Kündigung im fortgeschrittenen Alter
28.08.2025 BaselbietDas Alter ist ein heikles Thema. Doch geht es um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, lohnt es sich, übers Alter zu sprechen. Ein Beispiel: Herr X aus Gelterkinden ist 60 Jahre alt und seit 21 Jahren für ein KMU in Liestal tätig. Überraschend erhält er ...
Das Alter ist ein heikles Thema. Doch geht es um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, lohnt es sich, übers Alter zu sprechen. Ein Beispiel: Herr X aus Gelterkinden ist 60 Jahre alt und seit 21 Jahren für ein KMU in Liestal tätig. Überraschend erhält er eines Tages die ordentliche Kündigung.
In der Schweiz gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer der Grundsatz der Kündigungsfreiheit für beide Parteien. Darf nun also im vorliegenden Fall der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer X nach mehr als 20-jähriger, tadelloser Arbeit einfach so kündigen? Die Antwort eines Anwalts auf diese Frage wird Sie womöglich nicht überraschen: Es kommt darauf an.
Der Grundsatz der Kündigungsfreiheit gilt nicht bedingungslos, so darf eine Kündigung nicht aus missbräuchlichen Motiven erfolgen. Ein Katalog mit den wichtigsten Missbrauchstatbeständen findet sich im Obligationenrecht. Darin aufgeführt sind beispielsweise die Diskriminierungskündigung, die Rachekündigung und die Kündigung wegen der Ausübung von obligatorischen Militär- oder Zivildienstpflichten. Die Aufzählung der Missbrauchsgründe im Gesetz ist jedoch nicht abschliessend. Vom Bundesgericht als missbräuchliches Motiv anerkannt ist die sogenannte Alterskündigung.
Ältere, langjährige Arbeitnehmende geniessen besonderen Kündigungsschutz. Doch ab wann gilt ein Arbeitnehmer als «alt»? Über das Alter spricht man bekanntlich nicht, wird sich wohl auch das Bundesgericht gedacht haben. So hat es das höchste Gericht in den Urteilen zu diesem Thema unterlassen, eine klare Altersgrenze festzulegen. Eine Analyse der Bundesgerichtsentscheide zeigt, dass ab einem Alter von etwa 58 bis 60 Jahren und ab etwa 12 bis 15 Dienstjahren von einem erhöhten Kündigungsschutz auszugehen ist.
Zwar ist nicht jede Kündigung eines älteren Angestellten mit langer Dienstdauer missbräuchlich, doch hat der Arbeitgeber der Art und Weise der Kündigung besondere Beachtung zu schenken. Aufgrund der erhöhten Fürsorgepflicht für den Arbeitgeber ist es sinnvoll, mildere Massnahmen als eine Kündigung zu prüfen. Ansonsten kann aus einer ordentlichen schnell eine ordentlich teure Kündigung werden.
Handelt es sich tatsächlich um eine missbräuchliche Alterskündigung, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von bis zu sechs Monatslöhnen. Doch was muss Arbeitgeber Y bei der Durchsetzung dieses Anspruchs beachten? Der Anspruch auf eine Entschädigung setzt die Einhaltung mehrerer gesetzlicher Fristen voraus. Der Arbeitnehmer muss bis zum Ende der laufenden Kündigungsfrist beim Arbeitgeber schriftlich Einsprache erheben. Einigen sich die Parteien in der Folge nicht über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf Entschädigung innert 180 Tagen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Klage vor Gericht geltend zu machen.
Treue, ältere Arbeitnehmende verdienen meines Erachtens einen weitergehenden Kündigungsschutz. Für Arbeitnehmer X im Beispielfall bedeutet dies, dass er gute Chancen auf eine Entschädigung wegen einer unrechtmässigen Alterskündigung hat, sofern er die gesetzlichen Fristen einhält.
Dimitri Sidler ist Anwalt in Liestal. In seiner Kolumne beleuchtet er juristische Fragen und bemerkenswerte Gerichtsfälle.