«Heute märten auch die Schweizer»
19.07.2024 Bezirk Sissach, Auto, Läufelfingen«Heute märten auch die Schweizer»
Gebrauchte Autos sind begehrte Ware. Autohalter werden von Händlern aus dem In- und Ausland umworben und im Verkauf verhandeln die Kunden hart. Beim Läufelfinger Occasionen-Handel FLK GmbH sind Kleinwagen mit ...
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Gebrauchte Autos sind begehrte Ware. Autohalter werden von Händlern aus dem In- und Ausland umworben und im Verkauf verhandeln die Kunden hart. Beim Läufelfinger Occasionen-Handel FLK GmbH sind Kleinwagen mit Automatikgetriebe am besten nachgefragt.
Christian Horisberger
Herr Chamas, was führte Sie zum Autooccasionen-Handel?
Hassan Chamas: Bevor ich in die Schweiz gekommen bin, war ich im Bereich Klimaanlagen selbstständig. Um hier in dieser Branche arbeiten zu können, hätte ich zuerst eine Ausbildung absolvieren müssen, wofür mir die Deutschkenntnisse fehlten. Und ich wollte aber möglichst rasch arbeiten. Schon drei Monate, nachdem ich in die Schweiz gekommen bin, konnte ich bei einer Holzhandelsfirma anfangen. Später arbeitete ich als Fahrer für den Paketservice UPS. Mein Wunsch war es aber, mein eigener Herr zu sein. Eine Imbissbude, die ich in Sissach führte, bedeutete viel Arbeit, aber wenig Umsatz. Deshalb habe ich zunächst parallel zum Imbiss mit dem Autohandel angefangen und später voll auf diese Karte gesetzt. Meine Fahrzeuge standen zuerst in Gelterkinden und Thürnen und seit 2012 beim Bahnhof Läufelfingen auf SBB-Gelände.
Wie kommt man als Klimatechniker aufs Auto?
Ich kannte andere Libanesen in der Schweiz, die bereits in diesem Gewerbe tätig waren. Der Handel mit gebrauchten Autos bietet sich an, weil man dafür kein Diplom benötigt, mit wenig Schulbildung und geringen Sprachkenntnissen auskommt und weil man gut davon leben konnte.
Konnte?
Das Geschäft ist in den vergangenen 10, 15 Jahren immer härter geworden. Einerseits wegen des Handels im Internet: Garagisten, denen ich früher die Eintauschfahrzeuge ihrer Kunden abgenommen habe, bieten diese inzwischen selber online an. Andererseits mischen nun auch Händler aus dem Ausland auf dem Schweizer Markt mit und bieten den Garagisten für deren Gebrauchtwagen mehr als ich, weil sie tiefere Kosten für Miete, Versicherung und Steuern haben als ein Schweizer Händler wie ich. Manche Aufkäufer, die den Garagisten höhere Preise bezahlen, dürften an der Steuer vorbei geschäften.
Wie kommen Sie darauf?
Nehmen wir die «Visitenkarten» mit der Aufschrift: «Kaufe Ihr Auto zum besten Preis» und einer Telefonnummer: Wenn es sich dabei um einen seriösen Händler handeln würde, stünden auf den Kärtchen doch auch ein Name und eine Adresse. Ist dies nicht der Fall, ist für mich etwas faul.
Ich kenne niemanden, der diese Kärtchen mag. Sie werden als Belästigung und Littering empfunden. Verteilen Sie auch welche?
Nicht mehr, nachdem ich mehr Anrufe von Leuten erhalten habe, die sich darüber ärgerten, als von solchen, die mir ihr Auto verkaufen wollten. Zudem ist der Streuverlust dieser Form von Werbung gross und die Autos, die ich im Lauf eines Jahres von Privaten kaufen kann, lassen sich an einer Hand abzählen.
Woher stammen Ihre Fahrzeuge denn dann?
Von Garagisten, mit denen ich zusammenarbeite, oder von der Restwertbörse, das ist eine Online-Börse für defekte Fahrzeuge und Leasingrückläufer.
Auf Ihrem Gelände befindet sich ein grösseres Gebäude mit einer Hebebühne. Reparieren Sie auch Fahrzeuge?
