Jura – auf Schusters Rappen
02.10.2025 RegionDominik Wunderlin präsentiert Wanderbuch, das auch Lesebuch ist
In seinem neuen Wanderbuch führt uns der Kulturwissenschaftler und frühere Präsident des Schweizerischen Juravereins Dominik Wunderlin zu wilden Kreten, an historische Orte und sagenumwobene Plätze in ...
Dominik Wunderlin präsentiert Wanderbuch, das auch Lesebuch ist
In seinem neuen Wanderbuch führt uns der Kulturwissenschaftler und frühere Präsident des Schweizerischen Juravereins Dominik Wunderlin zu wilden Kreten, an historische Orte und sagenumwobene Plätze in fünf Jura-Kantonen.
Martin Stohler
Der Jura ist ein Wandergebiet, das vieles bietet und in dem es vieles zu entdecken gibt. In den Worten Dominik Wunderlins: «Mit seinen zerklüfteten Flühen, den Höhlen, Schluchten und Wasserfällen, seiner Pflanzenund Tierwelt, seinen Burgen und Ruinen, Klöstern und Kleinstädten, mit den Spuren aus Ur- und Römerzeit und aus dem Mittelalter und natürlich mit seinen Aussichtsbergen und Aussichtstürmen ist der Jura gerade auch für Familien ideal.» Mit Wunderlins Juraführer lässt sich dieses ideale Gebiet in 40 Wanderungen erkunden.
Das «Technische» zuerst: Zu jedem Wandervorschlag gibt es neben einem Hintergrundtext mit Fotos und einer Karte der Route eine Reihe von nützlichen Informationen. Dazu gehören eine detaillierte Beschreibung der Route, Angaben zur Höhendifferenz und zur Länge der Strecke sowie zur Wanderzeit. Hinzu kommen Hinweise auf Verpflegungsmöglichkeiten und Unterkünfte. Dank eines Quellcodes lässt sich die Route digital für unterwegs herunterladen.
Die Ausgangs- und Endpunkte sind mit Bus oder Bahn erreichbar. Allerdings empfiehlt es sich, bei der Planung der Wanderung die entsprechenden Fahrpläne zu konsultieren. Insbesondere sollte man den Hinweis zum Bus vom Chasseral beachten; dieser fährt nur am Wochenende. Als Besonderheit sei vermerkt, dass alle Routen über Höhenzüge oder zu einer Anhöhe führen.
Für alle etwas dabei
Die Wanderungen sind von unterschiedlicher Länge und Zeitdauer. Die längenmässig kürzeste führt auf Wegen, auf denen einst Käseträger die Ware ins Tal und auf den Markt brachten, von der Bergstation Wasserfallen nach Lauwil. Die Wanderzeit für die 7,7 Kilometer beträgt 2¾ Stunden bei 260 Metern Aufstieg und 550 Metern Abstieg.
Am anderen Ende des Spektrums liegen mit jeweils 20 Kilometern Länge die Wanderungen von Erschwil nach Delémont (6¼ Stunden, 980 Meter Aufstieg, 1010 Meter Abstieg) und von Saignelégier nach La Ferrière (6 Stunden, 480 Meter Aufstieg, 460 Meter Abstieg). Fast die Hälfte der 40 Wanderungen hat eine Länge im Bereich zwischen 10 und 15 Kilometern.
Die kürzeste (9,4 Kilometer) der 12 Baselbieter Jurawanderungen führt auf der «Haute Route» über dem zentralen Ergolztal von Liestal auf die Buuseregg. Die längste der Baselbieter Touren (16 Kilometer) beginnt ebenfalls in Liestal und lenkt unsere Schritte zwischen den beiden Frenkentälern nach Reigoldswil. Unterwegs kommen wir am Schloss Wildenstein vorbei und es zeigt sich die Ruine Rifenstein.
Weitere Ausgangspunkte für Baselbieter Wanderungen sind Frenkendorf, Läufelfingen, Langenbruck, Pratteln, Reigoldswil, Sissach, Sommerau und die Wasserfallen.
Von Liestal nach Augst
Sehen wir uns nun eine dieser Wanderungen und die begleitende Beschreibung näher an. Dabei bewegen wir uns von der Baselbieter Metropole Liestal zur ehemaligen Römerstadt Augusta Raurica.
Erstes Etappenziel ist der Schleifenberg mit dem Aussichtsturm. Letzterer hat eine bewegte Frühgeschichte, wie Dominik Wunderlin berichtet. Eingeweiht wurde der Turm am 14. Juni 1891. Zunächst musste eine Holzkonstruktion genügen, da die Initianten bei den sparsamen Liestalern nicht genügend Geld für einen Turm aus Eisen locker machen konnten. Der hölzerne Turm wurde allerdings schon bald durch einen Blitzschlag stark beschädigt. So kam Liestal im Jahr 1900 doch noch zu einem Aussichtsturm aus Eisen und in Kombination dazu mit einer Bergwirtschaft.
Von hier geht es weiter durch Liestaler Bürgerwald und die Waldungen der Nachbargemeinde Füllinsdorf. Beim Büechlihau bringt uns ein kleiner Abstecher zur Burgruine Altenberg. Diese wurde zwischen 1982 und 1987 ausgegraben und vorbildlich konserviert. Bewohnt war die urkundlich nirgends erwähnte Burg im 11. Jahrhundert.
In keltischer und römischer Zeit war der Büechlihau, wie archäologische Forschungen ergaben, «ein heiliger Ort». Der Fund eines Hortes keltischer Münzen Ende 2011 führte zu einer Nachgrabung. Dabei kam mit 355 Münzen der schweizweit bisher grösste keltische Hort mit Edelmetallmünzen aus der Keltenzeit zum Vorschein.
Am nördlichen Fuss dieses «heiligen Berges» erwartet uns Augusta Raurica. Entstehung und Niedergang dieser Römerstadt weiss Dominik Wunderlin knapp, aber doch anschaulich zu schildern. Ein Besuch des Römermuseums drängt sich danach fast schon auf.
Geheimnisvoller Reiter
Im Begleittext zur Wanderung von Liestal nach Augst erwähnt Dominik Wunderlin auch eine Sage, die erklären soll, weshalb der grösste Teil des Waldes auf dem Bergrücken zwischen Arisdorf und Liestal auf Liestaler Gemeindebann liegt. Schuld daran soll ein Schultheiss von Liestal sein, der mithilfe von gekauften Zeugen die Nachbargemeinde betrogen habe. Nun vernimmt man dort zu gewissen Zeiten ein Gemurmel wie Wasserrauschen oder wie die gedämpfte Sprache vieler versammelter Männer. Auch soll man dort Hundegebell hören und einen Mann auf einem Schimmel vorbeireiten sehen. Diesem begegnet man aber besser nicht: «Schon manche Augenzeugen der Erscheinung sind mit geschwollenen Gliedern nach Hause gekommen oder sind längere Zeit krank geworden.»
Solche die 40 Wanderungen begleitenden Texte schärfen unseren Blick für die Landschaft. Die darin eingestreuten Geschichten und Sagen – darunter auch solche, die hier erstmals auf Deutsch zu lesen sind – machen das Wanderbuch auch zu einem Lesebuch, mit dem sich die vielfältige Geschichte und Kultur des Jura entdecken lässt.
Dominik Wunderlin: «Jura. Wilde Kreten, historische Orte und sagenhafte Plätze.»