Hobby-Brauer beleben die «Chesi»
25.06.2024 Bezirk Waldenburg, Bretzwil, GesellschaftOberbaselbieter Bier | Teil 10: «Chesi Brauer» aus Bretzwil
Sieben Männer und sieben Frauen brauen in Bretzwil Bier – in der umfunktionierten «Chesi». Die Lokalität gab dem Bier auch seinen Namen. Das Sortiment ist mittlerweile ...
Oberbaselbieter Bier | Teil 10: «Chesi Brauer» aus Bretzwil
Sieben Männer und sieben Frauen brauen in Bretzwil Bier – in der umfunktionierten «Chesi». Die Lokalität gab dem Bier auch seinen Namen. Das Sortiment ist mittlerweile recht vielfältig. Und es gab auch schon einen Preis dafür.
Markus Vogt
Ein kleines Grillfest im Garten bei Freunden. Einer der Gastgeber stellte einen kleinen Brautopf auf und braute darin ein Bier. Das war natürlich noch nicht trinkreif und wurde darum an einem nächsten Grillfest degustiert. «Das war gar nicht schlecht, es kam auf jeden Fall sehr gut an», erinnert sich Markus Näf. In seinem «einfachen Topf» hatte er das Selbstgebraute angesetzt – etwas professioneller ausgedrückt, in einem 50-Liter-Braukessel der Marke Speidel.
Klar, dass das Thema vorwärts und rückwärts diskutiert wurde – und die Anwesenden praktisch am gleichen Tag die Gründung eines Bierbrauervereins auf einen guten Weg brachten. Bis dahin sollte es noch eine Weile dauern, doch dann tauchte ein Inserat auf: Die «Chesi» von Bretzwil sei zu vermieten. Sie schlugen zu, und nun erfolgte der eigentliche Start mit der Vereinsgründung am 1. April 2021. Die Lokalität war noch herzurichten, aber es gab Wasser und Strom, und deshalb ging es schnell.
Noch immer ein Hobby
Der Verein konstituierte sich, er zählt 14 Mitglieder im Alter von 45 bis 60 Jahren, je 7 Männer und Frauen, die mehrheitlich im Schwarzbubenland wohnen. Präsident ist Simon Metz, Markus Näf fungiert als Braumeister. Sie alle sind Hobbybrauer und in verschiedenen Berufen tätig, unter anderem als Treuhänder, im kaufmännischen Bereich, bei der SBB, in den Sparten Informatik und Software, ja auch im Sozialbereich.
Markus Näf ist Berufsschullehrer, Automation und Elektroinstallation gehören zu seinem Fachbereich. Das Bierbrauen betreibt er seit mehr als 15 Jahren. In dieser Zeit hat er sich bei verschiedenen grösseren Brauereien umgesehen, um sich Wissen über das Bier und das Brauen anzueignen. Grundsätzlich ist es immer noch ein Hobby. «Wir wollen einfach zeigen und erleben, dass es noch andere Biere und Geschmäcker gibt als das, was im Handel so angeboten wird», sagt Markus Näf. Das ist eine gute Portion Untertreibung, denn das Sortiment der «Chesi Brauer» kann sich mittlerweile sehen lassen.
Ansehnliches Sortiment
Das Standardbier ist ein Blond Ale mit dem Namen Seichelbach, das viele Leute schätzen. Daneben findet sich am Zapfhahn der Brauerei das Balmchöpfli, ein Pale Ale. Das Balmchöpfli ist ein beliebter Kletterfelsen und Aussichtspunkt auf 794 Metern über Meer, zwischen Roderis und Engi. Anfangs brauten die «Chesi Brauer» vor allem obergärige Biere, mittlerweile auch untergärige. Und auch Spezialitäten, zum Beispiel ein Belgian Tripel namens Ämmenegg mit 8,7 Volumenprozent Alkohol, mit dem sie beim jährlichen Wettbewerb des Brau- und Rauchshops 2022 den 1. Preis in der Kategorie Belgisches Starkbier gewannen.
