«Kombination Halter-Hund ist massgebend»
07.12.2023 BaselbietKantonstierärztin Marie-Louise Bienfait über die Auflagen zur Haltung von Listenhunden
Vergangenen Samstag hat in Tenniken mutmasslich ein Listenhund vier trächtige Schafe gerissen (die «Volksstimme» berichtete). Die Baselbieter Kantonstierärztin ...
Kantonstierärztin Marie-Louise Bienfait über die Auflagen zur Haltung von Listenhunden
Vergangenen Samstag hat in Tenniken mutmasslich ein Listenhund vier trächtige Schafe gerissen (die «Volksstimme» berichtete). Die Baselbieter Kantonstierärztin Marie-Louise Bienfait spricht im Interview über das Gefahrenpotenzial und die Haltungsvorschriften bei Listenhunden.
Benjamin Meier
Frau Bienfait, ab wann gilt ein Hund als gefährlich?
Marie-Louise Bienfait: Es gibt viele Gründe, warum ein Hund gefährlich sein kann. Faktoren wie Grösse und Verhaltensweise spielen natürlich eine Rolle. Grundsätzlich ist es aber die Kombination von Halter und Hund, die massgebend für das Gefahrenpotenzial des Tieres ist. Zu einer Gefahr wird ein Hund vor allem dann, wenn ihn seine Halterin respektive sein Halter nicht im Griff hat. Wichtig sind eine gute Erziehung und die frühe Sozialisierung der Tiere. Im Kanton Basel-Landschaft gelten aber gewisse Hunde aufgrund ihrer Rasse als «potenziell gefährlich». Dazu zählen beispielsweise Bullterrier, Dobermänner und Rottweiler, aber auch Tiere, die aus Kreuzungen dieser Rassen hervorgegangen sind. Für die Haltung solcher Listenhunde ist im Kanton Basel-Landschaft eine Bewilligung notwendig.
Warum schaffen sich Leute einen bewilligungspflichtigen Hund an?
Die Motivation kann verschieden sein. Es kann sein, dass dem Halter einfach die Rasse gefällt. Nicht selten ist es aber auch der Fall, dass Hunde im Ausland gekauft werden, ohne dass dem Halter klar ist, dass er in der Schweiz eine Bewilligung für dieses Haustier braucht. Rassen wie Dobermann oder Rottweiler sind zudem auch beliebt für Hundesport. Manche der bewilligungspflichtigen Hunde werden auch als Diensthunde eingesetzt. Begründen muss man als Halter seine Motivation für die Anschaffung eines Listenhundes aber nicht.
Welche Voraussetzungen muss ein Halter erfüllen, damit er eine Bewilligung zur Haltung eines Listenhundes erhält?
Die Voraussetzungen dafür sind im kantonalen Hundegesetz aufgeführt. Neben der Volljährigkeit muss ein Halter ausreichende Fachkenntnisse im Umgang mit Hunden mitbringen. Ausserdem darf er nicht wegen Delikten vorbestraft sein, die das Halten eines Listenhundes als problematisch erscheinen lassen. Wie bei jedem anderen Hund muss zwingend eine Haftpflichtversicherung für den Hund abgeschlossen werden. Und nicht zuletzt muss der Halter persönlich und finanziell in der Lage sein, das Tier verantwortungsvoll und artgerecht zu halten. Auch zur Herkunft des Hundes gibt es Vorschriften. So muss er aus einer Zucht stammen, die den Anforderungen des schweizerischen Tierschutzgesetzes entspricht.
Wie sehen die Anforderungen des Tierschutzgesetzes konkret aus?
Eine Zuchtstätte muss für Hunde, die in der Schweiz geboren werden, einen vom internationalen Dachverband der Rassenhundezüchter (FCI) anerkannten Abstammungsnachweis erbringen. Auch für Hunde, die im Ausland geboren wurden, ist ein solcher Abstammungsnachweis notwendig. So soll sichergestellt werden, dass die Aufzucht und Sozialisierung der Hunde art- und tierschutzgerecht erfolgt.
Muss der Halter eines bewilligungspflichtigen Hundes mit seinem Tier zwingend die Hundeschule besuchen?
Ja, es besteht eine gesetzliche Verpflichtung, mit dem Hund einen Welpenspiel- und Hundeerziehungskurs zu besuchen, der von einer anerkannten Fachperson geleitet wird.
Wie viele Listenhunde sind im Baselbiet gemeldet, und welche Rassen sind die Spitzenreiter?
2022 waren im Kanton insgesamt 17 798 Hunde aller Rassen gemeldet, 100 davon galten als potenziell gefährlich. Mit Abstand am beliebtesten sind Rottweiler, gefolgt von Staffordshire Bull Terriern und Dobermännern. Welcher Rasse der Hund in Tenniken angehört, kann ich noch nicht sagen, die Abklärungen dazu sind aktuell noch im Gang.
Wie oft kommt es pro Jahr zu Vorfällen, bei denen ein Listenhund Menschen oder Tiere attackiert hat?
Glücklicherweise sind Vorfälle mit bewilligungspflichtigen Hunden sehr selten. 2021 und 2022 wurde jeweils nur ein Vorfall gemeldet. Jährlich gibt es aber ungefähr 200 gemeldete Vorfälle, bei denen ein nicht bewilligungspflichtiger Hund Menschen oder Tiere gefährdet hat. In den seltensten Fällen handelt es sich dabei aber um Attacken mit einer Verletzungsfolge. Häufiger sind Vorfälle, bei denen ein Hund Menschen anspringt oder mit anderen Hunden aneinandergerät.
Welche Schritte unternimmt der Kanton bei einem Vorfall mit einem bewilligungspflichtigen Hund?
Bei so einem Vorfall wird der Sachverhalt vom kantonalen Veterinärdienst überprüft. Er kann dann Massnahmen anordnen, die das Ziel haben, die Öffentlichkeit vor dem Gefährdungspotenzial des Hundes zu schützen. Diese Massnahmen können je nach Fall vom Maulkorbzwang über die Beschlagnahme und Umplatzierung des Hundes bis hin zum Einschläfern des Tieres reichen.