Hitzestress
08.08.2025 PersönlichIch gestehe, das schlechte Wetter der vergangenen Wochen ist meine Schuld. Sorry, aber Hitze vertrage ich nur schlecht, vor allem in einer Blechbüchse von Camper. 20 Grad sind die ideale Betriebstemperatur für mich. Darum habe ich mit dem Wettergott eine Vereinbarung getroffen: Solange ...
Ich gestehe, das schlechte Wetter der vergangenen Wochen ist meine Schuld. Sorry, aber Hitze vertrage ich nur schlecht, vor allem in einer Blechbüchse von Camper. 20 Grad sind die ideale Betriebstemperatur für mich. Darum habe ich mit dem Wettergott eine Vereinbarung getroffen: Solange ich im Sommer unterwegs bin, bitte kühles Wetter und von mir aus auch Regen. Was soll ich sagen, er hat sich meiner erbarmt.
Meine Tour verlief ohne Schwitzattacke. In Deutschland Regen, in Belgien Wind und Regen, in Nordwestfrankreich Sturm und Regen, in Österreich 15 Grad und sintflutartiger Regen. Okay, das fand ich dann doch etwas zu viel des Guten. Als ich eines Abends die Heizung anwerfen und die Wollsocken aus dem Schrank holen musste, war mir klar: Es ist Zeit, die Sommerreise zu beenden. Seit gestern bin ich wieder in der Schweiz und voilà, der Sommer ist zurück. Ich gönne es Ihnen, auch wenn es für mich bedeutet, dass ich wie eine lahme Fliege irgendwo im Schatten liege und darauf warte, dass es Abend wird und abkühlt.
Früher, als ich noch jung und ahnungslos war, konnte es nicht heiss genug für mich sein. Ich schmierte mir Kokosöl auf die Haut und legte mich in die pralle Sonne. Ich machte Ferien in Ländern mit mehr als 100 Prozent Luftfeuchtigkeit bei 35 Grad im Schatten. Ich träumte von einer Flussexpedition durch den brasilianischen Dschungel, im Kanu, wie Alexander von Humboldt. Dazu ist es zum Glück nie gekommen. Denn hätte mich die Hitze nicht erschlagen, wäre ich bestimmt von Mücken erstochen oder Piranhas gefressen worden.
Jetzt, bin ich in einem Alter, in dem mein Körper sein eigenes Mikroklima erzeugt, ob ich will oder nicht, und das ist meistens genauso tropisch wie am Amazonas. Bei 30 Grad Aussentemperatur schmore ich in meinem Camper im eigenen Saft vor mich hin. Drinnen ist es meist noch 2 bis 3 Grad wärmer. Eine Klimaanlage besitze ich nicht. Sie ist erstens laut, was nicht nur mich, sondern auch die Camper um mich herum stören würde. Und zweitens, braucht sie Landstrom. Das heisst, ich kann sie nur in Betrieb nehmen, wenn ich auf einem Campingplatz oder einem Stellplatz mit Steckdosen stehe. Auf vielen Plätzen, vor allem im Süden, fliegen die Sicherungen jedoch schon raus, wenn man aus Versehen zum Wasserkocher das Licht einschaltet.
Immerhin habe ich als Wohnmobil einen Kastenwagen gewählt. Die breite Schiebetüre und die Hecktüren lassen bei Hitze jeden Windhauch ins Innere des Fahrzeugs und erzeugen die Illusion von Kühle. Tatsächlich habe ich in einer Hitzenacht auch schon bei offenen Türen geschlafen. Im Wald. Ein Erlebnis ganz eigener Art. Vor allem als ein Waldkauz hinter meinem Fahrzeug plötzlich sein «Hu-Huuu» hören liess.
Trotzdem: Reisen bei frühlingshaften Temperaturen ist am angenehmsten. Habe ich schon erwähnt, dass ich in zwei bis drei Wochen wieder losfahre? Der Wettergott ist bereits informiert. Also geniessen Sie die Hitze noch, solange sie andauert.
Yvonne Zollinger ist ehemalige «Volksstimme»- Redaktorin und lebt in ihrem Wohnmobil.