Gelterkinden rückt Sissach immer näher
09.05.2025 BaselbietProzentual wächst keine Gemeinde so stark wie Diepflingen
ist im vergangenen Jahr gleich um 153 Personen gewachsen und begrüsst dieser Tage seinen 6500. Einwohner. Nach einem Schub im Vorjahr büsst hingegen der Bezirk Waldenburg an Bevölkerung ein.
...Prozentual wächst keine Gemeinde so stark wie Diepflingen
ist im vergangenen Jahr gleich um 153 Personen gewachsen und begrüsst dieser Tage seinen 6500. Einwohner. Nach einem Schub im Vorjahr büsst hingegen der Bezirk Waldenburg an Bevölkerung ein.
Jürg Gohl
Werfen wir den Blick 20 Jahre zurück: Ende 2004 zählte Gelterkinden 5581 Einwohnerinnen und Einwohner und lag damit nur um 48 Personen hinter Sissach. Während danach der Bezirkshauptort in eine starke Wachstumsphase einschwenkte und 10 Jahre später fast 600 Personen mehr als Gelterkinden zählte, wuchs die östlichere Oberbaselbieter Zentrumsgemeinde nur noch moderat.
Doch nun holt Gelterkinden gemäss der kantonalen Bevölkerungsstatistik, die kürzlich erschienen ist, mit einem mächtigen Schritt auf. Netto, also Zuzüger minus Wegzüger, legte Gelterkinden 2024 gleich um 154 Personen zu. Nur vier deutlich grössere Gemeinden im Baselbiet vermelden ein höheres Plus: Reinach – mit 415 zusätzlichen Einwohnern wie im Vorjahr die Nummer 1 des Kantons –, Aesch (+405), Binningen (+368) und Liestal (+224). Sissach verbesserte sich nach einem leichten Minus im Jahr 2023 um 33 Personen (0,5 Prozent). Gelterkinden liegt damit nur noch um 452 Personen zurück.
In erster Linie ist dieser Zuwachs auf das Quartier «Bleichi» zurückzuführen. Auf dem ehemaligen Tennisplatz sind 67 Wohnungen entstanden. Das erklärt grob zwei Drittel des Zuwachses. «Aber nicht nur», sagt Theres Fuchs, die Leiterin der Gelterkinder Einwohnerdienste, und nennt als Beispiel ein altes Einfamilienhaus mit riesigem Umschwung, das von einer alleinstehenden Frau bewohnt worden ist. Entstanden sind dort inzwischen 12 Reiheneinfamilienhäuser. Auch das zieht einen Zuwachs nach sich.
Zudem beobachtet die stellvertretende Gemeindeverwalterin die Tendenz, dass immer mehr ältere Paare ihre Einfamilienhäuser in umliegenden Gemeinden verlassen, um in Gelterkinden eine altersgerechte Wohnung zu beziehen und von den Vorzügen der Zentrumsgemeinde zu profitieren. Dazu gehören die gesundheitliche Versorgung, die Einkaufsmöglichkeiten, der öffentliche Verkehr und die Kultur.
Stand vergangenem Montag fehlten noch 3 Zuzüger, bis die Gemeinde auf den 6500. Einwohner anstossen kann. «Vor genau 10 Jahren feierten wir die Nummer 6000», erinnert sich Fuchs, die davon überzeugt ist, dass sich die Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzt. Es befänden sich weitere Mehrfamilienhäuser im Bau oder zumindest in Planung.
Diepflingen ist kein Zufallssieger
Gemessen an der verhältnismässigen Zunahme der Einwohnerzahl muss Gelterkinden mit seinem Plus von 2,4 Prozent im «Volksstimme»-Gebiet allerdings gleich 6 kleineren Gemeinden den Vortritt lassen. Noch vor Arboldswil (3,9 Prozent) und Lupsingen (3,8 Prozent) verzeichnet der Gelterkinder Nachbar Diepflingen mit 4,5 Prozent den mit Abstand höchsten Zuwachs. Diepflingen zählte am 31. Dezember 842 Einwohnerinnen und Einwohner.
Wirken sich gerade bei kleineren Gemeinden in solchen Statistiken Zufälligkeiten stark aus, so darf Diepflingen für sich eine gewisse Konstanz in Anspruch nehmen. Blicken wir statt einem Jahr wiederum um 10 Jahre zurück, liegt Diepflingen mit 22,2 Prozent Wachstum an der Spitze, und im Vergleich zum Jahr 2004 belegt die «Republik Diepflike» hinter Kilchberg (70,1 Prozent) mit einer Zunahme von 59,5 Prozent den zweiten Platz.
Überraschend kommt die Nachricht vom aktuellen Spitzenrang für den Gemeinderat nicht. «Wir wissen schliesslich über die Bauvorhaben und ihren Stand Bescheid», sagt Gemeindepräsidentin Stefanie Orlandi. 2024 wurden eine Überbauung mit 14 Terrassenwohnungen, das grösste Wohnprojekt in ihrer bisherigen Amtszeit, sowie weitere Einfamilienhäuser realisiert. Zudem machen die Schulen, die ÖV-Anbindung und die Nähe zur Zentrumsgemeinde Sissach Diepflingen attraktiv. Dem kann auch ein hoher Steuerfuss – er liegt bei 65 Prozent – nichts anhaben.
Darüber hinaus lege die Gemeinde viel Wert darauf, Zuzügerinnen und Zuzüger ins Dorfleben zu integrieren, sagt Stefanie Orlandi, nicht zuletzt auch mit dem Gedanken, diese für politische Aufgaben im Dorf zu gewinnen. Als am vergangenen Wochenende der ausgebaute und auf zwei Tage verlängerte «Diepfliker Märt» abgehalten wurde, war dieser trotz mässigem Wetter gut besucht. «Und es waren viele neue Einwohner anzutreffen», hält die Gemeindepräsidentin fest.
Dass Diepflingen bereits in den 15 Jahren davor bestens gedieh, ist unter anderem auf den Ausbau der Quartiere Pferch oberhalb der Hauensteinlinie, der Vordermatt und des Neuwegs zurückzuführen. Wachstum erfordere gerade im Raum-Management Flexibilität, stellt Orlandi fest, zählt man doch aktuell beinahe 100 Schülerinnen und Schüler. Da wird der Gemeinderat dieses Jahr etwas durchatmen können: Nach dem aussergewöhnlichen 2024 zeichnet sich für 2025 ein weit ruhigeres Jahr ab.
17 Gemeinden im Minus
Was die Bevölkerungsstatistik über das Oberbaselbiet auch noch verrät: Der Bezirk Sissach hat mit 1,04 Prozent klar am stärkten zugelegt, während der Bezirk Waldenburg – im Jahr 2023 mit 1,7 Prozent noch zuvorderst in dieser Rangliste – einen Rückgang um 0,16 Prozent erlebt. 27 der 86 Baselbieter Gemeinden verloren Einwohner – 17 von ihnen befinden sich im Oberbaselbiet (siehe unten).
Kilchberg, vor 10 Jahren noch die kleinste Gemeinde des Baselbiets, wuchs 2024 um weitere 4 Personen an und zählt neu 182 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit wird Liedertswil (152) noch stärker distanziert. Mit seinem Minus von 2 Personen büsste der «Tschoppenhof» wie die anderen Kleingemeinden ausser Kilchberg erneut Einwohner ein. Diese anderen sind: Häfelfingen (247, -5), Hemmiken (265, -3) und Nusshof (282, -4).