Mit Blick vom Friedhof auf die Fluh
17.10.2025 Kultur, SissachAnlässlich der «Kultournacht» in Sissach wird heute auf dem Friedhof ein Kunstprojekt der Künstlerin Sylvia Heuser enthüllt. Es handelt sich um eine neue Installation des Fernrohrs, das einst auf der Sissacher Fluh stand.
Carolina Mazacek
...Anlässlich der «Kultournacht» in Sissach wird heute auf dem Friedhof ein Kunstprojekt der Künstlerin Sylvia Heuser enthüllt. Es handelt sich um eine neue Installation des Fernrohrs, das einst auf der Sissacher Fluh stand.
Carolina Mazacek
Frau Heuser, woher haben Sie das Fernrohr?
Ich beteiligte mich an einer Ausstellung und suchte dafür ein Fernrohr. Ich habe lange herumgefragt, wo sich das Fernrohr, das einst auf der Sissacher Fluh stand, befindet. Irgendwann sagte mir jemand, ich könne bei der ehemaligen Wirtin des Fluh-Restaurants nachfragen. Ich konnte in ihrem Keller nachsehen und fand es schliesslich im Keller in einem Plastiksack.
Wo kam das Fernrohr seitdem zum Einsatz?
Das Fernrohr habe ich anlässlich der Fussball-Europameisterschaft im Jahr 2008 für eine Installation eingesetzt, es war für die Ausstellung «Penalty statt Doppelpass» im «WetzMuseum» in Uffikon im Kanton Luzern. Die Installation hiess «foodball». Die Idee war, dass man durch das Fernrohr auf Bäume schaut, an denen Äpfel zu sehen sind. Deshalb das englische Wortspiel mit Essen und Fussball. Danach war das Fernrohr 2014 an einer Kunstausstellung in der «Oberen Fabrik» in Sissach unter der Installation «Flueblick» aufgestellt. Seitdem stand es in meinem Atelier.
Kennen Sie die Ursprungsgeschichte dieses Fernrohrs?
Leider konnte ich die genauen Daten der Installation und Demontage nicht herausfinden. Im Jahr 1970 schenkte der Optikermeister Hans Breitenstein dem Verkehrs- und Verschönerungsverein Sissach und Umgebung ein Fernrohr. Es stand 18 Jahre lang auf einem Sockel an der westlichsten Spitze der Aussichtskanzel der Sissacher Fluh. Vermutlich im Jahr 1988 wurde es demontiert und vor 3 Jahren auch der Sockel.
Wie entstand das Kunstprojekt «Sichtwechsel»?
Das Fernrohr hat nicht mehr gut funktioniert. Ich wollte es deshalb reparieren und irgendwo installieren. Vorletztes Jahr trat ich mit Martin Rickenbacher in Kontakt. Als Ingenieur-Topograf, Historiker und quasi Vater der Panorama-Tafel auf der Fluh begleitete er mein Projekt mit Beratung und Recherchen. Das Fernrohr wurde von Victor Larrosa renoviert und die Säule wurde von Rudolf Tschudin, einem Metallplastiker aus Sissach, entworfen. Zuletzt hat Heinz Degen eine neue Drehvorrichtung entwickelt.
Was ist die Idee hinter dem Titel?
In der heutigen Zeit gibt es viele Themen, bei denen es darum geht, die Perspektive zu wechseln. Im Moment werden wir extrem gefordert, Dinge anders zu sehen. Egal, ob in der Politik oder Kultur.
Warum haben Sie den Friedhof als neuen Ort ausgewählt?
Es hat mit dem «Sichtwechsel» zu tun: Man schaut zurück auf den ehemaligen Standort. Deshalb habe ich nach Orten gesucht, von denen die Sissacher Fluh gut zu sehen ist. Daniel Wüthrich, Pfarrer der reformierten Kirche Sissach/Wintersingen, hat mich auf diese Idee gebracht. Auch symbolisch stimmte der Ort. Auf dem Friedhof blickt man auf die Vergangenheit zurück.
Warum wird das Kunstprojekt anlässlich des Jubiläumsjahrs enthüllt?
Das Jubiläumsjahr hat sich für mein Projekt gut geeignet und ich bekam unter anderem grosszügige Unterstützung von der Bürgergemeinde, der Einwohnergemeinde und der reformierten Kirche Sissach. Ausserdem hat das Fernrohr für viele Leute aus Sissach einen nostalgischen Charakter. Als Kind hat man 20 Rappen eingeworfen und konnte mit Mühe durch das Fernrohr hindurchschauen. Die Fluh ist unser Hausberg, wo viele Anlässe stattfanden und mit dem Kindheitserinnerungen verknüpft sind.
Was erwartet die Besucherinnen und Besucher der Vernissage am 17. Oktober?
Die um 16.30 Uhr beginnende Vernissage wird musikalisch begleitet. Meine Tochter Chiara Heuser wird singen, und Tobias Gerber und Res Hofer werden Alphorn spielen. Anschliessend können die Gäste bei einem Glas Wein durch das Fernrohr schauen und vielleicht über den «Sichtwechsel» nachdenken. Ausserdem ist das Fernrohr jederzeit zugänglich, auch nach der «Kultournacht».
Zur «Kultournacht»
Die «Kultournacht» lädt am 17. und 18. Oktober zu einem abwechslungsreichen kulturellen Erlebnis an 26 verschiedenen Veranstaltungsorten in Sissach ein. Jeweils von 17 bis 24 Uhr erwartet die Besucherinnen und Besucher ein vielfältiges Programm aus Musik, Kunst, Handwerk und Geschichte. Es werden zudem Workshops zur Porträtmalerei oder zum Acrylmalen angeboten. Für das leibliche Wohl ist mit einem reichhaltigen Angebot an Wurst, asiatischen Spezialitäten und «Amuse-Bouche» gesorgt.
Der Eintritt kostet 10 Franken für Besucherinnen und Besucher ab 16 Jahren und gilt für beide Nächte. Jüngere Gäste haben freien Zugang.
Zur Person
Sylvia Heuser (1964) lebt und arbeitet in Sissach als freischaffende Künstlerin in den Bereichen Malerei, Kunstobjekte, Kunst-Installationen und -Projekte. Seit 1999 stellt sie regelmässig im In- und Ausland aus.