Mit den Füssen auf dem Boden
11.07.2025 BaselbietKulturschaffende arbeiten zwei Wochen in historischer Villa
Sich auf einem Landgut ganz der Kunst widmen zu können – das ermöglicht das kantonale Stipendium «Reconnect». Eines der drei Duos aus der Region, die dieses Jahr dafür ausgewählt wurden, sind ...
Kulturschaffende arbeiten zwei Wochen in historischer Villa
Sich auf einem Landgut ganz der Kunst widmen zu können – das ermöglicht das kantonale Stipendium «Reconnect». Eines der drei Duos aus der Region, die dieses Jahr dafür ausgewählt wurden, sind Alessia Conidi und Patricia Huijnen.
Brigitte Keller
Die Frage, ob sie sich auch für den Residenz-Aufenthalt in der historischen Villa Clavel beworben hätten, wenn sie gewusst hätten, wie heiss es sein würde, beantworten die beiden Künstlerinnen spontan mit: «Ja, weil es einen Pool hat», gefolgt von lautem Lachen. Dass es einen Pool habe, hätten sie erst nach der Zusage beim Recherchieren für den Aufenthalt entdeckt. Bei der Hitze, die jetzt herrsche, sei es aber schon toll, sich abkühlen zu können.
Humor ist nur eine der vielen Gemeinsamkeiten, die Alessia Conidi und Patricia Huijnen teilen. Kennengelernt haben sie sich anlässlich ihres Beitritts zu Visarte Region Basel, dem Berufsverband der Kunstschaffenden. «Wir sind beide 2016 beigetreten und stellten an der Eintrittsausstellung nebeneinander aus», erzählt Huijnen. Sie schafft skulpturale Objekte zwischen Deutung und Alltag, mit einem Fokus auf Materialität, Körperempfinden und weiblich konnotierte Techniken. Conidi verbindet Kunst, Illustration und Animation zu surrealen Bildwelten; ihre Arbeiten sind verspielt, körpernah und gesellschaftskritisch – mal analog, mal digital.
Gemeinsamkeiten – neben dem künstlerischen Schaffen – seien ihre Berufstätigkeit im Kunstbereich: Huijnen ist Co-Leiterin der Kunstvermittlung am HEK (Haus der Elektronischen Künste) in Basel und Conidi engagiert sich im Vorstand von Visarte Region Basel und ist im Kunstatelier der Kreativwerkstatt des Bürgerspitals Basel tätig. Zudem sind sie beide Mütter von kleinen Kindern. Zusammen organisiert haben Conidi und Huijnen bisher einen Kunstworkshop für Familien anlässlich der Ausstellung «Avatare, Doppelgänger und allegorische Landschaften» der «Regionale 20» im HEK. Die Arbeit in der Villa Clavel an einem gemeinsamen Projekt sei eine Premiere.
Volle Konzentration
Die Initiative für die Bewerbung ging von Patricia Huijnen aus. Es sei eine «Nacht- und Nebelaktion» gewesen, denn es seien nur noch zwei Tage bis zur Abgabefrist des Dossiers verblieben. Residenzaufenthalte seien sehr verlockend, aber für sie als Mütter mit Verpflichtungen nur sehr schwer vereinbar. «Mit kleinen Kindern blieb so eine Möglichkeit bisher eher eine Utopie», erklärt Alessia Conidi. Da es sich hier jedoch um einen Kurzaufenthalt von zwei Wochen – und das erst noch ganz in Wohnortnähe – handelt, packten die beiden Frauen ihre Chance. Und freuten sich riesig, als sie die Zusage erhielten.
Neben den genannten Vorteilen freuten sich die beiden Künstlerinnen aus Basel darauf, sich für eine, wenn auch nur kurze, Zeit voll und ganz auf die Kunst fokussieren zu können, was im normalen Alltag kaum realisierbar sei. «Toll ist auch die Zusammenarbeit, die wir hier vertiefen können», sagt Conidi, «es ist einfach anders, wenn man sich im ‹Ping-Pong› austauschen kann, anstatt, wie üblich, alles mit sich alleine ausmachen muss.»
Zur Vorbereitung auf das Schaffen an einem gemeinsamen Projekt haben sie sich einmal monatlich getroffen und einander gezeigt, woran sie gerade arbeiten und welche Ideen noch in Schubladen schlummerten.
Dabei hätten sie erst gemerkt, wie viele gemeinsame Interessen sie haben. Als Arbeitstitel für ihr Kunstprojekt seien sie beim Wortspiel «A GIF-away to Take-away» hängen geblieben. «GIF» und «Take» seien einerseits Kürzestformate für Animationen respektive Filmaufnahmen, und andererseits hätten die beiden Begriffe als «Giveaway» und «Takeaway» auch noch viele andere Bedeutungen. Und zusätzlich schlägt «Geben und Nehmen» auch wieder den Bogen zu ihren jeweiligen Rollen als Mütter.
Künstlerinnen ergänzen sich
Die beiden Künstlerinnen freuen sich, bei ihrem gemeinsamen Projekt «Objekte» und «Animation» zusammenzubringen. Jede schätzt das jeweilige Wissen und Können der anderen Person. «Digitale Animation bietet ein unendliches Spektrum an Möglichkeiten, ich bevorzuge jedoch Animation mit Modellen, die einen Bezug zur Realität haben, sozusagen mit den Füssen am Boden bleiben», erklärt Conidi. «Deshalb kann ich extrem davon profitieren, dass Patricia aus dem Handgelenk etwa eine Nase abgiessen kann.»
Beiden Künstlerinnen ist es seit jeher wichtig, sich mit anderen auszutauschen und zusammenzuarbeiten. Diesem Aspekt werde bei diesem Residenz-Aufenthalt ganz speziell Aufmerksamkeit geschenkt. Sie würden auch immer zu sechst zu Mittag essen. Auf diese Weise können sie sich gegenseitig und die Arbeit der anderen kennenlernen.
Heute Freitag geben die sechs Kunstschaffenden von 14 bis 19 Uhr der Öffentlichkeit Einblick in ihr Schaffen. Im Garten der Villa Clavel in Augst.