Geschichte einer Partei, die sich treu bleibt
25.07.2025 BaselbietDie SVP feiert ihr 100-Jahre-Jubiläum mit einem Fest auf dem Oberbölchen
Vor 100 Jahren wurde die Vorgängerpartei der heutigen SVP Baselland gegründet. Heute ist die SVP die wählerstärkste Partei im Kanton. Auf ihrem Weg dorthin wurde die Partei von ...
Die SVP feiert ihr 100-Jahre-Jubiläum mit einem Fest auf dem Oberbölchen
Vor 100 Jahren wurde die Vorgängerpartei der heutigen SVP Baselland gegründet. Heute ist die SVP die wählerstärkste Partei im Kanton. Auf ihrem Weg dorthin wurde die Partei von zahlreichen Oberbaselbietern geprägt. Ein Blick zurück – und nach vorn.
Thomas Weber
Am 9. August 1925 wurde in Sissach die Oberbaselbieter Bauernpartei gegründet. Ebenfalls 1925 entstand eine weitere politische Gruppierung im Kanton, die den Bauernstand ansprach: Die Bauern-, Gewerbe und Bürgerpartei des Unterbaselbiets. Aus diesen Vorläufern gingen 1939 die Baselbieter Bauernpartei, 1948 die Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei, 1970 die Bürger-, Gewerbe- und Bauernpartei (BGB) und 1976 die Schweizerische Volkspartei Baselland (SVP) hervor.
Als Vertreterin des Mittelstands verstand sich die Partei bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus als Gruppierung des politischen Zentrums, der sogenannten Mittelgruppen, in einer Stellung zwischen dem internationalistischen Klassenkampf auf der linken und den Positionen der kapitalstarken industriellen Wirtschaft auf der rechten Seite. Die junge Partei war von Beginn an im Landrat vertreten. Der Kampf gegen die Wiedervereinigung mit Basel-Stadt und damit für das selbstständige Baselbiet war der BGB/SVP stets ein sehr wichtiges Anliegen.
Zwischen 1925 und 2000 stellte die Partei die vier Nationalräte Adolf Ast (Niederdorf), Walter Degen (Sissach), Hans-Rudolf Nebiker (Diegten) und Caspar Baader (Gelterkinden) sowie die fünf Regierungsräte Hans Fischer (Itingen), Max Kaufmann (Hemmiken), Paul Manz (Rothenfluh), Werner Spitteler (Bennwil) und Erich Straumann (Wintersingen). Nach dem Jahr 2000 in den Nationalrat gewählt wurden Christian Miesch (Titterten), Thomas de Courten (Rünenberg) und Sandra Sollberger (Bubendorf), in den Regierungsrat Jörg Krähenbühl (Reinach) und Thomas Weber (Buus).
«Masslosigkeit schadet»
Die SVP Baselland ist als Kantonalsektion der Schweizerischen Volkspartei eng mit der Mutterpartei verbunden. Nach der Jahrtausendwende hat sich die SVP schweizweit noch stärker auf ihre Kernthemen fokussiert. Das zugrunde liegende Schlüsselereignis war zweifellos die hart umkämpfte Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 über den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Die SVP stand damals allein gegen alle anderen Parteien, gegen die grossen Verbände und gegen die Medien, doch sie gewann die Abstimmung. Fortan waren der Auftrag und die strategischen Schwerpunkte der Partei eindeutig: «Direkte Demokratie, Föderalismus und bewaffnete Neutralität – kein EU-Beitritt – keine neuen Steuern, Gebühren und Abgaben».
Ab den 2010er-Jahren wurde der Einsatz für die Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung immer wichtiger. Unter dem nach wie vor gültigen Slogan «Masslosigkeit schadet» führte die SVP landesweit den Abstimmungskampf gegen die Masseneinwanderung und gewann auch diesen. Seit 2014 ist der Zuwanderungsartikel in der Bundesverfassung verankert. Weil dieser bislang noch nicht umgesetzt ist, bleibt der Auftrag an die Partei unvermindert aktuell.
Nationalrat Caspar Baader nahm zwischen 2001 und 2012 als Präsident der SVP-Fraktion in der Bundesversammlung eine Schlüsselrolle auf eidgenössischer Ebene ein. Als national bekannter Exponent der Baselbieter Kantonalpartei führte er die grösste Bundeshausfraktion straff zu zahlreichen politischen Erfolgen. Seit 2003 hält die SVP Baselland zwei Nationalratssitze, die aufgrund der Wählerstärke der Partei unbestritten sind. Schwerer haben es, und dies gilt schweizweit, Ständeratskandidaturen der SVP: Weder Erich Straumann (2007) noch Caspar Baader (2011) wurden in die kleine Kammer gewählt.
Neue Wählerschichten
Die SVP Baselland richtet sich in den übergeordneten Kernthemen nach dem nationalen Parteiprogramm und setzt dieses auf kantonaler Ebene sinngemäss um. Eine übersichtliche Strategiekarte dient, mit jeweils geringfügigen Anpassungen an die aktuellen Gegebenheiten, als Richtschnur für Kandidierende, Parteigremien und Gewählte.
