Hier sind die Hochstämme etwas wert
24.09.2024 Baselbiet, WaldenburgObstpflück- und Mostaktion
Das Projekt «Hochstamm Waldenburg» ist seit bald 25 Jahren eine Erfolgsstory. Dazu tragen, wie am vergangenen Samstag, vor allem die vielen begeisterten Helferinnen und Helfer bei.
Elmar Gächter
Es ist ...
Obstpflück- und Mostaktion
Das Projekt «Hochstamm Waldenburg» ist seit bald 25 Jahren eine Erfolgsstory. Dazu tragen, wie am vergangenen Samstag, vor allem die vielen begeisterten Helferinnen und Helfer bei.
Elmar Gächter
Es ist Samstagmorgen, kurz vor 9 Uhr, vor dem Werkhof der Bürgergemeinde Waldenburg. Die Schar der Erwachsenen und Kinder wird grösser und grösser. Mehr als 50 Personen sind es schliesslich, die sich an diesem prächtigen Frühherbsttag versammeln, um praktisch zum Erhalt des Lebensraums Obstgarten beizutragen.
Beat Feigenwinter und seiner Crew, die das Projekt «Hochstamm Waldenburg» betreuen, ist die Freude an diesem Grossaufmarsch ins Gesicht geschrieben. Mit den Worten «Hochstammbäume sind ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere» begrüsst Feigenwinter die motivierten Erwachsenen. Den vielen erwartungsfrohen Kindern gibt er gleich die Empfehlung mit, ihren schönsten Apfel zu suchen, um am nachmittäglichen Wettbewerb mitzumachen.
Es ist die 23. Obstpflück- und Mostaktion, die neben anderen Aktivitäten dazu beiträgt, die verbliebenen Reste ehemaliger Hochstamm-Obstgärten zu fördern und zu erhalten.
Rund 300 Hochstammbäume sind seit Beginn des Projekts «Hochstamm Waldenburg» im Jahr 2000 neu gepflanzt worden, alle von Patinnen und Paten gespendet und mit Pflanzjahr und Obstsorte auf einer kleinen Metalltafel verewigt. Die erstgepflanzten Jungbäume tragen bereits selber Früchte und sind an diesem Erntetag zusammen mit bereits älteren Bäumen denn auch die Objekte der Begierde.
Sie hangen vielfach «graaglet» voll und erbringen eine Ernte von gegen 4 Tonnen Äpfel und Birnen verschiedenster Sorten. Welch Unterschied zum 2023, als für das Herstellen des beliebten «Mousseux de pommes» die letzten Exemplare förmlich zusammengekratzt werden mussten.
«Da die Sorten unterschiedliche Reifegrade aufweisen, werden wir in rund drei Wochen nochmals ernten, und so kann das Ergebnis durchaus an die bisherige Rekordernte von rund 7 Tonnen Mostgut heranreichen», freut sich Beat Feigenwinter.
Ein Ort der Zusammenkunft
An verschiedenen Standorten, vom Gerstel bis zum Richtacker, sind die Naturbegeisterten daran, ausgerüstet mit Schüttelhaken und Auffangblachen, die bereitgestellten Gebinde zu füllen. Während sich die Erwachsenen motiviert bis zur letzten Harasse dem Auflesen der Früchte widmen, finden die Kinder das Spielen mit ihren «Gspänli» schon nach den ersten Bäumen attraktiver. So soll es auch sein.
«Wir geben uns auch Zeit für das Gesellschaftliche», sagt Beat Feigenwinter. Dies unterstreichen auch andere Teilnehmende, wie etwa Matthias Haenle aus Niederdorf. Er nimmt mit seiner Familie schon seit Jahren an der Aktion teil und hat für seine drei Kinder auch bereits Patenbäume gepflanzt. «Ich finde nicht allein das Projekt super, sondern schätze es, hier Leute anzutreffen, die man sonst selten sieht.» Erstteilnehmer Andreas Schäfer aus Hölstein meint: «Schön, dass man solche Anlässe in der Region hat. Wo im Tal spielt eigentlich gar keine Rolle, wichtig ist, dass es sie gibt, nicht zuletzt aus gesellschaftlicher Sicht.»
Das Endprodukt Most, bei 7 Tonnen Äpfeln und Birnen über 5000 Liter, können die Teilnehmenden an der Aktion zum Selbstkostenpreis erstehen, der Rest geht in den Verkauf, unter anderen an Restaurants in Waldenburg. Vom beliebten Apfelschaumwein gibt es noch vom Vorjahr, er wird nächstes Jahr wieder produziert. Beat Feigenwinter, der das Projekt seinerzeit ins Leben gerufen hat und den Anlass immer noch mit Freude mitorganisiert und begleitet, spricht von einer Erfolgsstory. «Wo anderswo Obstgärten massiv zurückgegangen sind, haben wir es geschafft, dass die Anzahl an Hochstammbäumen wieder zugenommen hat. Ohne dieses Gegensteuern hätte es auch in Waldenburg in wenigen Jahrzehnten keine Hochstämme mehr», ist er überzeugt.
Dies kommt nicht zuletzt der Tierwelt zugute, hat sich doch der Gartenrotschwanz hier gehalten und die Zahl der Neuntöter sogar zugenommen. Und erst kürzlich wurde im Gebiet Richtacker ein Mauswiesel gesichtet. Laut Feigenwinter lohnt sich die Mühe des Projektteams, das alle rund 1500 Hochstammbäume auf dem Gebiet der Bürgergemeinde Waldenburg regelmässig pflegt.
Bald erschöpft hingegen – zumindest vorübergehend – ist das Pflanzen von jungen Bäumen. Dies, weil von den Bewirtschaftern der Parzellen keine entsprechende Nachfrage besteht. «Vielleicht wird sich dies eines Tages wieder ändern», hoffen sowohl Feigenwinter wie auch der grosse Kreis an aktiven Freundinnen und Freunden der prächtigen Hochstammbäume.