Keine Gerichtsprüfung auf Vorrat
17.10.2025 BaselbietLandrat verwirft die «Transparenz- und Mitwirkungsinitiative»
Das Parlament will keine «abstrakte Normenkontrolle»: Eine Initiative, welche die Beurteilung von neuen Gesetzen durch kantonale Gerichte auf Antrag bestimmter Kreise einführen will, wurde klar ...
Landrat verwirft die «Transparenz- und Mitwirkungsinitiative»
Das Parlament will keine «abstrakte Normenkontrolle»: Eine Initiative, welche die Beurteilung von neuen Gesetzen durch kantonale Gerichte auf Antrag bestimmter Kreise einführen will, wurde klar verworfen.
Peter Sennhauser
Die Begriffe sind verwirrend, die Erklärung ist einfach: Von «konkreter Normenkontrolle» spricht man, wenn ein Gesetz auf Antrag eines Klägers und aufgrund eines Vorfalls darauf überprüft wird, ob es andere rechtliche Bestimmungen verletzt. Die «abstrakte Normenkontrolle» dagegen ist die gleiche, umfassende Überprüfung des Gesetzes ohne konkreten Anlass, also «auf Vorrat». Mit diesem Instrument soll verhindert werden, dass «fehlerhafte» Gesetze überhaupt in Kraft treten – jedenfalls wünschen sich das die Urheber der «Transparenz- und Mitwirkungsinitiative»: Sie will, dass bestimmte Personenkreise und juristische Personen nach dem Erlass neuer gesetzlicher Bestimmungen ebendiese abstrakte Kontrolle verlangen können.
Schweizer: Unhaltbare Fristen
Stellt ein kantonales Gericht daraufhin Fehler im Gesetz fest, muss die Regierung diese binnen 30 Tagen mit alternativen Vorschlägen korrigieren. Das sei nur möglich, wenn man dazu sämtliche geltenden Rechtsmittel und Verfahrensfragen ausser Kraft setze, warnte Justizdirektorn Kathrin Schweizer. Der Landrat hat gestern dem Begehren eine deutliche Abfuhr erteilt: Mit 53 gegen 25 Stimmen bei 3 Enthaltungen empfiehlt das Parlament dem Stimmvolk die Initiative zur Ablehnung. Die Sicherheits- und Justizkommission hatte sich bei einem 5:5 mit Stichentscheid des Präsidenten Dominique Erhart (SVP) für die Initiative ausgesprochen. Aber ausser der SVP und einer gespaltenen FDP-Fraktion hatte der Landrat keine grosse Sympathien für das Begehren, trotz des «verlockenden Titels», wie SP-Fraktionssprecherin Simone Abt sagte.
Und dies nicht, weil man sich mit Gesetzen und Dekreten über andere Rechtsbestimmungen hinwegsetzen wolle: «Auch wir wollen nicht, dass Gesetze tote Buchstaben bleiben», sagte Abt und verwies damit auf den Umstand, dass im Normalfall die Fehler im Gesetz tatsächlich zunächst stehenbleiben, wenn eine konkrete Normenprüfung sie aufdeckt.
Die Mehrheit im Saal sah mit der Initiative eher Mehraufwand als eine Beschleunigung des gesetzgeberischen Prozesses; vor allem schlug der Idee Misstrauen entgegen, dass festgelegte Kreise gerichtliche Prüfungen beantragen können. «Ungerecht», nannte das Thomas Beck (Grüne/ EVP), «Zwängerei durch einen privilegierten Personenkreis» Béatrix von Sury d’Aspremont («Mitte»); und Manuel Ballmer (GLP) wunderte sich, dass Teile der FDP und die SVP-Fraktion etwas unterstützten, was «dem Verbandsbeschwerderecht nahe» komme. Peter Riebli (SVP) rief vergebens in den Saal, es gehe auch darum, dass das Baselbiet ohne Anrufung von Bundes-Institutionen seine Angelegenheiten selber, schnell und klar regeln könne.