Kein Gendern mehr an Schulen
08.08.2025 BaselbietSarah Regez (SVP) hat ihre Volksinitiative eingereicht
SVP-Politikerin Sarah Regez will mit ihrer gestern eingereichten Volksinitiative Genderzeichen an Baselbieter Volksschulen verbieten. Sie spricht von notwendiger Klarheit im Bildungsauftrag, während Kritiker das Anliegen als ...
Sarah Regez (SVP) hat ihre Volksinitiative eingereicht
SVP-Politikerin Sarah Regez will mit ihrer gestern eingereichten Volksinitiative Genderzeichen an Baselbieter Volksschulen verbieten. Sie spricht von notwendiger Klarheit im Bildungsauftrag, während Kritiker das Anliegen als erfundenes Problem sehen.
Melanie Frei
Nach anderthalb Jahren Unterschriftensammlung hat Sarah Regez (SVP, Sissach) gestern die Initiative «Kein Gendern an Baselbieter Volksschulen» mit mehr als 1700 Unterschriften bei der Landeskanzlei in Liestal eingereicht. Sie fordert ein Verbot von Sonderzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt oder Binnen-I an den Schulen. Die Initiative will die Kantonsverfassung ändern: In Volksschulen soll eine «klare, verständliche und lesbare Sprache» verwendet werden. Statt Sonderzeichen sollen beide Geschlechter (Schülerinnen und Schüler) sowie das generische Maskulinum genutzt werden.
«Wir haben viel Zustimmung erfahren», sagte Regez nach der Einreichung. Sie sei überzeugt, dass viele Eltern möchten, dass ihre Kinder in der Schule «eine korrekte Sprache» lernen. Ideologische Elemente wie der Genderstern gehörten nicht in die Schule, sondern seien Privatsache.
Ein inexistentes Problem?
SP-Landrat und Sekundarlehrer Ernst Schürch (Rünenberg) nennt die Volksinitiative und deren Forderung ein «konstruiertes Problem». Es gebe keine Pflicht zum Gendern – Lehrpersonen und Schüler könnten frei entscheiden.«Ich habe noch nie erlebt, dass sich eine Schülerin oder ein Schüler über Gendersprache beschwert hätte», sagt Schürch, der seit 37 Jahren Lehrer ist. Er bezieht sich dabei auf Behauptungen von Regez, dass Schülerinnen und Schüler durch das Gendern verwirrt oder gar verunsichert würden.
Peter Riebli, Präsident der SVP Baselland und Mitglied des Initiativkomitees, betont in der Medienmitteilung, die Genderdebatte sei ideologische Einflussnahme, die an Schulen nichts zu suchen habe: «Die Gendersprache ist keine Sprache, sondern eine Ideologie. Es ist unsere Pflicht, die Kinder vor dieser Form der Indoktrinierung zu schützen. Sprache ist ein Werkzeug und kein politisches Kampfmittel.»
Diese Haltung ist laut Schürch ein Paradox: «Es ist widersprüchlich, sich über vermeintlichen Sprachzwang zu beklagen und gleichzeitig gesetzlich festschreiben zu wollen, wie Sprache zu verwendet ist.»
Regez entgegnet: «Wir wollen keine Sprachpolizei sein, sondern Klarheit schaffen.» In der Schule gehe es um den staatlichen Auftrag, dort müsse ideologische Neutralität herrschen. Sie stört sich an der uneinheitliche Handhabung von Lehrpersonen, wie sie sagt – manche gendern, andere nicht. «Wenn eine Lehrperson gendert, ist das ihre persönliche Ideologie, die in der Schule nichts verloren hat», argumentiert die Initiantin. Dies führe zu «Unregelmässigkeiten im Schulbetrieb».
Für Sekundarschullehrer Schürch ist dies kein Grund zur Sorge. Bei ihm im Unterricht dürfen alle gendern. «Schülerinnen und Schüler verwenden die verschiedenen Formen zwar eher selten. Wenn sie es tun, dann ist das natürlich nicht falsch und wird auch nicht als Fehler korrigiert.»
Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) kann zur Volksinitiative und deren Inhalt «keine termingerechte Einschätzung» vornehmen, wie es auf Anfrage heisst. Dies wegen «zahlreichen anderen Geschäften». Auch eine Antwort der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion des Kantons (BKSD) blieb aus: «Die Stellungnahme der BKSD zur uns noch nicht offiziell vorliegenden Initiative wird im Rahmen des ordentlichen politischen Prozesses erfolgen», schreibt Mediensprecherin Fabienne Romanens auf Anfrage.
«Ablenkungsversuch»
Regez bezeichnet das Argument, gendergerechte Sprache schaffe Inklusion von Menschen durch deren Sichtbarmachung, als «moralischen Druck auf Kinder». Die SVP-Politikerin begründet diesen Gedankengang mit einem Blick über den Atlantik. Sie sieht in den USA die Auswirkungen einer Ideologie, die nun nach Europa schwappe. Dort würden Kinder mit der Frage konfrontiert, «ob sie potenziell diskriminieren, wenn sie nicht gendern». Dies sei ein falscher Umgang.
Schürch sieht das anders: «Alle Menschen verdienen Respekt und Sichtbarkeit. Diese Diskussion darf nicht auf Kosten marginalisierter Gruppen geführt werden.» Er lehne sowohl ein Verbot als auch eine Pflicht des Genderns ab. Die Initiative lenke von tatsächlichen Problemen im Bildungswesen ab, wie den anstehenden Sparmassnahmen des Kantons, so der SP-Politiker.