Juli – die Glut des Sommers
01.07.2025 BaselbietZwischen Erntezeit, Hitze und leisen Abschieden
Der Juli ist der Monat der langen Tage und warmen Nächte – der Fülle, des Reifens und des stillen Staunens. Die Sonne steht hoch und lässt das Land in satten Farben leuchten. Es ist, als halte die Natur einen Augenblick ...
Zwischen Erntezeit, Hitze und leisen Abschieden
Der Juli ist der Monat der langen Tage und warmen Nächte – der Fülle, des Reifens und des stillen Staunens. Die Sonne steht hoch und lässt das Land in satten Farben leuchten. Es ist, als halte die Natur einen Augenblick lang den Atem an, bevor der langsame Wandel beginnt.
Hanspeter Gautschin
Noch immer zeigt sich die Natur verschwenderisch: Felder, Gärten und Wälder stehen in voller Kraft, das Korn beugt sich unter dem Gewicht seiner Ähren und in den Gärten reifen die ersten Äpfel. Doch wer genau hinschaut, erkennt: Das satte Grün beginnt zu weichen. Die Natur zeigt erste Zeichen des Wandels.
Die Wiesen verlieren das leuchtende Grün des Frühjahrs, das Summen der Bienen wird leiser und an den Waldrändern rollen sich erste Blätter ein. Glühwürmchen tanzen in der Dämmerung – doch weniger als früher. Intensive Landwirtschaft und der Wandel der Landschaft haben vielerorts die Vielfalt verringert. Der Juli ist noch immer ein Monat des Überflusses, aber auch einer fragilen Schönheit.
In den Hecken reifen Himbeeren und Brombeeren, an den Bäumen hängen goldgelbe Mirabellen. Die Gärten schenken eine reiche Ernte: Erbsen, Bohnen, Zucchini, junge Kartoffeln. Kräuter wie Johanniskraut, Kamille, Schafgarbe und Minze entfalten jetzt ihre volle Kraft – es heisst, sie haben im Juli die höchste Heilkraft. Im Sommermonat Juli ist das überlieferte Brauchtum im Oberbaselbiet äusserst rar. Während andere Monate stärker von Festen oder bäuerlichen Riten geprägt sind, bleibt der Juli weitgehend still. Das hat auch mit der bäuerlichen Lebenswirklichkeit früherer Zeiten zu tun: Im Juli war Hochsaison auf den Feldern. Die Ernte erforderte alle Kräfte – für aufwendige Feste blieb schlicht keine Zeit. Jeder Tag war kostbar, jede helle Stunde wurde genutzt.
Gedenktag des Apostels
Am 25. Juli wird der Jakobstag – auch Jakobi, St. Jakob oder Jakobustag genannt – gefeiert. Es ist der Gedenktag des Apostels Jakobus des Älteren, Bruder des Evangelisten Johannes. In der Kirche ist er seit dem 8. Jahrhundert belegt und zählt zu den bedeutendsten Heiligenfesten Europas.
Der Jakobstag war im Mittelalter auch ein bedeutender Bauernfeiertag. Mägde und Knechte hatten frei und erhielten einen Teil ihres Jahreslohns, die sogenannte «Jakobizech». Der Tag markierte oft auch den Beginn der Roggenernte, begleitet von einfachen Festen und Bauernregeln. Mein Vater erinnerte sich noch daran, dass die ersten Frühäpfel um diese Zeit «Jakobiäpfel» genannt wurden.
Heute geht der Jakobstag im Oberbaselbiet fast unbeachtet vorbei. Doch der Name lebte weiter – und zwar auf ganz eigene Weise: im Joggitag, einem volkstümlichen Fest der Namensvettern.
Früher war «Jakob» ein weit verbreiteter Name, und die Jakobs – oder Joggis – feierten sich selbst. Der Joggitag war so etwas wie die volkstümliche, weltliche Fortsetzung des Jakobstags. Besonders im 19. Jahrhundert gab es im Oberbaselbiet fröhliche Joggitage mit Tanz, Kegelschieben und Festlichkeiten. Hauptanziehungspunkt war das Bad Eptingen, wo man badete, das heilsame Wasser trank und sich bei dieser Gelegenheit auch schröpfen liess. Begleitet von lüpfiger Holzmusik, Spässen und Reden wurde dort ein kleines Sommerfest gefeiert – «wie im e hölzige Himmel», wie die Alten sagten.
Rituale: Bewusst innehalten
Altes Brauchtum kann auch heute gelebt werden, ganz persönlich und im Stillen:
– Morgen in der Wiese: barfuss durch das taufeuchte Gras gehen, dem Tag lauschen, der mit Grillenzirpen beginnt.
– Heu und Kräuter: einen Kräuterstrauss binden – zum Trocknen aufhängen oder als Gabe verschenken.
– Sommerfeuer entzünden: auch spät im Monat ein kleines Feuer anzünden als stilles Johannisfeuer.
– Beerenritual: beim Pflücken von Himbeeren oder Heidelbeeren einen Moment innehalten – für jede Frucht eine Erinnerung, einen Wunsch, ein Danke.
Der Juli ist der Höhepunkt des Sommers. Die Tage sind lang, die Nächte mild, das Leben ist reich. Mit jedem Sonnenuntergang rückt der Herbst näher. Im Juli geniessen wir den Sommer mit allen Sinnen und nehmen ihn in uns auf – wissend, dass er nicht ewig bleibt.