Mann schoss sich in den Kopf
30.01.2024 Baselbiet, Polizei, Bezirk SissachDer Waffenbesitzer steht vor Gericht
Eigentlich wollten drei Freunde nur zusammen einen gemütlichen Abend verbringen. Nachdem der Gastgeber seine Waffe auf den Tisch gelegt hatte, nahm ein Gast diese, setzte den Lauf an seine Schläfe und drückte ab.
Thomas ...
Der Waffenbesitzer steht vor Gericht
Eigentlich wollten drei Freunde nur zusammen einen gemütlichen Abend verbringen. Nachdem der Gastgeber seine Waffe auf den Tisch gelegt hatte, nahm ein Gast diese, setzte den Lauf an seine Schläfe und drückte ab.
Thomas Immoos
Ein tragisches Ende fand im Herbst 2021 ein Treffen zweier Freunde. Nico besuchte an jenem Abend gegen neun Uhr seinen Kumpel Daniel, der mit seiner Freundin Stefanie (alle Namen geändert) in einer Oberbaselbieter Gemeinde lebt. Die drei setzen sich auf die Terrasse und trinken Bier, auch Joints werden geraucht. Man redete über dies und das. Als es kühler wird, wechseln die drei in den Wintergarten.
Mit dem Gastgeber Daniel, einem Waffennarr, kommt das Gespräch aber schon bald auf Schusswaffen. Daniel erzählt, er habe sogar eine eigene Waffe. Unverzüglich holt er diese, eine Glock 21C, aus dem Schlafzimmer, macht eine Sicherheitskontrolle und setzt das Magazin ein, das mit mehreren Patronen gefüllt ist. Mit der Pistole kehrt er zu Stefanie und Nico zurück und legt sie auf den Tisch. Aus der Anklageschrift geht nicht klar hervor, ob Daniel die Waffe samt Magazin hinlegte oder Waffe und Magazin getrennt. Sicher ist jedenfalls, dass Waffe und Munition in Nicos Reichweite lagen.
Das Trio trinkt weiter Bier. Man wechselt das Thema, spricht über alles Mögliche. Kurz vor zwei Uhr früh will Daniel in die Küche gehen, wohl um Nachschub zu holen. Da behändigt sein Gast Nico die Pistole, hält diese mit der linken Hand an die linke Schläfe und sagt: «Komm, wir spielen russisches Roulette» – und drückte ab.
Lebensrettende Notoperation
Das Projektil traf Nico bei der linken Wange unterhalb der Augenhöhlen und durchstiess die Schädeldecke und bohrte sich schliesslich in die Decke des Wintergartens. Die Verletzungen von Nicos Hirngewebe waren lebensbedrohlich – nur eine Notoperation konnte sein Leben retten. Allerdings sind bleibende Behinderungen zurückgeblieben. So hat er seinen Geruchssinn und die Sehkraft des linken Auges verloren. Zudem erlitt auch das rechte Auge irreparable Schäden, so dass dessen Sehkraft um die Hälfte reduziert ist. Auch muss der Mann für den Rest seines Lebens mit einer künstlichen Schädeldecke leben.
Der Fall wird diese Woche am Baselbieter Strafgericht verhandelt. Die Anklageschrift wirft Gastgeber Daniel pflichtwidriges Verhalten vor. Unvorsichtigerweise und ohne ersichtlichen Grund habe er eine erhebliche Gefahr für seinen Gast Nico und seine Freundin Stefanie geschaffen, als er die Waffe samt Magazin auf den Tisch legte, zumal noch Alkohol im Spiel war. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung und seiner militärischen Ausbildung hätte Daniel das Drama verhindern können.
Indem er die Pistole samt elf Patronen bei Nico und Stefanie zurückliess, die beide unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen standen, habe er «die Pflicht verletzt, die Waffe sorgfältig aufzubewahren und vor dem Zugriff Dritter zu schützen», heisst es in der Anklageschrift.
Das Opfer Nico hat, neben der Staatsanwaltschaft, ebenfalls einen Strafantrag gestellt. Auch stellt er eine Zivilforderung, deren Höhe er nicht beziffert, wie auch die Höhe der Schadenersatzforderung. Beim Gastgeber Daniel fand die Polizei nach der Tat zudem zwei verbotene Schlagringe. Ausserdem ist er am Tag nach dem Ereignis nach durchzechter Nacht alkoholisiert am Steuer von der Polizei angehalten worden. Die Strafanträge will die Staatsanwaltschaft während der Verhandlung bekannt geben; sie findet heute und morgen vor dem Strafgericht in Muttenz statt.