Mehr Kontrolle über Flüchtlinge?
15.02.2024 BaselbietBezahlkarten sollen Missbrauch verhindern
SVP-Landrätin Nicole Roth fordert in einer Motion die Einführung von Debitkarten für Flüchtlinge. Dies soll den Missbrauch von Unterstützungsgeldern verhindern. Der Regierungsrat äussert sich dem Vorstoss ...
Bezahlkarten sollen Missbrauch verhindern
SVP-Landrätin Nicole Roth fordert in einer Motion die Einführung von Debitkarten für Flüchtlinge. Dies soll den Missbrauch von Unterstützungsgeldern verhindern. Der Regierungsrat äussert sich dem Vorstoss gegenüber eher kritisch.
Melanie Frei
In Deutschland wurde kürzlich beschlossen, bis zum Sommer sogenannte Bezahlkarten für Flüchtlinge einzuführen. Das wird nun auch im Baselbiet zum Thema: Die Debitkarten sollen illegale Aktivitäten und Missbräuche staatlicher Gelder verhindern und den Geldfluss nachvollziehbar machen, wie einer soeben eingereichten Motion von SVP-Landrätin Nicole Roth zu entnehmen ist. Ihre Partei möchte dem Beispiel aus dem Nachbarland folgen.
Gerade das Argument, Missbräuchen staatlicher Gelder den Riegel zu schieben, ist für Nicole Roth ausschlaggebend: «Ich denke vor allem an Gelder, die von unserem Staat als Unterstützung für Geflüchtete gedacht sind und dann in die Herkunftsländer geschickt werden», so Roth. Selbstverständlich sei dies nicht illegal, aber eine deutliche Zweckentfremdung. «Den illegalen Aspekt sehe ich dort, wo mit Staatsgeldern nachträglich Schlepper bezahlt werden.» Die Bezahlkarten könnten der «menschenverachtenden» Schlepperkriminalität entgegenwirken.
Im Vorstoss der Sissacherin heisst es, dass mit den Bezahlkarten «regional» eingekauft werden soll. «Regional bedeutet für mich im Umkreis der Nordwestschweiz», erklärt Roth. Dass die Flüchtlinge durch die beschränkte Gültigkeit der Karte in ihrer Freiheit eingeschränkt würden, ist für die Landrätin vertretbar: Solange der Staat die Einkäufe der Geflüchteten finanziere, sei es auch vertretbar, den Gültigkeitsbereich der Karte zu beschränken. In der Nordwestschweiz könne man definitiv alle Güter beziehen, die man zum Leben benötigt und darüber hinaus.
Die Nachverfolgung des Geldflusses stelle für Roth ebenfalls keine rechtliche Hürde dar: «Es soll keine staatliche Überwachung geben. Vielmehr wird der Geldfluss nachvollziehbarer.» Eine Umkrempelung des Systems – aktuell ist eine Bargeldaushändigung üblich – sei nötig. Es gehe ihr primär um die staatlichen Gelder, mit denen Schlepper nachträglich bezahlt werden und somit die Schlepperkriminalität überhaupt ermöglicht wird. In der Landratssitzung vom 8. Februar kamen die Bezahlkarten für Flüchtlinge in der Fragerunde bereits zur Sprache. Die Haltung des Regierungsrats ist tendenziell eher ablehnend, wie den Antworten auf die Fragen von SVP-Landrätin Caroline Mall zu entnehmen ist. Der Regierungsrat äussert juristische Bedenken bezüglich der Gleichbehandlung von Flüchtlingen gemäss integrativer Abkommen und der Verfassung.
Es sei unklar, ob eine solche Regelung mit den Bestimmungen des Asylgesetzes und der Flüchtlingskonvention zu vereinbaren wäre.
Gemeinden haben das letzte Wort
Zudem würde die Einführung eines Bezahlkartensystems laut Regierung einen erheblichen administrativen Aufwand erfordern, ohne unbedingt den Verwaltungsaufwand für die Gemeinden zu reduzieren. Die Umstellung von Bargeld auf eine Bezahlkarte könne sogar zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand führen. Ausserdem müssten vor der Umstellung von Bargeld auf eine Bezahlkarte Fragen des Datenschutzes und der Kontrolle über die Nutzung der Karten geklärt werden.
Letztlich seien es aber die Gemeinden, die für die Ausrichtung der Unterstützungsleistungen zuständig sind. Der Kanton mache keine expliziten Vorgaben zur Art und Weise der Unterstützung, sondern überlasse es den Gemeinden, geeignete Massnahmen zu ergreifen.
Wichtig sei vor allem, dass der Kanton auf nachhaltige Integrationsmassnahmen setze, um Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen und so ihre Abhängigkeit von Sozialhilfegeldern zu reduzieren, so die Regierung. Dies sei das beste Mittel, um die Zweckentfremdung von Unterstützungsgeldern zu verhindern.