Mit diesen Anträgen spart man nicht
28.11.2024 RegionZum Artikel «Gemeinderat gerät unter Druck» in der «Volksstimme» 21. November, Seite 5
Anträge nach §68 des Gemeindegesetzes stärken die Mitsprache in einer Gemeinde. Man kann über alles diskutieren. Aber gerne fair und auf der Grundlage ...
Zum Artikel «Gemeinderat gerät unter Druck» in der «Volksstimme» 21. November, Seite 5
Anträge nach §68 des Gemeindegesetzes stärken die Mitsprache in einer Gemeinde. Man kann über alles diskutieren. Aber gerne fair und auf der Grundlage von Fakten. So will Antragsteller Daniel Tschopp den Waldenburger Gemeinderat von 5 auf 3 Personen verkleinern. Mit der Begründung, im Rat herrsche eine Delegationskultur und man würde externe Fachpersonen beiziehen. Da könne man den Rat doch gleich auf 3 Mitglieder reduzieren, das würde längstens ausreichen für eine Gemeinde mit 1200 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Nur: Im Baselbiet haben lediglich 6 von 86 Gemeinden einen dreiköpfigen Gemeinderat. Die grösste dieser Gemeinden hat knapp 450 Einwohnerinnen und Einwohner. Niederdorf und Oberdorf hingegen können sich auf 7 Gemeinderäte stützen. Und keine dieser Gemeinden hat einen ähnlich schweren Rucksack wie Waldenburg: Der höchste Steuerfuss, die höchste Pro- Kopf-Verschuldung und ein über die vergangenen Jahre angehäufter Bilanzfehlbetrag erschweren die Entwicklung der Gemeinde. Um hier den Turnaround zu schaffen, braucht es ein Team, das intensiv arbeitet, und sicherlich keine Reduktion der motivierten Mannschaft.
Als ich 2022 in den Gemeinderat gewählt wurde, hat man mir das Ressort Finanzen übertragen. Ich wusste natürlich, dass es in Waldenburg hoch zuging und die Finanzen nicht mehr im Lot waren. Aber dass ich mich in meinen ersten Monaten als Gemeinderätin bereits mit dem Kanton zu ernsten Gesprächen treffen musste, weil der Bilanzfehlbetrag überfällig war, das war schon überraschend. Auch, dass mir niemand wirklich erklären konnte, warum die Gemeinde in den vergangenen Jahren in diese schwierige Lage geraten war.
Der Kanton konnte anhand seiner Statistik darlegen, dass es nicht an unseren Einnahmen lag, sondern an den Ausgaben. Aber an welchen genau? Und warum hat niemand schon längst etwas daran geändert? Wir vereinbarten mit dem Kanton, eine externe Finanzanalyse zu erstellen, damit sich das Rätsel aufdecken lässt.
Die Analyse liegt vor. Sie hat Klarheit gebracht und Schwachstellen aufgedeckt. Sie ist eine der Grundlagen, mit der wir seither Anpassungen und Kürzungen vorgenommen haben: Der Stellenetat auf der Verwaltung konnte reduziert werden und das Budget 2025 sieht wesentlich besser aus als jene der Vorjahre. Auch dienen die Erkenntnisse unserer langfristigen Planung.
Was beide obigen, vom Antragsteller aufgeworfenen Themen verbindet: Mit ihnen kann man nicht sparen. Bei der Reduktion von 5 auf 3 Gemeinderäten verliert die Gemeinde einen Arbeitseinsatz von rund 50 Stellenprozent, der auf der Verwaltung ersetzt werden müsste. Beim Verzicht auf Fachexperten müsste die Verwaltung mit diesen Kompetenzen ausgestattet werden, was auch zu Mehrkosten führt. Ausser natürlich, die Gemeinden arbeiten stärker zusammen und können sich dadurch Fachstellen leisten, die allen Gemeinden zugutekommen. Darüber könnten wir wirklich einmal nachdenken.
Andrea Sulzer, Gemeindepräsidentin, für den Gemeinderat Waldenburg