Gestern Brocki, heute Morrie
01.07.2025 Kultur, BöcktenDer noch aktive Schauspieler Charles Brauer wird am Donnersatg 90 Jahre alt
Schauspieler und «Vorleser» Charles Brauer aus Böckten feiert am Donnerstag seinen 90. Geburtstag. Das hält ihn aber nicht davon ab, im Spätherbst im Zweipersonenstück ...
Der noch aktive Schauspieler Charles Brauer wird am Donnersatg 90 Jahre alt
Schauspieler und «Vorleser» Charles Brauer aus Böckten feiert am Donnerstag seinen 90. Geburtstag. Das hält ihn aber nicht davon ab, im Spätherbst im Zweipersonenstück «Dienstags bei Morrie» im Hamburg auf der Bühne zu stehen – 79 Jahre nach seiner ersten Filmrolle.
Jürg Gohl
Im kommenden November wird Schauspieler Charles Brauer erneut nach Hamburg fahren. Wie in den beiden Spielzeiten zuvor, wird er dort am Ernst-Deutsch-Theater, dem grössten Privattheater-Deutschlands, gemeinsam mit dem in Itingen aufgewachsenen Danny Exnar das Zweipersonenstück «Dienstags bei Morrie» auf die Bühne bringen.
Anfang vergangenen Jahres führte es das Oberbaselbieter Duo erstmals auf und landete mit der Geschichte des sterbenskranken Professors Morrie Schwartz und seines Lieblingsstudenten Mitch Albom einen Publikumsrenner. Deshalb wurde das Stück im vergangenen Herbst erneut ins Programm genommen. Nun drittet sich, was sich gezweit hat. Und für alle, die hinterher noch mehr von Brauer sehen und hören wollen, gibt der Vorleser mit der markanten Stimme dort zwei Tage später noch einen musikalisch umrahmten Leseabend mit satirischen Texten von Ringelnatz, Kästner und so weiter.
Das ist der Saisonvorschau des Hauses zu entnehmen, in dem der Böckter längst zum Inventar – oder in der Theatersprache zu den Requisiten – zählt. Vor 15 Jahren etwa spielte er hier in «Warten auf Godot», ebenfalls ein Zweipersonen-Stück. Und sein Debüt liegt sogar 71 Jahre zurück. Damals spielte er in «O Wildnis» von Eugen O’Neill für eine Abendgage von 5 D-Mark.
Der wohl grösste Unterschied zu den Auftritten im vergangenen Kalenderjahr in seinem Heimtheater nahe der Aussenalster liegt in seinem Alter. Am Donnerstag feiert er in Böckten mit seiner Frau, der Malerin und Bühnenbildnerin Lilot Hegi, seinen 90. Geburtstag und wird damit im November als 90-Jähriger das, es sei wiederholt, Zweipersonenstück auf die Bretter bringen. Das Bühnenbild stammt von Lilot Hegi – also ganz viel Oberbaselbiet am Friedrich-Schütter-Platz 1. Der Erfolg liegt zum einen am beklemmenden, berühmten Stück, und zum anderen an der Popularität, die Brauer als langjähriger Theaterschauspieler und ehemaliger «Tatort»-Kommissar Brockmöller nicht nur in der Hansestadt noch immer geniesst. Bei seiner stattlichen Zahl von Film- und Bühnenrollen tut man ihm unrecht, ihn auf den «Brocki» und die «swingenden Cops» mit Manfred Krug zu reduzieren, auch wenn er ihr seine Bekanntheit verdankt.
Erste Rolle kurz nach Weltkrieg
Wer seine vor zwei Jahren erschienene Autobiografie «Die blaue Mütze» als Schlussstrich unter sein langes Wirken auf der Bühne und vor den Kameras interpretierte, lag völlig falsch. Munter steuert er auf sein 80-Jahre-Jubiläum als Schauspieler zu, nachdem er 1946 mit seiner ersten Rolle im Nachkriegsfilm «Jenseits von Berlin» debütiert hat. Ein Filmemacher war im zerbombten Berlin auf den «Steppke» mit der blauen Mütze aufmerksam geworden, wie Brauer es auf der ersten Seite seines Buchs schildert.
Am vergangenen 13. September wurde dem Oberbaselbieter für sein langes Wirken und für seine Vielseitigkeit, zu der auch das Einlesen von Hörbüchern zählt, zudem der Ehrenpreis des Deutschen Schauspielpreises verliehen. Er stuft diese Auszeichnung sehr hoch ein, da sie von Berufskolleginnen und -kollegen verliehen werde, sagt er. Aber eben: Das mit dem Ausruhen auf den Lorbeeren, das muss noch warten.