Warnhinweis: hohes Aufregerpotenzial! Vergangenen Mittwoch wurde in der SRF- «Rundschau» ein Beitrag zum Thema Männlichkeit ausgestrahlt; Teil davon war ein Kurzbericht zum Sissacher Banntag. Selbst den bierseligsten Genossen dürfte die Anwesenheit des SRF auf der Wintersinger ...
Warnhinweis: hohes Aufregerpotenzial! Vergangenen Mittwoch wurde in der SRF- «Rundschau» ein Beitrag zum Thema Männlichkeit ausgestrahlt; Teil davon war ein Kurzbericht zum Sissacher Banntag. Selbst den bierseligsten Genossen dürfte die Anwesenheit des SRF auf der Wintersinger Höhe nicht entgangen sein …
Der Sissacher Banntag – ein Traditionsanlass, bei dem Männer für einen Tag (fast) ausschliesslich unter sich bleiben dürfen – wurde als rückwärtsgewandte Therapiesitzung für verunsicherte Männer dargestellt, was bei mir Kopfschütteln auslöste. Zwar mag ein Fünkchen Wahrheit darin stecken; dass der Banntag im «Rundschau»-Beitrag jedoch – fast unkommentiert – neben Auftritten höchst fragwürdiger Machogestalten, die männliche Dominanz verherrlichen, präsentiert wurde, nervte mich.
Dass sich laut Beitrag mittlerweile ein Drittel der jungen Männer zu solchen Rollenbildern hingezogen fühlt, ist bedenklich. Mir geht es dabei jedoch keineswegs um die politische Debatte rund um Gleichstellung. Schon Herbert Grönemeyer sang in den 1980er-Jahren mit einem Augenzwinkern über die «Männer». Das Aufweichen konservativer Geschlechterrollen schreitet seit Jahrzehnten voran.
Doch Buben werden in der Schule zunehmend von Mädchen abgehängt, die männliche Ernährerrolle ist passé, und zu viel Testosteron gilt heute als Gift für die Gesellschaft. Der Mann muss sich neu erfinden, wird gefordert. Die «Rundschau» überzieht Männer, die daraufhin ihr Unbehagen zeigen
– obwohl Gefühle zeigen von ihnen verlangt wird – mit Häme. Das ist inkonsequent, unfair und denkfaul.
Was Männern jedoch ebenfalls nicht gut ansteht, ist das aufgeplusterte Getrotze kleiner Buben, die beleidigt sind, weil sie allmählich vom obersten gesellschaftlichen Podest gestossen werden. Stattdessen wäre es angezeigt, die Tränen wegzuwischen, das Krönchen zu richten, den Kopf zu heben und sich den Herausforderungen zu stellen
– so wie es viele starke Frauen schon seit jeher tun.
Ich bin überzeugt, dass eine grosse Mehrheit der Männer, die am Banntag mitmachen, liebevolle Väter und anständige Bürger sind, die mit ihren Partnerinnen eine Beziehung auf Augenhöhe führen und keine Abgehängten, die sich von soziopathischen Muskelprotzen – Stichwort Andrew Tate – zu Hass und Hetze verführen lassen. Dass sie in ihrem «Safespace» mit Freude an ihren Gewehren herumspielen und sich für einen Tag wie kleine Jungs fühlen wollen, darf man ihnen verzeihen.
Ich mag es auch nicht, von meiner Freundin auf meine blinden Flecken angesprochen zu werden. Wir müssen auch nicht gleich alle männlichen Tugenden über Bord werfen. Doch sie gehören nicht mehr uns allein, und das ist gut so.
Nikolaos Schär, Redaktor «Volksstimme»