Das Startup-Unternehmen Ventostream entwickelt eine Windturbine, die aussieht wie ein Flugzeug-Düsenantrieb, jährlich bis zu 560 000 Kilowattstunden Strom liefern kann und keine Gefahr für Vögel darstellt.
André Frauchiger
Manuel Bernsau ...
Das Startup-Unternehmen Ventostream entwickelt eine Windturbine, die aussieht wie ein Flugzeug-Düsenantrieb, jährlich bis zu 560 000 Kilowattstunden Strom liefern kann und keine Gefahr für Vögel darstellt.
André Frauchiger
Manuel Bernsau strahlt grosse Zuversicht aus: Der Maschinenbauingenieur und CEO der Bubendörfer Ventostream AG ist davon überzeugt, dass seine patentierte Erfindung, eine vergleichsweise kleine Windturbine, auf dem Markt Erfolg haben wird. Sein im neuen Bubendörfer Industriekomplex domiziliertes Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung, Produktion und Installation wegweisender Lösungen für Windturbinentechnologie.
Das siebenköpfige Team der Ventostream besteht vor allem aus spezialisierten Ingenieuren. Gebhard Bernsau, der Vater des CEO und wie sein Sohn Maschinenbauingenieur, ist Erfinder, Gründer und erster Geldgeber der Ventostream AG. Er hat rund zehn Jahre Vorarbeit für die Firma und ihr Turbinen-Projekt geleistet, wie sein Sohn betont.
«Der Windenergie gehört – neben der Solarenergie und der Wasserkraft – die Zukunft», ist Manuel Bernsau überzeugt. Es brauche hierfür aber neue, umweltverträgliche Windturbinen: kleine, unauffällige, aber leistungsstarke Anlagen. Diese Rahmenbedingungen würden durch seine Neuentwicklung erfüllt. Er ist stolz darauf, dass die Klimastiftung Schweiz dies erkannt und die Windturbinen-Entwicklung seiner Firma zu einem ihrer Förderprojekte erklärt hat.
Wie ein Düsentriebwerk
Die Windturbine der Ventostream AG weist einen Durchmesser von nur 3,2 Metern auf und besteht vor allem aus Holz und Stahl. Sie sieht einem Flugzeugdüsenantrieb sehr ähnlich. Die ganze Technik ist kompakt im Gehäuse untergebracht, ohne äussere Rotorblätter wie bei den bisher bekannten Windrädern. Sämtliche Materialien sollen zudem problemlos wiederverwertbar sein. Die Anlage ist überall platzierbar, auch in geringer Höhe. Sie soll vergleichsweise geräuscharm sein, wie CEO Bernsau betont.
Die Energieversorgung der Schweiz soll bis 2050 nachhaltig, CO2-neutral und vom Ausland unabhängig sein. «Es muss das Ziel sein, dass in unserem Land eine Erhöhung der Stromproduktion durch Wind von heute 0,15 auf 4,3 Terawattstunden erreicht wird», sagt der CEO. Die heutigen Windkraftanlagen hätten viele Nachteile: lange Bewilligungsverfahren, ungünstiger Einfluss auf die Landschaft, grosser logistischer und Materialaufwand, unerwünschte Nebenwirkungen wie Gefährdung der Vögel durch die Rotorblätter, Probleme beim Recycling bei Materialersatz oder Abbau der Anlage. Dies verlange nach neuen Wegen.
Für Bernsau steht fest: «Wir lösen das Propellerzeitalter durch Turbinentechnologie ab.» Während konventionelle Windräder einen Rotordurchmesser von 137 Metern aufweisen, kommt eine Ventostream-Anlage mit einem Durchmesser von 3,2 Metern in geringer Höhe aus. Dadurch könnten auch die Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes erfüllt werden. Auch der Schattenschlag falle weitgehend weg. Ein weiterer Vorteil: Bei starken Winden müssten die Ventostream-Turbinen nicht abgeschaltet werden, dies im Unterschied zu den grossen Windrädern.
Die Leistung sei trotzdem beachtlich: Neun kleine Ventostream-Windanlagen ersetzten in etwa ein 200 Meter hohes, herkömmliches Windrad mit einer Jahresleistung von 5,3 Millionen Kilowattstunden. Eine einzelne Ventostream-Windturbine produziere den jährlichen Strombedarf von immerhin rund 150 Einfamilienhäusern.
Der Wirkungsgrad belaufe sich bei der konventionellen Technologie mit Propeller-Windkraftanlagen auf vergleichsweise bescheidene 20 Prozent, bei der Ventostream-Technologie aber auf 65 Prozent, unterstreicht Bernsau. Auch bei den Kosten sieht er seine Entwicklung klar im Vorteil: Ein herkömmliches Windrad koste rund 7 Millionen Franken, neun Ventostream-Anlagen zusammen 3,15 Millionen oder 350 000 Franken pro Stück.
Produktion noch dieses Jahr
Theoretisch liesse sich eine Ventostream-Anlage auch in einem grösseren Garten einrichten. Der Fokus wird nun aber – vorerst – auf den Industriesektor, auf Bergbahnen, Architektur- und Bauunternehmen sowie Energieversorgungsunternehmen gelegt. Teststandort ist ein ausrangierter Skilift in Zermatt, wo die Anlage im Betrieb noch optimiert werden kann. Auch an mehreren Orten im Baselbiet sollen im nächsten halben Jahr Testanlagen installiert werden, zum Teil als Ersatz für veraltete Windräder. Die diesbezüglichen Abklärungen seien im Gang, aber noch nicht ganz spruchreif, erklärt CEO Manuel Bernsau.
Im vierten Quartal soll mit der Serienproduktion und dem Verkauf der 100-Kilowatt-Anlagen begonnen werden. Für 2026 sind die Produktion und der Verkauf von kleineren, 10 bis 20 Kilowatt produzierenden Anlagen vorgesehen, ebenso von Systemanlagen. Die Windturbinen können platzsparend auch nebenoder untereinander an einer tragfähigen Stange oder einem Gerüst angebracht werden – vorzugsweise dort, wo der Strom benötigt wird.
Das Unternehmen ist sportlich unterwegs, wie der CEO sagt. In nächster Zukunft bestehe daher weiterer Kapitalbedarf. Die Gespräche mit interessierten Investoren laufen, wie Manuel Bernsau verrät. Die neuentwickelte Windturbine seiner Firma spreche für sich, sei absolut überzeugend. Das Unternehmen ist nun auf der Suche nach einer grossen Industriehalle in der näheren Region als Produktionsstandort für seine Windkraftanlagen der neusten Generation.