Mehr als nur kochen und servieren
15.03.2024 Sport, Gastronomie, EishockeyKunsteisbahn | Helga Klassnitz gibt nach zehn Saisons als Beizerin ihren Abschied
In der Jugend hat sie in der «Kunsti-Beiz» ihr Sackgeld verdient und ein Auge auf den Betrieb geworfen. Am Ende war sie zehn Jahre lang dessen Chefin: Mit Helga Klassnitz ...
Kunsteisbahn | Helga Klassnitz gibt nach zehn Saisons als Beizerin ihren Abschied
In der Jugend hat sie in der «Kunsti-Beiz» ihr Sackgeld verdient und ein Auge auf den Betrieb geworfen. Am Ende war sie zehn Jahre lang dessen Chefin: Mit Helga Klassnitz verlässt nicht einfach irgendeine Beizerin die Kunsteisbahn.
Sebastian Wirz
«Zum Abschluss war es wieder etwa so wie vor Corona», sagt Helga Klassnitz und ihre Mundwinkel gehen nach oben. Die Auftritte der Zweitligisten und des Frauenteams des EHC Zunzgen-Sissach in den Play-offs haben wieder so richtig Menschen angezogen, die auch in der «Kunsti-Beiz» sitzen blieben und konsumierten. Und das ist Klassnitz’ Reich. Noch bis dieses Wochenende. Nach zehn Saisons auf der «Kunsti» und pünktlich zum Pensionsalter hört die Beizerin per Ende «Eiszeit» auf.
Doch der Betrieb hat Klassnitz nicht nur zehn Jahre begleitet. Als Jugendliche verdiente sie hier ihr Sackgeld, als ihr Grossonkel der Chef war. Diese Erfahrungen in der «Kunsti-Beiz» waren denn auch der Grund, weshalb sie Servicefachfrau wurde. Sie dachte immer, dass sie diesen Betrieb einmal übernehmen würde. Während Anstellungen in diversen anderen Branchen hatte die Zunzgerin immer ein Bein in der Gastronomie und der Kontakt zur Eisbahn blieb durch Sohn Patrick – heute im Staff der ersten Mannschaft – und Engagements im Zunzgen-Sissach-Vorstand bestehen. «Aus allen Berufserfahrungen habe ich im Endeffekt irgendetwas mitgenommen für meine jetzige Aufgabe als ‹Kunsti-Beizerin›», sagt Klassnitz.
Grosser Aufwand, grosse Chancen
Und Aufgaben gibt es hier zur Genüge. Es wäre falsch, Klassnitz’ Posten «nur» als Beizerin zu bezeichnen. Denn auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung das Kochen, Servieren und Einkassieren sichtbar sein mag, ist die «Beiz» eigentlich das Büro der Kunsteisbahn. «Die Sport Sissach AG liefert Anfang Saison einen Plan für die Schulen und monatlich einen sonstigen Plan für die Eisbelegung», sagt Klassnitz und breitet die Papiere auf dem Tisch aus. Danach liegt von Änderungen über Stornierungen bis Neubuchungen alles in den Händen von ihr und ihren Angestellten.
Dieses «alles» umfasst am Vormittag die Senioreneiskunstläufer und vor allem die Schulen, danach den öffentlichen Eislauf, Trainings von den kleinsten bis zu den ältesten Eishockeyanern und Curlern sowie schliesslich die Meisterschaftsspiele und Anlässe. Die «Kunsti» ist eine durchgehende Aufgabe. Und das nicht nur auf einen einzelnen Tag bezogen: «Unser Betrieb ist von September bis März sieben Tage die Woche offen», sagt Klassnitz und schiebt nach: «In dieser Zeit gibt es genau drei freie Tage.»
Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger ist noch nicht gefunden, wie Markus Hügli von der Sport Sissach AG auf Anfrage bestätigt, Bewerbungen würden gerne noch entgegengenommen. «Der Person muss bewusst sein, dass sie keine Klubbeiz übernimmt, sondern ein eigenständiges, öffentliches Restaurant», sagt Klassnitz. Dazu komme die Schlittschuhvermietung und die Koordination der Eisflächen mit den Schulen. «Wer dieses Restaurant führen will, muss Ahnung haben von der Gastronomie», ist Klassnitz überzeugt, «muss aber auch planen und koordinieren können.»
Doch wenn Fachkompetenz, Einsatzwille und Herzblut für diese Aufgabe zusammenkommen, eröffnen sich viele Möglichkeiten. So führte Klassnitz nebenbei im Sommer bis 2021 den Gastro-Betrieb der Schiessanlage Limperg und seit demselben Jahr gemeinsam mit Sohn Mirko das Klubhaus des SV Sissach auf dem Sportplatz Tannenbrunn. Um die Einbussen von Corona aufzuholen, belieferte sie zudem zwei Jahre lang den Mittagstisch der Sekundarschule. «Die Ausrüstung und der Standort bieten durchaus Möglichkeiten für jemanden, der etwas reissen will», sagt Klassnitz.
