«Kreativität kann man nicht erzwingen»
11.12.2025 Kultur, TennikenFlurina Zwygart über das Fotografieren und warum «echte Emotionen» wichtig sind
Aktfotografie ist die Leidenschaft der Tennikerin Flurina Zwygart. Die 29-Jährige legt sowohl Wert auf den Ausdruck ihrer Bilder als auch auf die Gefühle der Menschen, die sie ...
Flurina Zwygart über das Fotografieren und warum «echte Emotionen» wichtig sind
Aktfotografie ist die Leidenschaft der Tennikerin Flurina Zwygart. Die 29-Jährige legt sowohl Wert auf den Ausdruck ihrer Bilder als auch auf die Gefühle der Menschen, die sie fotografiert. Dabei geht es ihr um «echte Emotionen».
Sander van Riemsdijk
Frau Zwygart, wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Flurina Zwygart: Ich war schon immer ein kreativer Mensch. Nach der Schule stand für mich schnell fest, dass ich ins Berufsleben starten möchte – so begann ich eine Lehre als Coiffeuse. Die Fotografie war aber mein Herzenswunsch. Heute habe ich das Glück, dass ich mich in meinem Atelier künstlerisch entfalten kann.
Welchen Stellenwert hat Kunst in Ihrem Leben?
Einen hohen. Kunst ist meine Art, Gefühle, Stimmungen und Persönlichkeiten sichtbar zu machen – egal ob durch ein Bild, eine Frisur oder ein Make-up. Kreativität begleitet mich in meinem Alltag.
Wer sind Ihre Vorbilder?
Ich lasse mich weniger von einzelnen Personen inspirieren, sondern mehr von Emotionen und Momenten. Mich fasziniert, wenn etwas echt wirkt – sei es in einem Gesicht, einer Bewegung oder einem Blick. Mich inspirieren Menschen, die Emotionen spürbar machen können – egal in welchem Bereich.
Woher nehmen Sie Inspiration?
Neue Ideen entstehen bei mir selten von heute auf morgen. Oft begleiten sie mich über Wochen oder sogar Monate, bevor ich sie umsetze. Ich trage sie mit mir herum wie ein Baby, das langsam heranwächst. In dieser Zeit beobachte ich, fühle hinein und lasse die Idee in mir reifen. Wenn sie stark genug wird, teile ich sie mit meiner besten Freundin – wir reden, philosophieren und spinnen die Gedanken weiter, bis daraus etwas entsteht, das sich echt und vollständig anfühlt.
Wo entstehen Ihre Kunstwerke?
Meistens in meinem Fotostudio in Tenniken. Dort finde ich die Ruhe und den Raum, um meine Ideen umzusetzen. Gleichzeitig spielt auch die Natur eine wichtige Rolle – draussen entstehen oft die ersten Gedanken oder Gefühle, die ich später im Studio in Bilder verwandle.
Was möchten Sie mit Ihren Kunstwerken ausdrücken?
Ich möchte damit Emotionen sichtbar machen. Es geht mir nicht nur darum, dass der betrachtende Mensch etwas spürt, sondern vor allem der Mensch, der fotografiert wird. Ich möchte, dass sich die Person vor meiner Kamera echt, schön und mit dem Moment verbunden fühlt. Wenn sie dabei etwas in sich entdeckt – Stärke, Ruhe, Verletzlichkeit oder einfach ein Stück Selbstliebe – dann ist das für mich der wahre Ausdruck meiner Kunst.
Welche Techniken und Werkzeuge bevorzugen Sie und warum?
Ich arbeite am liebsten mit Blitzgeräten, weil ich damit das Licht genauso setzen kann, wie ich es mir vorstelle.
So habe ich die volle Kontrolle über die Stimmung und kann gezielt Einfluss auf das Endergebnis nehmen. Licht ist für mich ein zentrales Gestaltungselement – es entscheidet, welche Emotion ein Bild transportiert und wie intensiv es wirkt. Auch in der Nachbearbeitung setze ich auf verschiedene Bearbeitungssoftwares, um jedem Bild den Feinschliff zu geben, der seine Wirkung unterstreicht, ohne die Natürlichkeit zu verlieren.
Wann arbeiten Sie am besten?
Ich bin absolut kein Morgenmensch. Meine kreative Phase beginnt meist am Nachmittag und geht oft bis spät in die Nacht. Dann habe ich Ruhe und kann mich voll auf meine Arbeit einlassen. Eine angenehme Atmosphäre ist mir wichtig – gute Musik, ein klarer Kopf und manchmal auch ein bisschen Zeitdruck, der mich zusätzlich antreibt.
Gibt es auch Phasen, in denen Sie nicht kreativ sind?
Ja, solche Phasen gibt es. Kreativität ist nichts, das man erzwingen kann. Es gibt Momente, in denen der Kopf zu voll ist oder andere Dinge im Leben Priorität haben. Früher hat mich das verunsichert, heute weiss ich, dass solche Pausen wichtig sind. Sie schaffen Raum, um wieder neue Energie und Inspiration zu finden. Aber zum Glück kommen sie nicht sehr oft vor.
Um was geht es in Ihren Werken?
Um Echtheit, Emotion und Selbstwahrnehmung. Ich möchte zeigen, wie schön Menschen in ihrer Natürlichkeit sind – mit all ihren Ecken und Kanten. Es geht mir darum, Gefühle sichtbar zu machen und Momente festzuhalten, in denen jemand wirklich bei sich ist. Jeder Mensch trägt seine eigene Schönheit in sich, und mein Ziel ist es, genau diese sichtbar zu machen.
Was sind Herausforderungen, denen Sie als Künstlerin gegenüberstehen?
Eine der grössten Herausforderungen ist, authentisch zu bleiben und sich nicht von Erwartungen oder Trends beeinflussen zu lassen. In der kreativen Arbeit gibt es immer Phasen des Zweifelns – besonders, wenn man alles alleine macht. Auch die Balance zwischen künstlerischer Freiheit und wirtschaftlichem Denken ist nicht immer einfach. Trotzdem sehe ich genau darin den Reiz – immer wieder den eigenen Weg zu finden und ihm treu zu bleiben.
Was treibt Sie sonst noch an, Kunst zu schaffen?
Mich treibt das Gefühl an, mit meiner Arbeit etwas Echtes zu schaffen. Wenn Menschen sich in meinen Bildern wiederfinden oder durch ein Shooting neues Selbstvertrauen gewinnen, gibt mir das unglaublich viel zurück. Kunst ist für mich kein Beruf, sondern ein Teil meines Lebens. Sie lässt mich wachsen, fordert mich heraus und gibt mir gleichzeitig das Gefühl, etwas bewirken zu können in dieser grossen Welt.
Zur Person
svr. Flurina Zwygart ist 29 Jahre alt, liiert, Künstlerin und hat eine Ausbildung als Coiffeuse absolviert. Aufgewachsen und wohnhaft ist sie in Tenniken, wo sie neben einem Fotostudio auch ein Coiffeurgeschäft und ein Make-up-Studio führt. Sie ist Mitglied des Squashclubs Allschwil und schwimmt gerne, auch bei 12 Grad, wie sie schmunzelnd anmerkt.