Die Ämmenegg ist ein steiler, bewaldeter Berg mit felsiger Krete entlang der Kantonsgrenze zwischen Baselland und Solothurn. Die Namen ihrer Biere leiten die Brauer also aus Flurnamen ab, die rund um Bretzwil vorkommen. Da gibt es etwa Schneeglöggliweid (ein Frühlingsbier), Rotsabel (American Amber), St. Wendelin (dunkles Weissbier), Nebelberg («Neipa»), Häxeblätz (Sour Beer) und Hirnichopf (IPA).
Nachdem der Start mit dem 50-Liter-Kessel geglückt war, drängte sich rasch eine Erweiterung auf. Die Brauerei schaffte einen 140-Liter-Kessel an und hat nun viel mehr Möglichkeiten. Allerdings wird sie insbesondere durch die Lagerkapazität eingeschränkt: «Wir müssten eine grössere Kühlanlage haben.»
Elektronische Steuerung
Das Bier der «Chesi Brauer» ist noch nicht überall anzutreffen, aber im Dorfladen von Erschwil, in einer Metzgerei in Laufen, beim «Cheesmeyer» in Sissach. Und bei «Matt&Elly» in Basel gab es auch schon ein Gastspiel. Weiter gehen sie an die Märkte in der Region. Gebraut wird sodann für Spezialanlässe wie Geburtstagsfeste, Jubiläumsfeiern, Gewerbeausstellungen und so weiter. Aber der Bierbrauerverein will nicht um jeden Preis wachsen, die Kapazitäten geben den Rahmen vor. «Wir haben auch schon Aufträge abgelehnt», sagen die Bretzwiler – weil die Kapazität fehlte. «Wir wollen uns nicht einengen lassen», fügt Braumeister Markus Näf an, «aber wenn sich etwas ergeben sollte, warum nicht?» Das Fernziel, mit dem Sortiment in Läden oder in Restaurants zu kommen, besteht nach wie vor.
Im Moment steht die Weiterentwicklung der Brauerei im Vordergrund. Wobei sie technisch schon auf einem beachtlichen Stand ist: Die Bierproduktion wird elektronisch gesteuert, Näf kann sie auch von zu Hause aus überwachen und korrigierend eingreifen, falls nötig. Die Mitglieder des Brauteams besuchen regelmässig Kurse zur Weiterbildung.
Markus Näf, der ein begeisterter Tüftler ist, befasst sich aktuell mit der Konstruktion einer eigenen Flaschen-Abfüllanlage, um die Kapazität zu steigern – er befinde sich damit auf der Zielgeraden. Heute füllen die «Chesi Brauer» hauptsächlich und bevorzugt in Kegs ab, die handelsüblichen Metallfässer. Gebraut wird übrigens, da alle berufstätig sind und das Bier nach wie vor ein Hobby ist, jeweils an Samstagen, alle zwei bis drei Wochen. Wenn sie am Brauen sind, ist ihr Bier auch im Rampenverkauf abzuholen.
Oberbaselbieter Bier – eine Serie
wis. Mehr als 1200 Einträge sind bei der Eidgenössischen Zollverwaltung im «Verzeichnis der steuerpflichtigen Inlandbrauereien» vermerkt. 400 Liter Bier dürfen pro Kalenderjahr zum unentgeltlichen Eigenkonsum gebraut werden, Vereine dürfen 800 Liter steuerfrei brauen. Wer mehr produziert, muss in diesem Verzeichnis eingetragen sein.
Auch nach dem Konkurs der Brauerei Farnsburg gibt es im Oberbaselbiet zahlreiche Brauereien, die Bier in grösseren Mengen produzieren und es verkaufen. Die «Volksstimme» stellt in loser Folge Oberbaselbieter Biere und ihre Macher vor. Bisher erschienen: Kraftstoff (Sissach), Engibeer Brauerei Leue (Waldenburg), Hopster und Malzer (Rickenbach), Hopferei (Sissach), Geissheiri (Oltingen), Eibachbraui (Gelterkinden), Rauchloch (Häfelfingen), Gibbon Bräu (Tecknau), Föifliberbier (Ziefen).