Das Neue Orchester Basel zeigt «Modern Times» und liefert dazu die Filmmusik
In der voll besetzten Liestaler Stadtkirche hat das Neue Orchester Basel eine grosse Herausforderung bravourös gemeistert. Es zeigte Chaplins Meisterwerk «Modern Times» und spielte dazu ...
Das Neue Orchester Basel zeigt «Modern Times» und liefert dazu die Filmmusik
In der voll besetzten Liestaler Stadtkirche hat das Neue Orchester Basel eine grosse Herausforderung bravourös gemeistert. Es zeigte Chaplins Meisterwerk «Modern Times» und spielte dazu die Begleitmusik inklusive dem aufwühlenden «Smile»- Motiv.
Jürg Gohl
«Wäre jeder Tag ein Feiertag, sich vergnügen wäre so ermüdend wie arbeiten.» Mit einem Zitat von Shakespeare hat Dirigent Christian Knüsel am Samstag in der praktisch voll besetzten Liestaler Stadtkirche das Publikum begrüsst. Damit hat er gleich das Thema des Abends gesetzt: Es geht um Arbeiten, Akkord und Arbeitslosigkeit, aber auch um Hunger und Armut im modernen Amerika vor 90 Jahren (die «Volksstimme» berichtete). Die Arbeiter werden zu Nummern reduziert.
Das sind die zentralen Elemente in «Modern Times», einem der grossen Filme von Charlie Chaplin. Wohl setzte Knüsels Neues Orchester Basel vor dem Streifen noch einen Kontrastpunkt, indem es leichte Musik, etwa Gershwins luftiges und verjazztes «Summertime», ähnlich alt wie Chaplins Streifen, vortrug. Doch dann flimmerte der Schwarz-Weiss-Streifen neben dem abgedunkelten Orchester an der Wand, und die jungen Musikerinnen und Musiker begnügten sich fortan mit der Nebenrolle.
Publikum und Bosse profitieren
Hatten die Gäste in den Kirchenbänken anfänglich nur leise zu lächeln gewagt, da sie doch in einem Konzert sassen, so wurde das Lachen bald heiterer und lauter. Hemmungslos wurde es nie, weil damit meist viel Tragik verbunden war – etwa, als Charlie Chaplin in eine Essmaschine eingespannt wird, dank der sich seine Chefs versprechen, die Essenszeit der Arbeiter zu verkürzen und so die Effizienz am Fliessband zu erhöhen.
Apropos Fliessband: Auch hier schrauben die Vorgesetzten am Tempo, was ihnen Profit und dem Publikum viel Slapstick garantiert. Lachen und leeres Schlucken paaren sich hier. So nebenbei: Das verschärfte Tempo fordert neben den Arbeitern in Amerika auch das Orchester in Liestal heraus, das synchron bleibt. Sein Dirigent wird es am Schluss rühmen und sich auch noch vor Chaplin verbeugen, der nach «The End» als Porträt an der Wand auftaucht.
Das Orchester wollte aber nicht primär den Regisseur und Hauptdarsteller Charlie Chaplin in den Vordergrund rücken, sondern die Kompositionen des Universalgenies, die er zu diesem Film schrieb. Dieses Talent geht gerne vergessen, wenn von Chaplin geschwärmt wird. Zuvorderst steht da das «Smile». Das Motiv wird mehrfach gespielt und begleitet auch die Schlussszene, in der Tramp Chaplin seine glücklose Begleiterin, ein verarmtes Strassenmädchen, zum Lächeln auffordert und mit ihr sowie seinem Zylinder und dem Spazierstock in eine ungewisse Zukunft watschelt.