«Gibt es eigentlich schon Schweizer Vodkas?»
15.08.2024 BaselbietVier Freunde bringen Edelspirituose auf den Markt
Während die Gin-Welle im Spirituosen-Meer am Abebben ist, baut sich am Horizont eine Vodka-Welle auf. Vier Liebhaber wollen sie reiten. Ein Premium-Produkt soll es sein, gebrannt in Sissach, benannt nach dem Kantonshauptort.
...Vier Freunde bringen Edelspirituose auf den Markt
Während die Gin-Welle im Spirituosen-Meer am Abebben ist, baut sich am Horizont eine Vodka-Welle auf. Vier Liebhaber wollen sie reiten. Ein Premium-Produkt soll es sein, gebrannt in Sissach, benannt nach dem Kantonshauptort.
Christian Horisberger
Wer im Geschichtsunterricht gut aufgepasst hat, weiss: «Liechtstal» war im 15. und 16. Jahrhundert der gebräuchliche Name für den späteren Baselbieter Kantonshauptort. In wenigen Monaten soll «Liechtstal» ausserdem für einen hochwertigen Vodka stehen, gebrannt in der Region, mit Zutaten aus der Region. Ende Juli ist die Liechtstal Vodka GmbH im Handelsregister eingetragen worden, Gesellschafter sind vier Schulfreunde aus Liestal und Umgebung.
Die Idee von einem Regio-Vodka wurde in einer Basler Bar geboren. Timon Belguith aus Liestal und Sascha To aus Itingen, beide Mitte 20, nippten an einem Glas eiskalten Vodkas. Die Freunde redeten über den abflauenden Gin-Hype und die vor allem bei einem jüngeren Publikum zunehmende Beliebtheit von Vodka als Grundlage für Mixgetränke aller Art. Und sie fragten sich, was es an Schweizer Vodkas eigentlich schon gibt. Nach dem damaligen Wissen des Autoverkäufers Belguith und des Personalvermittlers To, welche die Gastro- und Getränkebranche nur als Kunden kannten, keine …
Anderthalb Jahre später sind sie schlauer: Die Schweiz hat durchaus eine Vodka-Szene, wenn auch eine noch eher kleine. Die beiden haben ausserdem gelernt, was es alles dazu braucht, um einen ansprechenden Vodka, von dem man keine Kopfschmerzen bekommt, in die Flasche zu bringen.
Gebrannt in Sissach
Je länger sich die Freunde mit der Herstellung von Vodka befassten, desto mehr entwickelte sich aus der ursprünglichen Schnapsidee eine Vision und aus der Vision ein handfestes Projekt, mit dem sich auch Geld verdienen lässt, wie sie hoffen. Auf dem Weg dahin klopften sie vor einem Jahr bei der General Sutter Distillery in Sissach an. Vom dortigen Brennmeister Roland Buser erfuhren sie, dass sich Vodka auf der Grundlage von Kartoffeln, Getreide oder Melasse brennen lässt, wobei Getreide die am häufigsten verwendete Hauptzutat ist. Denn bei der Verwendung von Kartoffeln ist für einen Brand im Vergleich mit Gerste, Roggen oder Weizen viel mehr Rohmaterial erforderlich. Nicht zuletzt deshalb entschieden sie sich für Weizen.
Zusammen mit Buser haben sich die beiden Männer auf die Suche nach einem Rezept begeben, mit dem sie sich und möglichst viele weitere anspruchsvolle Vodka-Geniesser glücklich machen können. Die Vorgabe an den Brenner lautete: Ein hochwertiges Produkt sollt er herstellen, angenehm im Duft, dazu möglichst neutral im Geschmack, was mit mehreren Destillationsvorgängen erreicht werden kann. Selbstverständlich soll das Destillat frei von Fuselstoffen sein; hier ist die Filtrierung massgebend. Buser und seine Auftraggeber testeten unterschiedliche Zusammensetzungen der Maische und «schraubten» beim Destillieren und Filtern. «Nach drei Durchläufen sind wir nun ganz nah am Ziel», sagt Timon Belguith zur «Volksstimme», es gebe nur noch Nuancen zu verbessern. «Die nächste Charge sollte es sein.»
Parallel zur Tüftelei in der Brennerei legten sich die Freunde auf den Markennamen fest, gründeten mit zwei weiteren Gesellschaftern aus ihrem Freundeskreis eine GmbH, bereiteten den Web-Auftritt vor, wählten die Flaschenform aus und definierten das Logo und die Beschriftung der Flasche. Sie wählten ein schwungvolles, nobel wirkendes Design in Blauviolett und Gold. Der Verschluss der Flasche wird ebenfalls goldfarben sein. Um die Wertigkeit ihres Vodkas zusätzlich zu unterstreichen, wird die Flasche nicht mit einer Etikette beklebt, vielmehr wird das Logo im Siebdruckverfahren aufgebracht. «Das ist die edelste Variante», kommentiert Belguith.
Preis im oberen Segment
Premium soll nicht nur das Erscheinungsbild des Regio-Vodkas sein, sondern auch dessen Preis. Man wolle die potenziellen Kundinnen und Kunden mit einem zu hohen Verkaufspreis nicht abschrecken, sagt Belguith, doch handle es sich um ein Premium-Produkt, das man im entsprechenden Preissegment ansiedeln wolle, im Bereich zwischen 50 und 60 Franken pro Flasche. «Es steckt viel Handarbeit und Liebe zum Detail drin», sagt er.
Spätestens am Samstag, 9. November, wird der Verkaufspreis feststehen. Im Rahmen des landesweiten Aktionstags «Die Schweiz brennt», an der auch die General Sutter Distillery ihre Türen öffnet, wird der «Liechtstal-Vodka» in der Sissacher Brennerei offiziell lanciert. Im Anschluss daran kann das Produkt über die Website, die sich noch in Arbeit befindet, geordert werden. Offen ist, in welchen Bars, Klubs, Restaurants und Läden es den «Liechtstal-Vodka» zu trinken beziehungsweise zu kaufen geben wird. Dessen Macher haben bereits eine lange Liste mit Lokalen und Verkaufsstellen zusammengestellt, wie Belguith sagt, «ohne ein fixfertiges Produkt in der Hand hat es aber keinen Sinn, auf Verkaufstour zu gehen».
Viele Tausend Franken haben die Urheber des Regio-Vodkas in das Projekt gesteckt und glauben an ihr Produkt. «Es ist sehr viel möglich und wir könnten mit etwas Glück auf eine Goldader stossen», schwärmt Belguith. «Es wäre aber auch schon ein schöner Erfolg, wenn es ‹Liechtstal› in der Region auch als Vodka zu Bekanntheit bringen würde.»