Dass genau dieser Druck, etwas reissen zu müssen, abfällt, darauf freut sich Helga Klassnitz. Mal nicht um 8 Uhr bereitstehen zu müssen, mal nicht den Winter durchzuarbeiten. Dafür wird sie die Menschen vermissen, die vielen guten Bekanntschaften, die in zehn Jahren «Kunsti-Beiz» entstanden sind. Die Dienstagvormittage mit den Eislauf-Senioren, die sich auch einmal zu Musik- und Tanznachmittagen ausdehnen konnten – die Mundwinkel gehen auch hier wieder nach oben.
NACHGEFRAGT | LUKAS KAMBER, HEADCOACH EHC ZUNZGEN-SISSACH
«Für solche Momente spielt man Hockey»
Herr Kamber, herzliche Gratulation zum Titel in der Zentralschweizer Meisterschaft! Was bedeutet Ihnen dieser Sieg?
Lukas Kamber: Es war mega! Ich glaube, dass unser letzter Titel 32 Jahre zurückliegt. Für solche Momente spielt man Hockey.
Wie wichtig waren die Zuschauer in der «Kunsti» für das Team?
Extrem, diese «Wand» hat uns umgehauen. Im Fussball sagt man ja, dass die Fans der 12. Mann sind. Aber auch beim zweitletzten Spiel auswärts in Zuchwil haben uns unsere mitgereisten Fans sehr motiviert. In der Halle war immer nur «Hopp ZS!» zu hören.
Der Sieg in der Zentralschweizer Gruppe war das grosse Ziel. Wie können Sie nach diesem Meilenstein die Motivation im Team hochhalten, um für den Kampf um den nationalen Titel gegen die anderen Regionalmeister gewappnet zu sein?
Wir müssen unsere Spieler nicht motivieren, denn sie haben direkt nach dem Spiel gesagt: «The job is not done.» Alle wissen, dass wir so eine Chance nicht oft kriegen. Wichtig ist nun, dass wir den Fokus auf das nächste Spiel legen können.
In den Spielen um den Schweizer-Meister-Titel treffen Sie auf den EHC Raron und den EHC Uzwil. Wie wollen Sie gegen diese beiden Teams vorgehen, um zu gewinnen?
Das ist eine schwierige Aufgabe. In der Meisterschaft kennen wir alle Teams und können unser System schon im Vorfeld anpassen. Ich kenne weder Raron noch Uzwil, deshalb müssen wir agil und flexibel bleiben. Das einzige, was ich gehört habe, ist, dass Raron eine harte Spielweise hat.
Bis vor etwas mehr als einem Jahr standen Sie noch selbst als Stürmer auf dem Eis. Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre ehemaligen Teamkollegen zu diesem Erfolg gecoacht zu haben?
Das Mitwirken auf dem Eis vermisse ich nicht. Ich bin sehr froh, dass ich dieses super Team coachen darf, das von unserem ehemaligen Sportchef Michael Eppler zusammengestellt wurde. Bei ihm habe ich mich auch schon dafür bedankt.
Ihr Trainerkollege Pascal Müller hat beim entscheidenden Spiel von einem «Dosenöffner» gesprochen. Was machen Sie, um diesen Dosenöffner und weitere Tore zu machen gegen die Regionalmeister?
Wir müssen weiterhin clever spielen und diszipliniert sein. Wir verfügen über genügend gute Spieler, und wenn wir geduldig sind, wird dieser Zeitpunkt kommen.
Wie viel Kraft hat das Team noch nach dieser langen Play-off-Phase?
Am Donnerstag nach dem Sieg waren wir ausgelaugt und unsere Energie war weg. Doch nun ist die Situation wieder ganz anders und ich bin überzeugt, dass auch unsere Kraft wieder zurückkommen wird.
Interview Luana Güntert
Wer ist der beste Zweitligist des Landes?
lug. Nach den abgeschlossenen Meisterschaften in den Regionalgruppen der 2. Liga werden nun die Meister aus der West-, der Zentral- und der Ostschweizer Gruppe aufeinandertreffen, um den nationalen Titel unter sich auszumachen.
Bereits morgen Samstag trifft Zunzgen-Sissach im ersten Spiel auf den Meister der Westschweizer Gruppe, den EHC Raron. Anpfiff ist um 17.30 Uhr in Sissach. Die Walliser schieden in ihrer Westschweizer Gruppe in der Saison 2022/23 im Playoff-Viertelfinal aus und eine Saison zuvor im Halbfinal.
Am Dienstag wird Zunzgen-Sissach auswärts auf den Ostschweizer Meister, den EHC Uzwil, treffen. Anpfiff ist um 20 Uhr auf der Kunsteisbahn Uzehalle in Niederuzwil. Die St. Galler sind erst in der Saison 2021/22 von der 3. in die 2. Liga aufgestiegen. In der vergangenen Saison schieden sie in den Play-offs im Achtelfinal aus.
Nachdem die drei Regionalmeister je einmal gegeneinander angetreten sind, werden sich die zwei besseren Team nochmals messen und die alles entscheidende Partie um den Schweizer-Meister-Titel bestreiten. Wann und wo dieses Spiel stattfindet, ist noch nicht definiert.