Keine One-Man-Show
05.09.2024 Region, PolitikDesignierter FDP-Präsident Melchior Buchs möchte die Partei langfristig leiten
Am Parteitag am 5. September wird der ehemalige Reinacher Gemeindepräsident Melchior Buchs aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten der Baselbieter FDP gewählt. Der 68-Jährige ...
Designierter FDP-Präsident Melchior Buchs möchte die Partei langfristig leiten
Am Parteitag am 5. September wird der ehemalige Reinacher Gemeindepräsident Melchior Buchs aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten der Baselbieter FDP gewählt. Der 68-Jährige sieht sich als Teamplayer, der in der Partei die Verantwortung teilen möchte.
Tobias Gfeller
Die Baselbieter FDP hat Anfang Juli überraschend bekannt gegeben, dass Melchior Buchs ihr neuer Präsident werden soll. Die Findungskommission entschied sich für den gebürtigen Berner Oberländer, der bis zum 30. Juni Gemeindepräsident von Reinach war. Die Wahl kam überraschend, war doch eine Verjüngung der Freisinnigen erwartet worden. Seine Wahl sei kein Widerspruch zur angestrebten Verjüngung der Parteispitze, sagt Melchior Buchs im Gespräch mit der «Volksstimme». Denn in der neu zusammengesetzten Parteileitung gebe es mehrere jüngere Gesichter, die auf kantonaler Ebene noch wenig bekannt seien. Dies sei für ihn auch eine Voraussetzung gewesen, um auf die Anfrage der Findungskommission einzugehen, betont Buchs.
Wäre mit 68 Jahren nach einer erfolgreichen und intensiven Karriere in der Politik nicht der Moment gekommen, das Mehr an Freizeit zu geniessen? Melchior Buchs lächelt und antwortet: «Meine Frau wusste, dass ich nicht einfach so aufhören werde.» Buchs ist immer noch voller Tatendrang. Das Präsidium einer Kantonalpartei sei vom Aufwand her nicht vergleichbar mit dem Gemeindepräsidium der bevölkerungsmässig zweitgrössten Gemeinde im Baselbiet. «Ich kann mir meine Zeit und meine Einsätze unabhängiger einteilen. Auch deshalb habe ich zugesagt.»
Wenn möglich, möchte Melchior Buchs den Montag und den Freitag von Terminen frei halten. «Ich bin mir bewusst, dass dies nicht immer möglich ist. Als Parteipräsident wäre ich jederzeit erreichbar, so wie ich es als Gemeindepräsident von Reinach war.» Zwei seiner Kinder leben mit den Enkelkindern am Thunersee, wo auch Buchs bis zu seinem Umzug nach Reinach vor rund zehn Jahren wohnte. Die Tochter lebt mit ihrer Familie in Kopenhagen.
Einst Präsident des FC Thun
Melchior Buchs ist nach wie vor eng mit dem Berner Oberland verbunden. Der Berner Dialekt prägt den gebürtigen Thuner, der einst sogar den FC Thun präsidierte, noch immer. In Spiez haben er und seine Frau eine Wohnung, die sie rege nutzen. Die Frage, wo eigentlich seine Heimat sei, treibe ihn immer wieder um. Mittlerweile kann er aber klar sagen: «Meine Heimat ist Reinach und die Region Basel. Wenn ich nach Spiez fahre, fahre ich nach Spiez und nicht nach Hause.» Melchior Buchs ist Exekutivpolitiker aus Passion. Sieben Jahre lang war er Mitglied des Thuner Gemeinderats und sogar dessen Vizepräsident. Die sechs Jahre im Berner Kantonsparlament hätten ihm weniger zugesagt, sagt der Reinacher ehrlich. «Die klassische Arenapolitik, wo jeder einfach seine Position vertritt, ist nicht mein Ding.» Er wünscht sich mehr lösungsorientierte Politik, dass die Parteien vermehrt zusammenarbeiten und Kompromisse suchen. Dass er als Parteipräsident nicht im Baselbieter Landrat sitzt – was der FDP schon als Nachteil ausgelegt wurde –, sieht Buchs nicht als Problem.
Seine Anbindung an die Fraktion sei bereits eng und durch die Parteileitung gewährleistet. Sein Alter sieht Melchior Buchs als Vorteil. «Ich habe in der Politik viele heftige Stürme erlebt und überstanden. Da ich keine weiteren politischen Ambitionen habe, kann ich auch einmal unangenehme Dinge sagen.»
Verantwortungen aufteilen
Melchior Buchs ist sich bewusst, dass er als Parteipräsident das Gesicht der Baselbieter FDP sein wird. Als One-Man-Show werde er die FDP aber auf keinen Fall führen. «Wie schon als Gemeindepräsident ist für mich das Team elementar. Ich möchte, dass Verantwortung und Themen in der Parteileitung verteilt werden.» Deshalb sei es auch kein Problem, wenn er längere Zeit abwesend sei. «Das habe ich mit Vizepräsident Sven Inäbnit so abgesprochen.» Für unersetzlich hält Buchs sich nicht.
Ein Übergangspräsident sei er aber nicht, versichert der 68-Jährige. «Ich habe vor, vier bis fünf Jahre im Amt zu bleiben und die Partei sicher über die nächsten Wahlen 2027 und 2028 hinaus zu führen.
Melchior Buchs will als Präsident die Partizipation in der FDP stärken. Wer Ideen hat und sich einbringen will, soll dies auch tun können, unabhängig davon, ob er ein Amt innehat oder nicht. Gerade im urbanen Unterbaselbiet sieht der Reinacher noch viel Wählerpotenzial. Das heisst aber nicht, dass ihm der ländliche Raum weniger wichtig wäre. «Wir müssen und werden Vorschläge für die Bedürfnisse des Oberbaselbiets erarbeiten, zum Beispiel bei der Infrastruktur.»
Nicht alle im Oberbaselbiet werden Melchior Buchs mit offenen Armen empfangen. Als Vorkämpfer für eine Neugestaltung des horizontalen Finanzausgleichs, damit Gebergemeinden wie Reinach weniger einzahlen und kleinere Nehmergemeinden weniger erhalten, hat der ehemalige Reinacher Gemeindepräsident bei einigen ländlichen Gemeindepolitikern für Unmut gesorgt.
Gräben in der Partei zuschütten
Buchs will den Übergang vom Gemeinde- zum Kantonspolitiker fliessend gestalten. Ideen dazu hat er bereits. Die FDP müsse es schaffen, wieder eine jüngere Generation anzusprechen. Ideen auf liberaler Basis seien gefragt. Als Beispiele nennt der Reinacher die Themen Bildung und Kinderbetreuung. «Ich sehe an meinen eigenen Kindern, dass die Erwartungen an den Staat andere sind als damals, als wir kleine Kinder hatten.» Sich auf den Staat zu verlassen, bedeute aber keineswegs, die liberalen Denkmuster der FDP zu verlassen. Auch in Sachen Klima und Ökologie müsse der Freisinn der Bevölkerung Antworten bieten.
Melchior Buchs ist sich bewusst, dass er gerade mit diesen Themen in der Partei auf Widerstand stossen wird. Die beiden Flügel – den liberal-konservativen und den liberal-progressiven – zusammenzuführen, sei eines seiner wichtigsten Ziele. Als Unternehmer, der im Pensionsalter zusammen mit einer Kollegin ein Start-up-Unternehmen im Bereich Organisationsentwicklung führt, weiss Buchs, wie man mit Herausforderungen umgeht.