Gemeindeinitia tive kommt zustande
28.05.2024 BaselbietSieben Gemeinden sagen Ja – fünf Abstimmungen stehen noch an
Die «Wählbarkeits-Initiative» aus der Feder des Anwiler Gemeinderats soll es den Gemeinden ermöglichen, Ausländer und Ausländerinnen mit Niederlassungsbewilligung zur Wahl in die ...
Sieben Gemeinden sagen Ja – fünf Abstimmungen stehen noch an
Die «Wählbarkeits-Initiative» aus der Feder des Anwiler Gemeinderats soll es den Gemeinden ermöglichen, Ausländer und Ausländerinnen mit Niederlassungsbewilligung zur Wahl in die Sozialhilfebehörde und den Schulrat zuzulassen. Mindestens sieben Gemeinden wollen, dass der Landrat die Verfassung ändert.
Nikolaos Schär
Geht es nach der «Wählbarkeitsinitiative», die der Anwiler Gemeinderat lanciert hat, soll es in Zukunft möglich sein, Einwohner und Einwohnerinnen ohne Schweizer Bürgerrecht (C-Ausweis) in die Sozialhilfebehörden und Schulräte der Gemeinden zu wählen. Laut Kantonsverfassung kann ein Begehren, das von mindestens fünf Gemeinden unterstützt wird, dem Landrat als Initiative vorgelegt werden, der eine Verfassungsänderung ausarbeiten und darüber entscheiden muss. Das endgültige Votum liegt beim Stimmvolk.
12 der 86 Gemeinderäte im Baselbiet haben sich bereit erklärt, die Initiative ihren Gemeindeversammlungen zur Abstimmung vorzulegen. In sieben Gemeinden wurde das Begehren bislang angenommen, was bedeutet, dass die Initiative zustande kommt. Aus Respekt vor den in noch fünf Gemeinden ausstehenden Entscheidungen wird der Vorstoss erst nach der letzten Abstimmung vom 26. Juni in Känerkinden der Landeskanzlei zur formalen Prüfung übergeben, sagt die Anwiler Gemeinderätin Petra Huth.
Seit längerer Zeit besteht laut Huth vor allem in kleineren Gemeinden das Problem, genügend geeignete Personen für ein kommunales Amt zu finden. Schon mehrmals habe es Kandidaten und Kandidatinnen gegeben, die geeignet und gewillt waren, jedoch nicht im Besitz eines Schweizer Passes und deshalb nicht wählbar sind. Es gebe gute Gründe, warum sich Einwohner und Einwohnerinnen mit dem C-Ausweis nicht einbürgern lassen wollen, sich aber dennoch in ihrer Wohngemeinde engagieren möchten. Sie nicht in den Kreis der Wählbaren aufzunehmen, sei in Anbetracht des Mangels an Kandidaten und Kandidatinnen nicht sehr pragmatisch. Des Weiteren sei es wenig sinnvoll, dass Eltern, die den Schweizer Pass nicht besitzen, an Schulen ihrer Kinder nicht mitentscheiden dürfen, erläutert die Gemeinderätin.
Parlament muss reagieren
Ursprünglich sei eine Petition geplant gewesen. Doch diese hätte vom Landrat zu einfach abgelehnt werden können, sagt Huth. Das Instrument der Gemeindeinitiative sei eher bindend. Nimmt der Landrat das Anliegen aus den Gemeinden nicht auf, würde das Stimmvolk darüber entscheiden, ob das Parlament dazu verpflichtet wird, eine Verfassungsänderung auszuarbeiten, so Huth weiter.
Der Gefahr, dass die laut Huth «bedürfnisorientierte Initiative» zu einem politischen Anliegen hochstilisiert wird, entgegnet die Anwiler Gemeinderätin folgendermassen: «Es ist nicht unser Ziel, dass das Anliegen in einem Links-Rechts-Schema ideologisiert wird!» Deswegen wurde das Vorhaben bewusst niederschwellig formuliert. Kommt es zur Verfassungsänderung, bleibt es den Gemeinden vorbehalten, ob sie vom Recht Gebrauch machen wollen, Ausländer und Ausländerinnen für die genannten Behörden zur Wahl zuzulassen. Ausserdem dürfen die Gemeinden selbst bestimmen, wie lange allfällige Kandidaten und Kandidatinnen in der Gemeinde wohnhaft sein müssen, um wählbar zu sein. Die Freiwilligkeit ist Huth wichtig.
Die Idee, Ausländer und Ausländerinnen mit Niederlassungsbewilligung das passive Wahlrecht auf Gemeindeebene zuzugestehen, ist nicht neu. In der Deutschschweiz ist dies in den Kantonen Basel-Stadt, Appenzell Ausserrhoden und Graubünden bereits heute möglich. In beiden letztgenannten Kantonen machen rund 25 Prozent der Gemeinden davon Gebrauch – im Kanton Basel-Stadt bisher keine.
Ein wichtiges Ziel der Initiative ist laut Huth, ein wenig Druck aus dem Milizsystem zu nehmen. Zwar sei die Situation im Baselbiet nicht so dramatisch wie in anderen Kantonen, wo Gemeindefusionen gängige Praxis seien, dennoch sei es sinnvoll, mit kleinen Lösungen den Mangel an Kandidaten und Kandidatinnen im Milizsystem anzugehen.
Ob der Landrat dies ähnlich sieht, wird sich zeigen. Doch laut Huth zeigt die Zusammensetzung der unterstützenden Gemeinden, die mit Bottmingen und Binningen auch aus grossen Unterbaselbieter Gemeinden und nicht nur aus Dörfern aus dem Oberbaselbiet besteht, dass mit der «Wählbarkeitsinitiative» ein breites Bedürfnis nach einer Erweiterung des Kandidatenfeldes vorhanden ist.