand sich in schlechtem Zustand, die Freunde mussten Fronarbeit investieren und tüchtig Hand anlegen. Ein neues Restaurant wollten sie nicht installieren, jedoch einen Ort schaffen, an dem man sich hie und da treffen kann. Weil es auch für einen solchen Betrieb Bewilligungen braucht und Bürokratie entsteht, gründeten sie aus dem bereits seit 1995 bestehenden «Hau-Rein Komitee» einen Verein. Das war im Jahr 2009.

Spezialitäten von der Insel
Andreas Rentsch fungiert als Präsident des Acht-Personen-Vereins und erzählt, dass das alles Freunde um die 50 Jahre seien – inklusive eben Jochen Mühlbauer, aus dessen Keller das Bier stammt. Etwa einmal im Monat wird das Lokal, dem sie den Namen «Midtown Pub» gegeben haben, weil es in der Mitte des Dorfs liegt und weil die angebotenen Getränke dem Bierangebot der britischen Inseln ziemlich nahe kommen, an einem Freitag für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Meist ist es einfach eine «Pub-Night». Gezapft werden ein schweizerisches Lagerbier und Guinness Stout sowie zusätzlich Biere aus Mühlbauers «Brewfactory». Da kommen dann schon mal Spezialitäten «von der Insel», gebraut in Läufelfingen, in den Zapfhahn. So hat er beispielsweise ein «Elderflower Ale» gebraut (mit Holunderblüten), obergärige englische Biere oder irisches Red Ale und so weiter. Wenn es im Herbst um eine Haxen-Night geht, kommen allenfalls sogar deutsche Biere auf die Karte. Und immer wieder wird das Angebot mit besonderen Flaschen- und Dosenbieren «von der Insel» bereichert.

Rock und Bier am Hauenstein
Hie und da ist Live-Musik angesagt, die Bierfreunde von Läufelfingen wollen einen reellen Beitrag zum kulturellen Leben in ihrer Gemeinde leisten. Und das scheint ihnen zu gelingen: Wenn das «Midtown Pub» seine Türen öffnet, ist es mit seinen 50 Plätzen auch voll. So sorgt das «Hau-Rein Komitee» ordentlich für Betrieb, mehr soll es aber nicht sein. «Ich konnte mir nie vorstellen, Gastronom zu werden», sagt denn auch Mühlbauer. Und Rentsch fügt an, dass sie mit ihren Aktivitäten in erster Linie Spass haben wollen, «es sollte nicht in Stress ausarten».

Doch für 2025 haben sie sich dann doch einiges vorgenommen: Die Läufelfinger planen ein zweitägiges Open-Air, ein «Rock n’ Beer Festival», eine Kombination von Musik und Bier. Dafür ist das «Midtown Pub» zu klein, und auch das «Hau-Rein Komitee» hat sich mit Externen verstärkt sowie für die Organisation dieses Anlasses einen separaten Verein gegründet.

Das «Rock n’ Beer Festival» wird am 6. und 7. Juni stattfinden, etwas ausserhalb des Dorfs beim Steinbruch, wo sich das «Silo 12» befindet, das Museum für Industriegeschichte Läufelfingens. Eine ideale Kulisse, um Bier und Musik zusammenzubringen, findet Simon Vögtlin, der für das «Hau-Rein Komitee» im organisierenden Verein mitwirkt. An beiden Tagen werden Rockbands auftreten, es wird ein Wettbewerb von Nachwuchsbands über die Bühne gehen, es werden «Food Trucks» vor Ort stehen sowie Brauereien aus der Region sich mit ihren Getränken präsentieren. Die Detailplanung läuft auf Hochtouren.

Doch zuerst backen die Läufelfinger noch einmal ihre üblichen Brötchen: Ihr Event vom kommenden Wochenende nennt sich Irish Festival. Am Freitag gibt es «Live Muusig» mit «Brüder Fërns» (Oldies, Pop, Rock, Soul), am Samstag Folk ’n’ Roll mit «The Green Goblins», ebenfalls live – mitten im Dorf, im «Midtown Pub» eben.

Irish Festival, Freitag, 22. November, und Samstag, 23. November, «Midtown Pub», Hauptstrasse 15, Läufelfingen.

«Rock n’ Beer Festival», Freitag, 6. Juni, und Samstag, 7. Juni 2025,
Steinbruch beim Silo 12, Läufelfingen.


Bier-Facts
Name: Brewfactory, Läufelfingen
Gründung: 2014
Output pro Brauvorgang: maximal 70 Liter
Output pro Jahr: 600 bis 800 Liter
Sorten: Diverse Pale Ales, Elderflower
Ale, Best Bitter, Red Ale, IPA, Altbier
Verkauf: Weder Flaschen noch Dosen, nur 20-Liter-Kegs oder 5-Liter-Partyfass.

www.hau-rein.ch


Oberbaselbieter Bier – eine Serie
wis. Mehr als 1200 Einträge sind bei der Eidgenössischen Zollverwaltung im «Verzeichnis der steuerpflichtigen Inlandbrauereien» vermerkt. 400 Liter Bier dürfen pro Kalenderjahr zum unentgeltlichen Eigenkonsum gebraut werden, Vereine dürfen 800 Liter steuerfrei brauen. Wer mehr produziert, muss in diesem Verzeichnis eingetragen sein.
Auch nach dem Konkurs der Brauerei Farnsburg gibt es im Oberbaselbiet zahlreiche Brauereien, die Bier in grösseren Mengen produzieren und es verkaufen. Die «Volksstimme» stellt in loser Folge Oberbaselbieter Biere und ihre Macher vor. Bisher erschienen: Kraftstoff (Sissach), Engibeer Brauerei Leue (Waldenburg), Hopster und Malzer (Rickenbach), Hopferei (Sissach), Geissheiri (Oltingen), Eibachbraui (Gelterkinden), Rauchloch (Häfelfingen), Gibbon Bräu (Tecknau), Föifl iberbier (Ziefen), Chesi Brauer (Bretzwil).


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