Mehr oder weniger Ferien für junge Leute?

  03.07.2025 Baselbiet

Sandra Sollberger (SVP) und Lea Blattner (JEVP) lösen politische Debatte aus

Mit einem Brief an den Bundesrat fordern die Junge EVP, die Jungen Grünen und die Juso mehr Ferien für Lernende, da diese oft mit psychischen Belastungen zu kämpfen hätten. SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger kontert und sagt: Weniger Ferien für Gymnasiasten sei die bessere Lösung.

Tobia Benaglio

Während sich die Schülerinnen und Schüler über den Start der Sommerferien freuen, ist auf politischer Ebene eine Debatte über die Länge genau dieser Freizeit entbrannt. Im Zentrum steht die Frage, ob Lernende mehr Ferien brauchen – oder ob Gymnasiastinnen und Gymnasiasten zu viele Freitage haben.

Auslöser der Debatte war ein kürzlicher Brief der Jungparteien der EVP, der Grünen und der SP an den Bundesrat. Sie fordern mindestens acht Wochen Ferien für Lernende. Grund dafür seien «die zunehmende psychische Belastung und der hohe Druck in der Berufsausbildung».

Laut einer Befragung des Kompetenzzentrums «WorkMed» unter rund 49 000 Lernenden sollen 61 Prozent der Befragten unter psychischem Stress während der Lehre leiden. Auch weil jeder vierte Jugendliche seine Lehre abbreche, sei darauf zu schliessen, dass die Erholungszeit viel zu kurz ist, so die drei Jungparteien. Eine Lehre mit nur fünf Wochen Ferien sei somit nicht attraktiv für Jugendliche und würde diese viel zu schnell ausbrennen lassen.

«Die Politik kann bei diesem Problem eingreifen und die nächsten Generationen schützen», sagt Lea Blattner, Co-Präsidentin der JEVP Schweiz, auf Anfrage der «Volksstimme». Laut Blattner ist die Belastung der Jugendlichen mit den «höheren Anforderungen», aber auch durch den Einfluss von Social Media heute viel grösser als früher. «Wir möchten, dass die Jugendlichen und ihre Probleme ernst genommen werden», sagt Blattner. Die drei Jungparteien würden eine nationale Lösung anstreben – sprich: eine gesetzliche Anpassung der Ferienzeit für Lernende.

Ein direkter Vergleich zwischen Lehre und Gymnasium sei dabei wenig zielführend, meint Lea Blattner. «Beide Ausbildungswege verlangen viel und brauchen genügend Erholungszeit, um die psychische Gesundheit zu stärken.» Lernende brauchen laut der Jungpolitikerin Raum zum Wachsen: Wer sie wie vollwertige Arbeitskräfte behandelt, nehme ihnen genau diesen Raum. Wer ihnen aber mehr Erholung gönnt, trage nicht nur zu ihrer Gesundheit bei, sondern bekämpfe auch den Fachkräftemangel. «Motivierte, gesunde Jugendliche schliessen ihre Ausbildung eher ab – und bleiben dem Arbeitsmarkt erhalten», so die 31-Jährige.

Ganz anders sieht das Sandra Sollberger. Die Baselbieter SVP-Nationalrätin und Unternehmerin reagierte auf das Anliegen der Jungparteien mit einer Interpellation, die sie im Nationalrat eingereicht hat. Darin schlägt die Liestalerin nicht mehr, sondern weniger Ferien vor – allerdings für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten.

Der Leistungsdruck betreffe die ganze Gesellschaft und lasse sich nicht einfach mit mehr Ferien für Lernende lösen, sagt Sollberger. Sie warnt zudem vor möglichen Nebenwirkungen: Wenn Lernende länger frei hätten, könnten Betriebe abgeschreckt werden, überhaupt noch Lehrstellen anzubieten. Sollberger stellt in ihrer Interpellation unter anderem die Frage, wer für die zusätzlichen Ferientage aufkommen müsste – und was der Bundesrat zu tun gedenke, falls dies den Fachkräftemangel verschärfen würde.

Gründlich darüber nachdenken
«So viele Ferien wie im Gymnasium braucht es nicht», sagt Sollberger zur «Volksstimme». In früheren Jahren seien die Sommerferien von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten noch genutzt worden für Praktika oder erste Arbeitserfahrungen. Heute sei das kaum mehr der Fall – der Nutzen der langen Pausen sei entsprechend fraglich, so Sollberger.

Aus ihrer Sicht ist das Gymnasium nicht anstrengender als eine Lehre, darum sei es ungerecht, wenn Schülerinnen und Schüler deutlich mehr Ferien hätten. Die Interpellation sei eine logische Reaktion auf den Brief der drei Jungparteien. «Wenn eine Gruppe findet, sie habe zu wenig Ferien, muss man auch fragen dürfen, ob eine andere Gruppe zu viele hat», so die Nationalrätin.

Mit ihrem Vorstoss möchte auch Sandra Sollberger primär eine Diskussion in der Gesellschaft und der Politik auslösen. Sie will verhindern, dass den Lernenden einfach so mehr Ferien gegeben wird, ohne gründlich darüber nachzudenken. Trotz klarer Kritik betont die SVP-Nationalrätin, dass sie kein Gegeneinander von Lehre und Gymnasium anstrebe: «Beide Wege sind wichtig. Wir müssen deshalb beide attraktiv halten.»


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