Gemeinden unter Zugzwang
18.12.2025 BaselbietRegierungsrat will Eltern bei Kita-Kosten entlasten – mit Bedingungen
Die Baselbieter Regierung will Eltern mit einem Beitrag zu den Kita-Kosten entlasten. Profitieren sollen jedoch nur Familien, deren Wohngemeinde bestimmte Vorgaben erfüllt. Der Gemeindeverband steht diesem ...
Regierungsrat will Eltern bei Kita-Kosten entlasten – mit Bedingungen
Die Baselbieter Regierung will Eltern mit einem Beitrag zu den Kita-Kosten entlasten. Profitieren sollen jedoch nur Familien, deren Wohngemeinde bestimmte Vorgaben erfüllt. Der Gemeindeverband steht diesem Vorhaben kritisch gegenüber.
vs. Ob Kita, Tagesschule oder Tagesfamilie: Für viele Familien im Baselbiet ist externe Kinderbetreuung ein grosser Kostenblock oder nicht lohnenswert. Genau hier setzt die im Jahr 2021 zustande gekommene SP-Initiative für eine kostenlose Kinderbetreuung an. Das Begehren hätte jedoch hohe Kosten für den Kanton zur Folge, die dieser kaum tragen kann.
Im Auftrag des Landrats und nach langem Ringen mit den Gemeinden hat der Regierungsrat nun (endlich) einen Gegenvorschlag präsentiert, mit dem er die Initiative vor dem Stimmvolk bodigen will. Anstelle einer vollständig kostenlosen Betreuung schlägt der Regierungsrat ein neues Finanzierungsmodell vor, das Familien ebenfalls wesentlich entlasten soll. Die entsprechende Vorlage wurde gestern veröffentlicht.
Kern des Gegenvorschlags ist ein kantonaler Sockelbeitrag von 25 Prozent an die Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung. Dieser soll unabhängig vom Einkommen der Eltern ausgerichtet werden und für Kinder ab drei Monaten gelten. Erfasst sind Kitas, Tagesfamilien sowie schulergänzende Angebote. Damit würde der Kanton erstmals einen namhaften Teil der Betreuungskosten direkt übernehmen. Heute tragen Eltern im Baselbiet die Kosten für die externe Kinderbetreuung grösstenteils selbst.
Neben dem kantonalen Sockelbeitrag sind die Gemeinden weiterhin für einkommensabhängige Subventionen zuständig. Dadurch sollen Familien mit tiefen und mittleren Einkommen zusätzlich entlastet werden. Der Gegenvorschlag sieht vor, dass die Gemeinden Betreuungskosten mindestens bis in den Mittelstand hinein subventionieren. Zudem sollen sozial abgestufte Tarife verhindern, dass geringe Lohnerhöhungen zu plötzlich massiv höheren Betreuungskosten führen. Solche sogenannten Schwelleneffekte gelten als einer der Hauptgründe, weshalb sich Arbeitengehen für Eltern häufig nicht lohnt.
Der kantonale Beitrag ist jedoch an klare Bedingungen geknüpft. Familien erhalten den Sockelbeitrag nur, wenn ihre Wohngemeinde bestimmte, gesetzlich festgelegte Eckwerte einhält. Genau hier beginnt der politische Streit. Der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) kritisiert, dass der Kanton seine Beiträge an Vorgaben knüpft und somit indirekt in die kommunale Zuständigkeit eingreift. Aus Sicht der Gemeinden steht die Gemeindeautonomie auf dem Spiel.
Der Regierungsrat hält dagegen, dass ohne verbindliche Mindeststandards weder faire Bedingungen für Familien noch eine kantonsweit vergleichbare Entlastung erreicht werden können. Gleichzeitig möchte er die Gemeindeautonomie nicht vollständig aushebeln. Deshalb verzichtet er darauf, die Eckwerte direkt im Gesetz für alle Gemeinden verbindlich festzuschreiben.
Stattdessen setzt der Kanton auf ein Anreizsystem: Gemeinden erhalten den kantonalen Sockelbeitrag nur dann, wenn sie ihre eigenen Subventionsreglemente an die kantonalen Vorgaben anpassen. Gemeinden, die dies nicht tun, erhalten keinen Kantonsbeitrag und können somit auch keine Gelder an die Familien weitergeben.
Der Regierungsrat nimmt damit in Kauf, dass Familien je nach Wohnort unterschiedlich stark profitieren. Während Eltern in Gemeinden mit angepassten Reglementen spürbar entlastet würden, könnten Familien in anderen Gemeinden weniger Geld erhalten oder sogar leer ausgehen. Genau diese mögliche Ungleichbehandlung ist politisch umstritten und wird im Landrat wohl noch zu Diskussionen führen.
Nutzen sei grösser als Kosten
Neben der finanziellen Entlastung sieht der Gegenvorschlag auch Investitionen in die Qualität der Kinderbetreuung vor. So sind Mittel für bessere Arbeitsbedingungen in Kitas und Tagesstrukturen, für die Ausbildung von Fachpersonal sowie für die Betreuung von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf vorgesehen. Diese Mehrkosten soll grösstenteils der Kanton tragen. Zudem will er, dass öffentliche Schulen künftig auch als Tagesschulen geführt werden können (siehe Nachricht auf Seite 21).
Trotz jährlicher Mehrausgaben von rund 35 Millionen Franken für den Kanton durch den Gegenvorschlag argumentiert die Regierung mit langfristigen Vorteilen: Eine günstigere Kinderbetreuung würde die Erwerbstätigkeit, insbesondere von Müttern, erhöhen, den Arbeitsmarkt stärken und langfristig zu höheren Steuereinnahmen führen. Bereits nach etwa 15 Jahren könnten die volkswirtschaftlichen Erträge die Kosten übersteigen. Nun liegt die Vorlage beim Landrat respektive der zuständigen Kommission.

