IST IHR GARTEN FIT FÜR DEN KLIMAWANDEL?
21.11.2023 BaselbietKompostieren hat Einfluss auf die Biodiversität
Keine Unkrautsamen oder lieber viele Blindschleichen?
Die meisten Gartenratgeber beschreiben, wie man rasch und effizient die organischen Abfälle aus Haus und Garten in hochwertige Komposterde umwandelt, ...
Kompostieren hat Einfluss auf die Biodiversität
Keine Unkrautsamen oder lieber viele Blindschleichen?
Die meisten Gartenratgeber beschreiben, wie man rasch und effizient die organischen Abfälle aus Haus und Garten in hochwertige Komposterde umwandelt, ohne Gestank oder Verlust an Nährstoffen und unter gleichzeitiger Abtötung von Unkrautsamen. Aber gibt es noch andere Ziele?
Heinz Döbeli
Eines dieser Ziele ist, möglichst vielen Kompostorganismen eine gemütliche Unterkunft zu bieten. Wer eine möglichst hohe Verrottungstemperatur anstrebt, nimmt in Kauf, neben Unkrautsamen auch viele Kleintiere abzutöten. Kleintierfreundliche Kompostierung funktioniert nach anderen Regeln: längere Verrottungsdauer, grösseres Volumen und moderate Verrottungstemperaturen.
Ein grösseres Volumen des Kompostsilos verhindert sowohl schnelles Erhitzen im Sommer als auch schnelles Auskühlen im Winter. Werden je zwei Gitter zusammengesetzt, verdoppelt sich der Umfang, was zu einer Vervierfachung des Volumens führt. Befüllt werden diese Silos mit Laub, Heckenschnitt, Gartenabfällen und mit Abfall aus der Küche. Gehäckselt wird nicht, es wird nur mit der Schere zerkleinert.
Am Grund des Silos werden kreuz und quer grobe Äste hingelegt, sodass dauerhafte Hohlräume entstehen. Ist das Silo fast voll, kommt auf die Oberfläche eine Schicht Kompost vom vorherigen Jahr. So wird das Silo mit einer Myriade von Kleinstlebewesen angeimpft. Die Umtriebszeit beträgt etwa ein Jahr. Über den Sommer dienen die Silos als schneckenfreie Hochbeete. Sinnvollerweise besitzt man mindestens zwei Silos, die im Wechsel betrieben werden. Eines wird befüllt, im anderen läuft der Verottungsprozess, der den Pflanzen, die auf der Oberfläche wachsen, warme Füsse bereitet.
Wo sind sie geblieben?
Sie haben richtig gelesen. In den Silos fehlen die Spanischen Wegschnecken. Und auch im übrigen Garten sind diese selten. Grund sind nicht Schneckenkörner, ich verwende keine. Ich will weder Weinberg- noch andere Gehäuseschnecken ausrotten, denn Gärten ohne Schnecken sind gestörte Ökosysteme. Es sind auch nicht die trockenen Sommer, die den Rückgang der Spanischen Wegschnecke erklären. Schneckenkundler weisen darauf hin, dass sich Schnecken in den Boden zurückziehen und beim ersten Regen sofort wieder erscheinen. Das stimmt! In anderen Gärten krochen beim ersten Regen die Spanischen Wegschnecken aus ihren Verstecken hervor. Bei mir und in Gärten, die nach ähnlichen Methoden bewirtschaftet werden, waren es Weinbergschnecken. Und die sind weit weniger schädlich.
Haben Igel die Nacktschnecken vertilgt? Wenn ein Igel eine fette Wegschnecke frisst, mag das für den Betrachter eine grosse Genugtuung sein. Aber ist das auch effizient? Bis eine Wegschnecke gross ist, hat sie schon viel Grünzeug abgefressen. Besser sind Blindschleichen. Diese leben gerne in Komposthaufen und an allerlei ungestörten, «verwilderten» Orten. Ihre Hauptnahrung bilden kleine Nacktschnecken, Asseln, Spinnen und andere Kleintiere. Legen Sie kleine Brettchen oder Rindenstücke im Garten aus. Dort verstecken sich neben Schnecken auch deren Feinde.
Biodiversität als Optimierungsziel
Ein mässig warmer Kompost ist eine Brutstätte für Schneckenfresser. Damit sich diese nützlichen Helfer im ganzen Garten ausbreiten, braucht es ein Netzwerk an Verstecken: Asthaufen, Steinhaufen, Laubhaufen. Selbst die erwähnten Brettchen nützen. In solchen Gärten wird auch der Jagderfolg der Katzen eingeschränkt. Beim Umarbeiten des Komposts ist Vorsicht geboten, denn man begegnet neben Würmern auch Kellerasseln, Springschwänzen, Rosenkäferlarven, Hundertfüssern, Tausendfüssern, Spinnen und eben den Blindschleichen. Auch eine Ringelnatter habe ich schon ausgegraben. Würde ich bei dieser Arbeit eine Lupenbrille tragen, wäre die Liste der Organismen noch um einiges grösser.
Es ist offen, wie sich die Klimaerwärmung auf unsere Gärten auswirkt. Die Förderung der Biodiversität auch bei der Kompostierung ist eine gute Investition, weil artenreiche Ökosysteme robuster sind als artenarme.