Die SVP vertritt bürgerliche Positionen, hinter denen seit der Jahrtausendwende zwar zu Teilen weiterhin auch die FDP und die CVP/«Mitte» stehen, jedoch tut die SVP dies konsequent. Der Stimmenzuwachs zeigt, dass sie sich damit auf dem richtigen Weg befindet. Im demokratischen politischen Spektrum steht die ehemalige BGB als freiheitlich-konservative Partei heute am weitesten rechts.
Aufschlussreich ist der Vergleich dieser Positionierung mit der Zuordnung zu den «Bauern und Mittelgruppen» in der Jubiläumsschrift zum 75-jährigen Bestehen der Partei. Daraus lässt sich folgern, dass sich das gesamte Spektrum nach links verschoben hat, denn die SVP vertritt nach wie vor bäuerliche und gewerbliche bürgerliche Anliegen. Sie hat jedoch in den vergangenen 25 Jahren neue Wählerschichten dazugewonnen, insbesondere in den Bezirken Arlesheim und Laufen.
Arbeiter und Angestellte, selbst solche, die früher die SP wählten, wandten sich der SVP zu. Während die Wählerschaft der Linksparteien heute zu grossen Teilen aus akademisch gebildeten Angestellten des Staates oder staatsnaher Betriebe stammt, schenken deutlich mehr Personen mit niedrigem Einkommen und Vermögen der SVP ihr Vertrauen, ebenso zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer, die früher die FDP bevorzugten.
Parteichefs formten die SVP
Die Kantonalpräsidenten seit dem Jahr 2000 haben alle mit ihrer Persönlichkeit die Partei auf ihre Weise geprägt. Bei der Wahl der jeweiligen Nachfolger standen der Partei, die ihre Organe basisdemokratisch durch die Mehrheit der anwesenden Mitglieder bestimmt, in der Regel zwei valable Kandidaten zur Auswahl. Der Kantonalpräsident der Jahrtausendwende, der aus dem Aargau stammende Füllinsdörfer Geometer und Milizoberst Karl Willimann, prägte den Aufbau der Kantonalpartei mit seinem geradlinigen, unverkennbaren SVP-Stil während der Jahre 1994 bis 2004 nach dem Zürcher Vorbild.
Sein Nachfolger, der Bauingenieur und Generalstabsoberst Thomas Weber aus Buus, präsidierte die Partei aus beruflichen Gründen nur für eine kurze Zeit, in der er die Führungsstruktur erneuerte und vermehrt auch Öffentlichkeitsarbeit leistete. Sein Nachfolger, der Gelterkinder Unternehmer Dieter Spiess, nahm das Präsidium zwischen 2005 und 2012 wie seine beiden Vorgänger von ausserhalb des Landrats wahr und verhalf der Partei mit seinem dynamischen Führungs- und Kommunikationsstil zu einer hohen Präsenz in den Medien.
Oskar Kämpfer, der aus dem Kanton Solothurn stammende Therwiler Maschineningenieur und Unternehmer, führte die Partei als Landrat und brachte so die Parteileitung und die Fraktion näher zusammen. Unter seiner Führung wurde die Zusammenarbeit mit der FDP und der CVP intensiviert. Der erfolgreiche Wiedereinzug in den Regierungsrat 2013 beruhte unter anderem auf dem bürgerlichen Schulterschluss. Nach dem gesundheitlich bedingten Rücktritt Kämpfers übernahm 2019 der Unternehmer und frühere Fraktionspräsident Dominik Straumann aus Muttenz das Kantonalpräsidium. In seinen rund fünf Jahren verbreiterte er die Parteileitung und investierte vermehrt in die elektronischen Kommunikationskanäle.
Kurz nach dem Beginn der Legislaturperiode 2023–2027 zeichneten sich Spannungen innerhalb der Fraktion sowie zwischen der Parteileitung und der Fraktion ab. Dies thematisierten bald auch die regionalen Medien ausführlich. Im April 2024 hatte die Generalversammlung in Aesch dann erneut die Wahl zwischen zwei Kandidaten, dem langjährigen Vizepräsidenten Johannes Sutter, Gemeindepräsident von Arboldswil, und dem bisherigen Fraktionspräsidenten, Landrat Peter Riebli aus Buckten. Der gebürtige Obwaldner und Chemiker Riebli obsiegte klar. Die Partei ging gestärkt aus dieser denkwürdigen Ausmarchung hervor und stellt sich geeint den politischen Herausforderungen der Gegenwart.
Regierungsräte und ihre Erfolge
Die Landratsfraktion präsidierten zwischen 2000 und 2025 Hans Schäublin (Pratteln), Thomas de Courten (Rünenberg), Dominik Straumann (Muttenz), Andi Trüssel (Frenkendorf), Peter Riebli (Buckten) und Markus Graf (Maisprach). Für die interne Organisation besteht ein Fraktionsreglement. Das Präsidium und zwei Vizepräsidien bilden die Fraktionsleitung. Das Fraktionspräsidium gehört dem Büro der Parteileitung an, dem innersten Führungsgremium der Kantonalpartei. Es zeigte sich mehrfach, dass die enge Verzahnung zwischen Fraktion und Parteileitung für den politischen Erfolg unabdingbar ist.
