Mehrwertabgabe ist blockiert
20.11.2025 BaselbietHauseigentümerverband will Initiative nicht zurückziehen
Nach mehr als einem Jahr zähem Ringen will die landrätliche Bau- und Planungskommission den Kompromiss zur Mehrwertabgabe sistieren, da der Hauseigentümerverband seine Initiative nicht zurückziehen ...
Hauseigentümerverband will Initiative nicht zurückziehen
Nach mehr als einem Jahr zähem Ringen will die landrätliche Bau- und Planungskommission den Kompromiss zur Mehrwertabgabe sistieren, da der Hauseigentümerverband seine Initiative nicht zurückziehen will.
Nikolaos Schär
Die Bau- und Planungskommission (BPK) des Landrats hat mehr als ein Jahr lang um eine Revision des Gesetzes über die Abgeltung von Planungsmehrwerten (Mehrwertabgabe) gerungen – und beantragt laut ihrem gestern veröffentlichten Bericht, aufgrund der eingereichten Volksinitaitve des Hauseigentümerverbands Baselland (HEV) die Vorlage zurückzustellen. Der HEV erklärte sich laut Kommission nicht dazu bereit, bei einem Entgegenkommen von Seiten der BPK die Initiative zurückzuziehen.
Im Zentrum stand die Frage, wie Gemeinden künftig Ein-, Um- und Aufzonungen von Bauland besteuern sollen. Der Vorschlag des Regierungsrats sah einen einheitlichen Mindestabgabesatz von 20 Prozent durch profitierende Eigentümer vor. Gemeinden könnten bei Um- und Aufzonungen den Satz erhöhen – bis maximal 40 Prozent. Das Ziel: mit dem Geld aus dem gesteigerten Bodenmehrwert sollen Auszonungen entschädigt werden. Ländliche Gemeinden vor allem im Oberbaselbiet müssen überdimensionierte Bauzonen reduzieren, was im Einzelfall als Enteigung gelten könnte und zu hohen Entschädigungskosten für die Gemeinden führen würde. Der Kanton schlug deshalb vor, 25 Prozent der Einnahmen aus Um- und Aufzonungen für sich einzubehalten, um damit die auszonungspflichtigen Gemeinden zu unterstützen. Die BPK erachtete die 25 Prozent für den Kanton als zu hoch und einigte sich darauf, dass die Gemeinden 90 Prozent der Abgabe behalten sollen.
Vertreter der Verwaltung warnten vor einer Finanzierungslücke, sollten Gemeinden weiterhin keine Abgaben auf Auf- und Umzonungen erheben. Die Investorenseite hingegen – vertreten etwa durch Implenia-Mann Marc Ruppli – kritisierte, eine solche Abgabe gefährde die innere Verdichtung, erhöhe die Kosten und verkompliziere Projekte. Der Hauseigentümerverband Baselland (HEV) erklärte die Vorlage der BPK als «über das bundesrechtliche Minimum hinausgehend». Tiefe oder gar keine Abgaben würden laut HEV die Bautätigkeit fördern und den Wohnraum günstiger halten. Der Kanton stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass ein Gesetz, das die Um- und Aufzonungen nicht regelt, vom Bundesgericht kassiert würde und verwies dabei auf die Bundesgerichtsurteile im Fall Münchenstein.
Lieber warten als verwässern
Während Arlesheim und Münchenstein bereits eigene Abgaberegelungen kennen, warten viele Gemeinden auf klare kantonale Vorgaben. In den Anhörungen pochten die Gemeinden auf ihre Autonomie und den Erhalt der Möglichkeit, bei Quartierplanungen Infrastrukturverträge mit Investoren abzuschliessen. Die BPK folgte diesem Anliegen.
In der Detailberatung drehte die BPK an zahlreichen Stellschrauben – oft in zähen Abstimmungen. Letzlich setzte sich eine Mehrheit durch, welche die Bandbreite der Abgaben bei Um- und Aufzonungen zwischen 0 und 40 Prozent festlegen wollte.
Mitten in diese Beratungen platzte die Initiative des HEV mit dem Titel: «Fairer Kompromiss bei der Mehrwertabgabe». Sie verlangt tiefere Obergrenzen (30 statt 40 Prozent), eng gefasste Verwendungszwecke für die Einnahmen aus der Abgabe und verwendete gemäss BPK unklare Rechtsbegriffe. Gerade letztere kritisierte die Kommission scharf – sie befürchtet neue Rechtsstreitigkeiten. Gleichzeitig schränkt die Initiative aus Sicht mehrerer Mitglieder die Gemeinden stärker ein als der BPK-Vorschlag.
Der Versuch der Kommission, durch Anpassungen einen Rückzug der HEV-Initiative zu erreichen, scheiterte. Die Mehrheit wollte die Vorlage nicht derart «verwässern», dass sie politisch kaum mehr tragfähig wäre. Zwei separate Volksabstimmungen lehnten die Kommissionsmitglieder ab – die Gefahr widersprüchlicher Entscheide sei zu gross.
So bleibt nur der Rückzug der Vorlage. Die BPK will nun abwarten, bis der Regierungsrat die HEV-Initiative dem Landrat überweist. Erst dann soll die Kommissionsfassung als Gegenvorschlag dienen – damit die Stimmbevölkerung gleichzeitig zwischen Initiative, Gegenvorschlag und Status quo wählen kann.
Nach 13 (!) Kommisionsssitzungen müssen die Gemeinden immer noch auf das Gesetz zur Mehrwertabgabe warten. Der Grund, dass so intensiv um die Prozentsätze der Abgabe gerungen wird, sind die hohen Geldbeträge: Gegen 300 Millionen Franken Bodenmehrwert wurden im Kanton innert 8 Jahren durch Ein-, Um- und Auszonungen erzeugt, schätzt die Regierung. Die 18 Hektaren auszuzonendes Bauland würden bei den Gemeinden bei vollständiger Entschädigung Kosten von rund 90 Millionen Franken verursachen.
