Kleine Turbine, grosse Pläne
10.10.2025 WenslingenFirma testet Windanlage auf dem «Leimenhof»
Das Bubendörfer Startup Vento-Stream kommt in Fahrt: Auf dem «Leimenhof» in Wenslingen soll während sechs Monaten eine Windturbine aus eigener Entwicklung getestet werden. Verläuft der ...
Firma testet Windanlage auf dem «Leimenhof»
Das Bubendörfer Startup Vento-Stream kommt in Fahrt: Auf dem «Leimenhof» in Wenslingen soll während sechs Monaten eine Windturbine aus eigener Entwicklung getestet werden. Verläuft der Test erfolgreich, will die Firma mit der Markteinführung beginnen.
André Frauchiger
Die «Volksstimme» hat das Unternehmen bereits vor einem halben Jahr vorgestellt: Die VentoStream AG im neuen Industriequartier von Bubendorf neben der Migros setzt auf eigenkonstruierte Windturbinen, die leistungsfähig und umweltgerecht sind. Ihre Vorteile sind vielfältig.
Mit einem Durchmesser von rund 3,5 Metern sind sie relativ klein und fallen somit in der Landschaft und in Ortschaften kaum auf. Zudem sollen sie mit ihrer «Verpackung» – ähnlich wie der Düsenantrieb eines Flugzeugs – für Vögel keine Gefahr darstellen, da auf aussenliegende Rotorblätter verzichtet wird. Und der Betriebslärm soll sich in engen Grenzen halten.
Im vergangenen halben Jahr hat sich das inzwischen achtköpfige Team der VentoStream auf die Entwicklung und Verfeinerung der Technik seiner Windturbinen konzentriert – und Vorbereitungen für eine grossangelegte Testphase getroffen. Das Unternehmen habe zahlreiche «positive Feedbacks» erhalten, betont Maschinenbauingenieur Manuel Bernsau: «Auch von möglichen Investoren.»
Eher zufällig hat Bernsau die Betriebsleiter des «Leimenhofs» in Wenslingen kennengelernt. Diese hätten sich sehr interessiert gezeigt, ihren Betrieb für einen Windturbinen-Testbetrieb zur Verfügung zu stellen.
Gesagt, getan: Im Amtsblatt des Kantons Baselland wurde kürzlich das Baugesuch für einen Windturbinen-Testbetrieb auf dem «Leimenhof» veröffentlicht. Die Ausschreibung läuft bis am 2. Januar. Bernsau ist zuversichtlich, dass dem Projekt keine Gegnerschaft erwächst. Die Projektverantwortung liegt laut Amtsblatt bei Silvia Vogt von der Hochbautechnik GmbH in Sissach. Klappt es mit der Baubewilligung, soll noch im ersten Quartal 2026 mit dem Testbetrieb begonnen werden, betont VentoStream-CEO Bernsau.
Der Testbetrieb diene unter anderem «zur Validierung der Leistungskennlinie und der Lärmemission».
Die Behörden haben laut Bernsau klare Auflagen gemacht. So müsse die Windturbine beispielsweise jederzeit abgestellt werden können, wenn sich erweisen sollte, dass sie zu viel Lärm produziert oder Menschen, Vieh, Vögel und das Wild stört.
Die Geräuschüberwachung wird von einem zertifizierten Akustikbüro begleitet. In den vergangenen Monaten wurden bereits präzise Messungen der Windverhältnisse auf dem «Leimenhof» vorgenommen. Vento-Stream hat zudem ein eigenes Messsystem entwickelt, das es ermöglicht, den Betrieb der Windturbine laufend zu kontrollieren.
Das Bubendörfer Startup ist offensichtlich auf einem guten Weg: Die Firma habe «weitere grosse Fortschritte in der technischen Entwicklung der Windturbinen» gemacht, sagt CEO Manuel Bernsau, dessen Vater, Gebhard Bernsau, der Pionier von VentoStream ist. Zehn Jahre Vorarbeit in die Technologie waren vor der Betriebsgründung im Sommer 2023 notwendig.
Neun kleine VentoStream-Windanlagen sollen ein 200 Meter hohes konventionelles Windrad ersetzen können. Eine VentoStream-Turbine deckt laut dem Unternehmen den jährlichen Strombedarf von rund 150 Einfamilienhäusern.
Nach erfolgreichem Abschluss des Testbetriebs in Wenslingen soll im zweiten Halbjahr 2026 die Serienproduktion hochgefahren werden. Die Prozesse und die Verkaufsaktivitäten seien bereits angelaufen, erklärt CEO Bernsau. Für den Bau und den Test der Windturbinen hat die Firma eine Kapitalaufstockung von mehr als 2 Millionen Franken vorgenommen. Im nächsten Jahr soll für die serienmässige Produktionsaufnahme eine weitere Kapitalerhö- hung durchgeführt und dafür gezielt nach Investoren gesucht werden.
Wenslingen soll nicht der einzige Testort für die Windturbinen bleiben. Es würden rund zehn weitere Standorte in der Nordwest- und Zentralschweiz geprüft, sagt Bernsau. Auf diese Weise lasse sich in der Entwicklung und dem Bau der Turbinen Zeit sparen. Auch der Testbetrieb an einem ausrangierten Skilift im hochalpinen Bereich laufe noch.
Gemeinde steht hinter Projekt
Andreas Gass, Mitbesitzer des «Leimenhofs», zeigt sich von der vergleichsweise kleinen Windturbine sehr angetan. Er könnte sich «in einem gewissen Rahmen» auch ein finanzielles Engagement an einem definitiven Windturbinen-Projekt vorstellen. Gegenüber grossflächigen Solarpanels und sehr grossen Windturbinen sei er hingegen eher skeptisch, da sie seiner Meinung nach insbesondere in der Herstellung zu wenig ökologisch seien. Ihm sei jedoch bewusst, dass es hinsichtlich Energiegewinnung in der Zukunft neue Möglichkeiten brauche.
Der Gemeindepräsident von Wenslingen, Roger Grieder, hält fest, dass der Gemeinderat das Projekt auf dem «Leimenhof» begrüsse: «Wir haben auf Gemeindeebene eine Energiestrategie, die besagt, dass wir die Solar- und Windenergie höher gewichten als den Ortsbildschutz.» Wind- und PV-Anlagen müssten selbst in der Kernzone des Dorfs, auch in der Schutzzone, installiert werden können, so Grieder. Die Gemeinde Wenslingen habe da eine dezidiert andere Meinung als die verschiedenen kantonalen Instanzen und Teile der Politik.