Klassik-Orchester im Tanzrausch
Unter der Leitung von Dirigent Raphael Ilg präsentierte das Orchester Gelterkinden in Sissach und Gelterkinden sein Sommerkonzert. Gespielt wurden Werke von Camille Saint-Saëns, Maurice Ravel, Arturo Márquez und Dmitri Schostakowitsch. Ein ...
Klassik-Orchester im Tanzrausch
Unter der Leitung von Dirigent Raphael Ilg präsentierte das Orchester Gelterkinden in Sissach und Gelterkinden sein Sommerkonzert. Gespielt wurden Werke von Camille Saint-Saëns, Maurice Ravel, Arturo Márquez und Dmitri Schostakowitsch. Ein gewagtes, aber originelles Programm.
Ueli Gisi
Unheilvoll und gespenstisch zupften die Harfe und tiefen Streicher den Beginn des Konzerts des Sinfonieorchesters Gelterkinden am Sonntagabend, bevor die schrille Geige mit punktierten, schrägen Dreiklängen den Totentanz ankündete. Mit dem «Danse Macabre» von Camille Saint-Saëns setzte das Orchester ein erstes Ausrufzeichen. Und mächtig spielte das Orchester dann den Moll-Walzer mit der absteigenden Kantilene, typisch für Gespensterreigen, wie sie erstmals von Michail Glinka in der Walzer-Fantasie, dann von Joachim Raff in seiner 10. Sinfonie und später von Dmitri Schostakowitsch im Walzer der Jazz-Suite ähnlich komponiert wurden.
Auf dem französischen Friedhof dürfte die Musik nicht mit so viel Hall ertönt sein wie in der Baselbieter Kirche, an den man sich als Zuhörer zunächst gewöhnen musste. Besonders sonor kamen die Posaunen zur Geltung, die Präzision hätte hingegen etwas besser sein können. Der Totentanz versank schliesslich im Nichts der nebligen Nacht.
Farbtupfer von Harfe und Bläsern
Maurice Ravels «Pavane pour une infante défunte» ist ein feierlich geschrittener Tanz, der einen wohltuenden, meditativen Gegensatz zum vorherigen Werk bildete. Gelungene Farbtupfer trugen vor allem die Harfenistin und die Holzbläser bei. Von der französischen Klangwelt führte der seit dieser Saison amtierende Dirigent Raphael Ilg das Orchester in die Karibik zu mexikanischen, folkloristischen Rhythmen mit dem «Danzón Nr. 2» von Arturo Márquez.
In den fünf unterschiedlich gearteten Teilen kamen einzelne Instrumente wie die Klarinette und Oboe, das Piccolo, die Trompete und das Klavier wunderbar zur Geltung. Ein jubelnder Applaus belohnte die grosse Orchesterleistung und das feurige Dirigat.
Nach der Pause interpretierte das Orchester acht Sätze aus der Suite zum Film «Die Hornisse» von Dmitri Schostakowitsch. Das Werk ist wohl nicht gerade Schostakowitschs beste Komposition, liess er sich doch im Kontratanz vom barocken Komponisten Pergolesi – zwar mit eigenen Verfremdungen – «inspirieren», im Nocturne von Sibelius’ «Schwan von Tuonela» – mit einem wunderbaren Cello-Solo – und in der abschliessenden, düsteren Szene in auffälliger Weise von Tschaikowskys berühmtem Schwanensee-Thema.
Die massive Orchestrierung in der Ouvertüre, im Volksfest und dem Galopp waren klangtechnisch nicht nur für die Geigerinnen, sondern auch für manchen Zuhörer eine arge Herausforderung. In der langsamen, lyrischen Moll-Introduktion mit tiefen Streichern zu Harfenbegleitung konnte man sich etwa eine weite Landschaft vorstellen. Das bekannteste Stück der Suite, die Romanze mit dem wunderschönen Violinsolo, wurde leider nicht ins Programm aufgenommen, es hätte zwei der lauten Sätze wohltuend ersetzen können.
Nach dem verdienten grossen Applaus wurde als Zugabe Ravels «Boléro» in etwas gekürzter Form gespielt, eine gelungene Interpretation mit vielen schönen Soli. Es ist dem Orchester hoch anzurechnen, ein gewagtes, aber originelles Programm zum Besten gegeben zu haben.