«Grenzen fordern einen als Schauspieler heraus, Neues über sich selbst zu entdecken»
19.12.2023 Baselbiet, Kultur, RegionReinach | Sven Schelker über seine Rolle in der TV-Serie «Davos 1917»
Aufgewachsen in Reinach, zog es den jungen Sven Schelker bald auf die Bühne. «Davos 1917», die Serie als deutschschweizerische Produktion, wird seit vergangenem ...
Reinach | Sven Schelker über seine Rolle in der TV-Serie «Davos 1917»
Aufgewachsen in Reinach, zog es den jungen Sven Schelker bald auf die Bühne. «Davos 1917», die Serie als deutschschweizerische Produktion, wird seit vergangenem Sonntag ausgestrahlt und zeigt Schelker in der Rolle eines jungen Politikers.
Wendy Maltet
Herr Schenker, wer ist Rudolf Thanner, den Sie in der Schweizer Hit-Serie «Davos 1917» verkörpern?
Sven Schelker: Thanner ist ein ziemlich junger Politiker und Grossrat in Davos und zudem ein wohlhabender Waise. Er kennt die Hauptfigur Johanna Gabathuler von Kindesbeinen an und ist mit ihr verlobt. Zudem würde ich ihn als düsteren, aber klugen Opportunisten bezeichnen.
Können Sie sich mit ihm identifizieren?
Identifizieren ist ein spezielles Wort. Thanner und ich haben jedoch nicht viel gemeinsam. Es gelingt mir aber recht gut, immer irgendetwas an einer Person zu entdecken, um einen Zugang zum Charakter zu finden. Es ist eine gewisse Herausforderung, eine Rolle zu spielen, die dem eigenen Charakter überhaupt nicht entspricht – aber das ist genau das, was ich daran mag.
«Davos 1917» ist eine aufwendige schweizerisch-deutsche Koproduktion mit einem beeindruckenden Budget von rund 18 Millionen Franken. Wie ist es, mit einem internationalen Team zusammenzuarbeiten?
Es war eine super Erfahrung. Man hat die Internationalität in allen Departements gespürt. Es ist eine schöne und funktionierende Dynamik entstanden, besonders durch die Grösse der Produktion.
Was trägt die Serie zur Schweizer Fernsehlandschaft bei?
Ich denke, die TV-Serie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Schweiz auf internationaler Ebene mithalten kann. Unser Land ist durchaus in der Lage, auf hohem Niveau mit andern Ländern zu agieren.
Die Serie basiert auf wahren Begebenheiten und beleuchtet eine historisch bedeutende Zeit. Wie setzen Sie sich jeweils mit den gegebenen Zeitabschnitten auseinander?
Der Ausgangspunkt ist immer das Buch. Das Drehbuch bestimmt, wie viel von einer Epoche spürbar werden soll. Dies erfordert dann eine entsprechende Auseinandersetzung. Bei alten Geräten muss beispielsweise deren Bedienung erlernt werden. Bewegungen und Verhaltensweisen hatten oft andere Bedeutungen und müssen studiert und erlernt werden. Dabei präzise zu sein, ist eine spannende Auseinandersetzung.
Wie hart waren die Dreharbeiten?
Klar stösst man als Schauspieler manchmal an seine Grenzen. Beispielsweise, wenn Drehtage lang sind, man mühsam durch Matsch robben muss oder in einem mehrschichtigen Kostüm in der Wüste bei 36 Grad so tun muss, als wäre eigentlich gerade Winter. Man lotet die eigenen Grenzen aus – das reizt mich in einem gewissen Mass aber auch. Sie erfordern die Fähigkeit, Dinge ausblenden zu können und fordern einen als Schauspieler heraus, Neues an sich und den eigenen Fähigkeiten zu entdecken.
Was ziehen Sie persönlich vor: Die Arbeit im Theater oder am Filmset?
Ich versuche einen gesunden Wechsel beizubehalten und setze keinen Fokus, solange es nicht sein muss. Ein solcher Mix beinhaltet aber eine kompliziertere Terminplanung. Beim Theater ist man an einen Ort gebunden und man arbeitet öfter als Crew zusammen. Im Film wird sequenziell gearbeitet und eigentlich kaum geprobt. Es ist immer eine neue Gruppenkonstellation, man spielt an verschiedenen Orten und es wird vor allem gedreht. Im Theater hingegen besteht die Arbeit zu 80 Prozent aus Proben. Man hat den Luxus, etwas nicht wissen zu müssen und kann experimentieren. Es ist ein Teamsport, und alles passiert gleichzeitig. Beim Film geschehen die Dinge eher nacheinander. Im Theater ist man mit dem ganzen Körper unterwegs, im Film wird über die Kamera ein Fokus gesetzt. Das verändert die schauspielerische Arbeit. Schlussendlich gibt es unglaublich viele Unterschiede.
Gibt es speziell etwas, das Sie am Theater mögen?
Ich glaube, ich werde nie aufhören, auf der Bühne zu stehen, in welcher Form auch immer. Manchmal mehr, manchmal weniger. Der Moment, in einem dunklen Raum vor einem Publikum zu stehen, zusammen etwas ausgearbeitet zu haben, das gemeinsame Erleben eines Auftritts – diese Aspekte des Theaters sind für mich unschlagbar.
