«Geht alles zu langsam»
30.11.2023 Verkehr, BaselbietOberbaselbiet | FDP-Landrat Stefan Degen fordert griffiges Verkehrskonzept
Parlamentarier jeglicher politischer Couleur fordern, dass die Baselbieter Regierung etwas gegen die Staus und überfüllten Züge im Oberbaselbiet unternimmt. Auslöser sind die ...
Oberbaselbiet | FDP-Landrat Stefan Degen fordert griffiges Verkehrskonzept
Parlamentarier jeglicher politischer Couleur fordern, dass die Baselbieter Regierung etwas gegen die Staus und überfüllten Züge im Oberbaselbiet unternimmt. Auslöser sind die seit Jahren überlasteten Verkehrswege zwischen Sissach und Gelterkinden.
Janis Erne
Wer in den Stosszeiten zwischen Sissach und Gelterkinden unterwegs ist, kennt die Problematik: Stau oder stockender Verkehr auf der Strasse, überfüllte Züge auf den Schienen. Das System stösst offenkundig an seine Grenzen. FDP-Landrat Stefan Degen spricht gar von einem «drohenden Verkehrskollaps». Der Gelterkinder setzt sich seit Jahren für bessere Verkehrsbedingungen im Ergolztal ein.
Heute Donnerstag entscheidet das Baselbieter Parlament, ob erneut ein entsprechender Vorstoss an die Regierung überwiesen wird. Dahinter stehen Stefan Degen, Peter Riebli (SVP), Sandra Strüby (SP) und die vor Kurzem zurückgetretene Laura Grazioli (Grüne). Sie fordern, dass ein «gesamtheitliches Verkehrskonzept» für das Oberbaselbiet ausgearbeitet wird. Strassen-, Velo- und öffentlicher Verkehr sollen also in gleichem Masse gefördert werden. «Es bringt nichts, die verschiedenen Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen», sagt Degen.
Das Thema betrifft ihn direkt: Er pendelt mehrmals die Woche zwischen Gelterkinden und Reinach. Dabei werde er jeweils im Chienbergtunnel und in Böckten ausgebremst, da es dort zu Staus kommt. Auch der Böckter Gemeindepräsident Elmar Gürtler spricht von einer «unbefriedigenden» Situation. Nicht nur wegen des Lärms – an Spitzentagen fahren mehr als 20 000 Autos durch Böckten. Auch würden einige Lenker auf Quartierstrassen ausweichen, wenn sich der Verkehr auf der Hauptstrasse staut.
Seit der Corona-Pandemie hat sich das Problem verschärft. Es hat eine Verlagerung vom öffentlichen Verkehr zum motorisierten Individualverkehr stattgefunden. Die Menschen steigen also vermehrt ins Auto und nutzen weniger den Zug oder den Bus. Das belegen Zahlen des Kantons. Der Tarifverbund Nordwestschweiz seinerseits erwartet, dass er im laufenden Jahr 7,5 Prozent weniger U-Abos verkaufen wird als noch vor der Pandemie. Ob sich der Abo-Verkauf irgendwann gänzlich erholen wird, bleibt abzuwarten.
Abbiegespur kommt später
Dem Kanton sind die Staus im Raum Sissach selbstredend bekannt. Er hat Gegenmassnahmen angekündigt. 2028 oder 2029 soll der Chienbergkreisel eine zweite Spur erhalten. Und bei der Schwarzen Brücke in Böckten soll eine separate Abbiegespur Richtung Thürnen realisiert werden, um Rückstaus zu verhindern. Auf Anfrage heisst es von der Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD), dass «mit der Realisierung der Abbiegespur 2025 oder 2026 gerechnet werden kann». Im Januar hatte BUD-Vorsteher Isaac Reber (Grüne) im Landrat noch von 2024 oder 2025 gesprochen.
Schliesslich ist geplant, auf der Hauptstrasse in Böckten einen Flüsterbelag einzubauen, um den Autolärm zu reduzieren. Wann die Bauarbeiten starten, kann die BUD noch nicht sagen. Dies, weil die Arbeiten mit der EBL koordiniert werden müssen, die eine Starkstromleitung von der Landi in Gelterkinden bis zum Chienbergtunnel plant.
Für Degen geht das alles zu langsam. Zudem gehen ihm die geplanten Massnahmen zu wenig weit: «Wir sollten auch einmal einen grossen Wurf wagen.» Bezogen auf die Situation in Böckten, denkt er an ein zusätzliches Bahngleis. Oder an eine Umfahrung: «Eine solche sollte zumindest geprüft werden», findet er. Generell: Der Baselbieter Regierung fehle der «Mut» und die «Weitsicht», so Degen. «In Verkehrsfragen verhält sie sich schon länger sehr passiv.»
Nicht nur versäume sie es oftmals, sich in Bundesbern für die Anliegen des Kantons einzusetzen. Auch sei ihre Strategie zur Förderung der Wirtschaft nicht zu Ende gedacht: «Neue Entwicklungsgebiete und Arbeitsplätze werden praktisch nur im unteren Kantonsteil geschaffen», sagt Degen. Das führe dazu, dass dort die Wohnungsmieten unter Druck kommen und viele Menschen ins Oberbaselbiet oder Laufental ziehen. «Der Ausbau der Verkehrswege hält mit dieser Entwicklung jedoch nicht Schritt», bemängelt er. Die Folgen davon seien Staus und überfüllte Züge im ganzen Kanton.