Meist war die SVP auch nach dem Jahr 2000 im Baselbieter Regierungsrat vertreten. Erich Straumann leitete bis 2007 die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion. In seine Zeit fallen wichtige gemeinsame Projekte mit dem Kanton Basel-Stadt wie die Zusammenführung der Schweizerischen Rheinhäfen oder der Bau des Universitätskinderspitals beider Basel.
Sein Nachfolger Jörg Krähenbühl führte anschliessend während vier Jahren erfolgreich die Bau- und Umweltschutzdirektion. 2011 erreichte er in der Wahl zwar das absolute Mehr, schied aber mit dem sechsten Rang als überzählig aus. Der fünfte Sitz ging an die nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima Aufwind verspürenden Grünen.
Nach zwei Jahren in der Opposition gewann die SVP 2013 mit Thomas Weber ihren Regierungssitz zurück. Obwohl als Aussenseiter angetreten – sein Gegenkandidat aus der SP war amtierender Nationalrat – gewann der SVP-Kandidat die Wahl, auch dank des Verzichts der FDP auf einen zweiten Sitz und der breit abgestützten bürgerlichen Kampagne. Thomas Weber führte während zehn Jahren die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion, die er zunächst neu organisierte. Der gemeinsame Gesundheitsraum mit Basel-Stadt, die Standortförderung Baselland sowie die Stärkung der Baselbieter Land- und Waldwirtschaft zählten zu seinen wichtigsten Projekten. Der Beginn der 2020er-Jahre war durch die Covid-19-Pandemie geprägt, während der er die kantonale Krisenbewältigung massgeblich mitprägte.
2023 konnte die Partei ihren Regierungssitz nicht verteidigen. Es zeigte sich einmal mehr, dass die Baselbieter Bevölkerung anders als in den Nachbarkantonen die Wahl profilierter Mitglieder des Nationalrats in den Regierungsrat ablehnt: Sandra Sollberger verpasste trotz Erreichens des absoluten Mehrs die Wahl. Gleiches war 2019 bereits Thomas de Courten widerfahren, damals als zweiter Kandidat der SVP. Auch die SP versuchte in den vergangenen Jahrzehnten zweimal erfolglos, ein bekanntes Mitglied des Nationalrats in die Baselbieter Regierung zu bringen.
Blick in die Sektionen
Die Kantonalpartei besteht aus rund 20 Ortssektionen, der Jungen SVP und den SVP-Frauen. Nach Neugründungen von Sektionen in den Bezirken Arlesheim und Laufen zu Beginn des Jahrhunderts schliessen sich in jüngster Zeit Sektionen zusammen und decken vermehrt ganze Talschaften oder Wahlkreise ab. Wie bei anderen ehrenamtlichen Organisationen wird es zusehends schwieriger, die Vorstandsfunktionen zu besetzen. Zwar engagieren sich viele junge Parteimitglieder stark, jedoch lassen sich immer weniger 30bis 50-Jährige für die Basisarbeit in den Sektionen begeistern. Letztlich entscheidend für den politischen Erfolg ist indessen, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung, besonders auch Frauen und Junge, im Sinne der SVP wählt und abstimmt.
Stetig an Bedeutung gewonnen haben die digitalen Medien und Prozesse. Erfolgte vor 25 Jahren die Kommunikation hauptsächlich noch per Briefpost und Festnetztelefon, kamen durch E-Mail-Verkehr, Internetauftritt und Soziale Medien neue Informationsmittel zum Einsatz. Der schweizweit einheitliche optische Auftritt der Partei trägt zum Wiedererkennungswert der «Marke SVP» bei. Auch wenn Routinesitzungen inzwischen per Videokonferenz abgehalten werden können, geht nichts über den persönlichen Kontakt zwischen den Parteimitgliedern, der mit Parteitagen, Standaktionen und den Sessionsrapporten «SVP bi de Lüt» aktiv gepflegt wird. Die Themen der Partei bewegen die Bevölkerung, und ihr Einsatz wird als wichtig erkannt. Die SVP Baselland blickt darum mit Zuversicht in die Zukunft.
Thomas Weber (64, SVP) war von 2013 bis 2023 Regierungsrat und als solcher Vorsteher der Volkswirtschaftsund Gesundheitsdirektion des Kantons Baselland. Weber ist verheiratet, hat drei erwachsene Söhne und lebt in Buus.
Die 100-Jahre-Feier der SVP Baselland ist zugleich eine Bundesfeier. Restaurant Oberbölchen, Eptingen, 1. August, ab 17 Uhr. Festredner ist unter anderen Bundesrat Albert Rösti (SVP).