Sie haben früh begonnen mit dem Schauspielern. Hatten Sie damals ein Ziel vor Augen?
Nein, nicht wirklich. Ich habe lange nicht gewusst, dass es überhaupt Schauspielschulen gibt oder dass man Schauspielerei studieren kann. Ich habe mich damals einfach gefragt, womit ich meine Zeit nach dem Gymnasium verbringen will. Mir ist aufgefallen, dass mir das Schauspielern Freude bereitet. Im Freiwahlfach an der Schule habe ich gemerkt, dass das eine Art der Zusammenarbeit ist, die mich sehr interessiert, mich fordert und mir Freude macht.
Legen Sie den Fokus auf nationale oder internationale Produktionen?
Ich bin mit 19 nach München gezogen und habe dort studiert. Danach habe ich acht Jahre in Hamburg gelebt. Insgesamt habe ich so über zehn Jahre in Deutschland verbracht. Jetzt bin ich seit dreieinhalb Jahren in Basel. Ich finde es spannend zu sehen, wo einen die Arbeit immer wieder hinzieht und mit welchen Personen man arbeiten wird. Ich bin daher für vieles offen, bleibe aber schon eher im deutschsprachigen Raum. Eine französische Produktion wäre auch einmal cool, aber dann müsste ich mein Französisch noch verbessern. Es sei denn, sie geben mir eine Rolle als Schweizer (lacht). Auf Englisch hingegen habe ich schon gespielt. Das macht grossen Spass, da die Sprache einen anderen Fluss und eine andere Betonung hat. Man kann mit der Sprache ganz anders umgehen.
Als gebürtiger Baselbieter haben Sie bereits eine beeindruckende Karriere hinter sich. Haben Sie noch einen Bezug zu Ihrem Heimatort Reinach?
Ich bin tatsächlich immer wieder in der Region. Etwa dann, wenn ich meine Eltern oder meinen Bruder besuche, die in einem benachbarten Dorf wohnen. Dann fahre ich immer an Reinach vorbei. Ich bin ein Freund der Nostalgie und gehe gerne an altbekannte Orte, zum Beispiel durch den Reinacher Tierpark oder zum «Grill-Corner».
Was kann man als Nächstes von Ihnen erwarten?
Momentan drehe ich «Stiller» von Max Frisch, auch eine schweizerisch-deutsche Koproduktion fürs Kino. Im Theater in Basel habe ich laufende Vorführungen und am 13. Januar findet auf der grossen Bühne in Basel die «Dreigroschenoper»-Premiere statt.
Teuerste SRF-Serie je: «Davos 1917»
sda./vs. Davos, 1917. Der Schweizer Kurort wird während des Ersten Weltkriegs zum Treffpunkt der Elite der Kriegsparteien. Die Bündner Krankenschwester Johanna Gabathuler gerät unverhofft zwischen die Fronten der Weltmächte, als sie nach ihrem Rotkreuz-Einsatz an der Westfront schwanger in ihre Heimat Davos zurückkehrt. Im «Curhaus» ihrer Familie haben sich heimlich Spioninnen und Spione unter die Angestellten gemischt. Ihr Ziel ist es, die mächtigen Entscheidungsträger zu bespitzeln, die sich dort neben den kriegsversehrten Soldaten aufhalten. Um ihre uneheliche Tochter zurückzugewinnen, lässt sich Johanna schliesslich auf ein tödliches Spiel mit dem deutschen Geheimdienst ein und wird Teil eines riskanten Plans, der über Krieg oder Frieden entscheidet.
Susanne Wille, Abteilungsleiterin Kultur bei SRF, sagt: «Die fiktive Geschichte rund um die Bündner Hotelierstochter und Rotkreuz-Schwester Johanna ist inspiriert von wahren Begebenheiten und zeigt auf, wie die Schweiz trotz Neutralität verdeckt Schauplatz europäischer Kriegspolitik war. SRF konnte die Schweizer Serie ‹Davos 1917› auch dank der Kooperation mit ARD Degeto für das hiesige und das internationale Publikum planen und entwickeln.» Die historische Spionage-Serie entstand unter der Regie von Jan-Eric Mack («Wilder» Staffel 2 und 3, «Peripherie»), Anca Miruna Lazarescu und Christian Theede.
«Davos 1917» ist eine schweizerischdeutsche Koproduktion von SRF und ARD Degeto sowie Contrast Film, der Letterbox Filmproduktion und der Amalia Film. Ausserdem ist es bisher die teuerste SRF-Serien-Produktion. Der Kostenanteil des SRF beträgt dabei 7 Millionen bei Gesamtkosten von 18 Millionen Franken. In der Serie sind unter anderem Dominique Devenport («Sisi»), Jeanette Hain («Babylon Berlin»), David Kross («Der Vorleser»), Anna Schinz («Gotthard»), Hanspeter Müller-Drossaart («Dällebach Kari») und Sunnyi Melles («Triangle of Sadness») als Schauspielerinnen und Schauspieler zu sehen. Alle sechs Folgen der Spionage-Serie sind seit dem 15. Dezember auf der SRG-Streaming-Plattform Play Suisse verfügbar. Auf SRF wurden die ersten beiden Folgen am Sonntag ausgestrahlt.