vs. Die Welt scheint sich gerade in einer gefährlichen Spirale aus Eskalation, Machtdemonstrationen und Einschüchterung zu befinden – patriarchale Machtmuster bestimmen vielerorts das Geschehen. Vor diesem Hintergrund wirkt Euripides Tragödie ...
vs. Die Welt scheint sich gerade in einer gefährlichen Spirale aus Eskalation, Machtdemonstrationen und Einschüchterung zu befinden – patriarchale Machtmuster bestimmen vielerorts das Geschehen. Vor diesem Hintergrund wirkt Euripides Tragödie «Medea», geschrieben im Jahr 431 vor Christus, erschreckend aktuell. Denn schon damals standen Themen wie Ausgrenzung, Machtmissbrauch und die Angst vor der selbstbestimmten Frau im Zentrum.
Mit der neuen Inszenierung der Theatercompany «Texte und Töne» wird dieser Stoff auf radikale, zeitgemässe Weise neu erzählt – als Freilichtspiel, verortet in der wildromantischen Gartenanlage der historischen Brennerei auf dem Areal der Firma Nebiker AG in Sissach. «Wir sind immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Spielorten», sagt Andreas Daniel Müller, Produktionsleiter der Company. «Unser Anspruch ist es, klassische Stoffe in neue Kontexte zu setzen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.» Regisseur Kaspar Geiger entdeckte den Ort zufällig – auf dem Velo – und erkannte sofort das atmosphärische Potenzial für diese Inszenierung.
Im Zentrum steht Medea, gespielt von Sarah Spale. Die Schauspielerin ist bekannt aus Kino und Fernsehen (unter anderem «Wilder», «Der Bestatter») – als vielschichtige Figur zwischen Verzweiflung, Strategie, Verletzlichkeit und Trotz. «Es ist mir eine Ehre und grosse Aufgabe, mich mit der Rolle der Medea auseinandersetzen zu dürfen. Medea hat den Mut, den Tiefen ihrer Gefühle auf die Spur zu gehen, scheut sich nicht davor, diese ehrlich zu zeigen, auszusprechen – und sucht mit einer Lust und Wandelbarkeit nach ihrem Weg.»
Alle Rollen des Stücks, auch die männlichen, werden von Schauspielerinnen verkörpert. «Allein diese Entscheidung verändert die Perspektive», sagt Regisseur Geiger. «Sie macht die Konflikte zwischen den Geschlechtern und den sozialen Rollenmustern auf neue Weise erfahrbar – für das Ensemble wie für das Publikum.»
Begleitet wird der Chor der korinthischen Frauen live von der Perkussionistin Lucia Carro Veiga: atmosphärisch, rhythmisch, intensiv – Musik, welche die szenische Entwicklung unterstützt und die emotionale Spannung verstärkt.
Die Inszenierung setzt klare inhaltliche Akzente, die in unsere Gegenwart weisen: Medea wird als Bedrohung erkannt und soll aus Korinth verbannt werden. Eine Geschichte, die frappierend an heutige Debatten über Migration, Integration und die Angst vor der «starken Frau» erinnert.
Doch Medea ist in dieser Version keine fanatische Rächerin, sondern eine ambivalente, verletzte, kämpfende Frau. Ob sie am Ende tatsächlich ihre Kinder tötet, bleibt offen – ebenso die Frage, welche Gefühle echt sind und welche gespielt. Erinnerung oder Propaganda? Wahrheit oder Strategie?
Aufführungstermine im August: Donnerstag, 14., Sonntag, 17., Donnerstag, 21., Freitag, 22., Sonntag, 24., Donnerstag, 28., Freitag, 29., Samstag, 30. und Sonntag, 31. August, jeweils um 20 Uhr, Freilichtbühne Kreuzmatt (Nebiker-Areal), Hauptstrasse 1, Sissach. Tickets und weitere Informationen unter www.texteundtoene.ch