Ich mache hier nur kleinere Arbeiten: Polieren und Ersatz von Bremsen und Auspuff. Für grössere Reparaturen, zum Teil auch für das Vorführen, arbeite ich mit zwei Autowerkstätten zusammen.
Wer kauft Ihnen die Autos ab?
Aktuell sind es mehrheitlich Private, die meine Fahrzeuge auf der Online-Plattform entdecken, wo ich sie ausschreibe. Das dürften um die 70 Prozent sein. Etwa 20 Prozent verkaufe ich an Garagisten. Die drücken allerdings die Preise, weil sie bei einem Weiterverkauf ja auch Geld verdienen möchten. Noch rund 10 Prozent gehen in den Export.
Wohin?
Bis 2010 exportierte ich viele Fahrzeuge nach Afrika. Dann entdeckten amerikanische Gebrauchtwagenverkäufer diesen Markt für sich und boten die Autos sehr viel günstiger an als wir in der Schweiz. Nun sind die Ukraine, Bulgarien, Ungarn oder Albanien die Haupt-Export-Länder, manche Autos gehen auch nach Frankreich oder Deutschland, wobei je nach Land unterschiedliche Einfuhrbestimmungen gelten: Abgasnorm, Alter, Kraftstoff, Zoll.
Auf Ihrem Areal befinden sich zurzeit rund 45 Fahrzeuge. Wie lange dauert es normalerweise, bis Sie ein Auto nach dem Ankauf wieder verkaufen können?
Das ist unterschiedlich. Es gibt solche, die gehen nach einem oder zwei Monaten weg, andere stehen ein halbes Jahr.
Was für Modelle sind am gefragtesten?
Ganz klar Kleinwagen mit Automatik-Getriebe. Die Marke spielt dabei keine grosse Rolle.
Welches gehen am wenigsten gut?
Schon viele Monate sitze ich beispielsweise auf einem 7er-BMW mit Dieselmotor oder einem Peugeot mit Elektroantrieb. Den Preis des «Stromers» habe ich bereits unter den Einstandspreis gesenkt … Von Elektro-Autos lasse ich deshalb jetzt die Finger.
Apropos Preis: Versuchen auch private Kunden die Preise herunterzuhandeln?
Die Ausländer schon immer. Neuerdings märten auch die Schweizer (lächelt). Ich habe damit aber kein Problem.
Lassen Sie denn mit sich handeln?
Ich sehe, was ich tun kann.
Und wie sieht es aus, wenn Sie der Käufer sind? In Ihrem Inserat ist die Rede von «fairen Preisen» …
Am besten ist es, wenn man nicht schon am Telefon verhandelt, sondern dann, wenn ich das Auto sehe. Ich nenne meinen Preis, damit ich beim Weiterverkauf – das Vorführen eingerechnet – einen Bruttogewinn von etwa 500 Franken erzielen kann, und der Verkäufer nennt seine Preisvorstellung. Meistens findet man sich.
Wie gut lebt es sich vom Occasionen-Handel heute?
Als der Export noch stärker war, liess sich gutes Geld verdienen. Heute läuft es nicht mehr gut. Seit zwei Jahren konnte ich keine Ferien mehr machen.
Erwarten Sie auch wieder bessere Zeiten?
Eher nein. Ich mache mir deshalb Gedanken darüber, was ich stattdessen für ein Geschäft aufziehen könnte.
Letzte Frage: Was für ein Auto fährt ein Occasionen-Händler?
Einen Golf 5 Diesel mit 260 000 Kilometern.
Zur Person
vs. Hassan Chamas (59) lebt in Häfelfingen und betreibt beim Läufelfinger Bahnhof einen Occasionenhandel für Personenwagen. Chamas und seine Frau stammen aus dem Libanon. Sie kamen 1989 (er) und 1990 in die Schweiz und beantragten als Flüchtlinge Asyl. 1993 wurden sie anerkannt. 2003 erhielten sie den Schweizer Pass. Das Ehepaar hat drei Söhne: Firas, Loai und Kussai. Der Name der Firma des Vaters setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Söhne zusammen: FLK GmbH.