Jedes vierte Unternehmen fürchtet US-Zölle

  02.05.2025 Baselbiet

Umfrage der Standortförderung

Donald Trumps Handelspolitik bereitet den Baselbieter Unternehmen Sorgen – aber auch der Fachkräftemangel und die schwache Nachfrage aus der EU belasten sie. Trotzdem verzeichnete der Kanton im vergangenen Jahr ein moderates Wirtschaftswachstum.

Janis Erne

Die Baselbieter Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent gewachsen – der vierthöchste Wert seit 2014. Das geht aus dem Jahresbericht 2024 der kantonalen Standortförderung hervor. Die Schweizer Wirtschaft legte im selben Zeitraum vermutlich weniger stark zu; Experten gingen zuletzt von einem Wachstum von rund 1 Prozent aus, ebenfalls gemessen am realen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dieses umfasst inflationsbereinigt den Wert aller Güter und Dienstleistungen, die produziert bzw. erbracht wurden.

Für das laufende Jahr rechnen Ökonomen derzeit mit einem Wirtschaftswachstum im Baselbiet von 2,2 Prozent – allerdings sind die Unsicherheiten gross, insbesondere wegen der Handelspolitik der US-Regierung. Zwar hat Präsident Donald Trump die angekündigten Zölle bis Mitte Juli ausgesetzt, doch was danach geschieht, ist offen.

Sollten hohe Strafzölle – die Rede ist von bis zu 31 Prozent – für die Schweiz erhoben werden, wäre im Baselbiet mindestens ein Viertel der Unternehmen «stark» oder «sehr stark» betroffen, wie eine Mitte April durchgeführte Umfrage der Standortförderung unter 110 Unternehmen zeigt. Besonders hart träfe es das verarbeitende Gewerbe und die Industrie, wo etwa jedes zweite Unternehmen die Folgen deutlich spüren würde. Exportabhängig sind im Baselbiet die Pharma-, Chemie-, Maschinenbauoder Elektronik-Branche. Laut einem kürzlichen Artikel des «Blicks» gingen 2023 rund 16 Prozent der Baselbieter Ausfuhren in die USA.

Als Hauptprobleme von möglichen US-Zöllen nennen die Unternehmen fehlende Planungssicherheit, Auftragsrückgänge, steigende Einkaufspreise und die Teuerung. Im Fall von Strafzöllen planen die Firmen verschiedene Gegenmassnahmen: Preisanpassungen, Investitionen in den US-Markt, die Erschliessung neuer Absatzmärkte, Anpassungen bei Lagerbestand, Logistik und Kapazität sowie Restrukturierungen, wozu auch Entlassungen zählen könnten.

Die Ausgangslage für die Baselbieter Unternehmen bleibt nicht nur wegen der US-Zollpolitik schwierig. Auch die anhaltend schwache Nachfrage in den wichtigen Absatzmärkten Deutschland und Frankreich belastet die wirtschaftliche Entwicklung, wie es im Jahresbericht der Standortförderung heisst. Hinzu kommen strukturelle Probleme wie der Mangel an Fach- und Arbeitskräften,Verkehrsengpässe sowie die Unsicherheit über das künftige Verhältnis der Schweiz zur EU.

Regierungsrat wird aktiv
Um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, will der Regierungsrat die Standortförderung bereits im ersten Halbjahr 2025 auf ihre Wirkung hin untersuchen. Die ursprünglich für 2026 geplante Analyse wird damit vorgezogen – auch unter dem Druck des Landrats. Dieser kritisiert die Wirtschaftspolitik des Kantons, nachdem ein trikantonaler Bericht im Spätsommer 2024 aufgezeigt hatte, dass das Baselbiet beim Wirtschaftswachstum gegenüber den Nachbarkantonen Basel-Stadt und Jura unterdurchschnittlich abschnitt.

Die Standortförderungskommission, die den Regierungsrat berät und sich mit dem Bericht befasst hat, kommt zu einem differenzierten Schluss: Die von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägte Struktur der Baselbieter Wirtschaft sei zugleich Stärke und Schwäche. Einerseits sorge die Vielfalt an Branchen und Absatzmärkten für eine gewisse Resilienz gegenüber Nachfrageschwankungen. Andererseits fehle es vielen KMU an finanziellen Mitteln, um verstärkt in Digitalisierung und Produktivität zu investieren.

Die Kommission empfiehlt daher, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass mehr Informatik-Spezialisten im Baselbiet verfügbar sind. Zudem brauche es für die Ansiedlung neuer Unternehmen jederzeit zwei bis drei baureife Areale in Reserve. Handlungsbedarf sieht die Kommission auch bei der Steuerbelastung natürlicher Personen sowie beim administrativen Aufwand für kleine Lehrbetriebe.

Positiv vermerkt der Jahresbericht der Standortförderung, dass laut dem «Swiss Venture Capital Report» 2024 rund 250 Millionen Franken in Baselbieter Start-ups investiert wurden – der vierthöchste Wert in der Schweiz.


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