Für eine bessere medizinische Behandlungsqualität
25.04.2024 Bezirk LiestalMedizinische Forschungsarbeiten zu Lungenkrankheiten
Professor Dr. Jörg Leuppi, Chefarzt am Kantonsspital Liestal, befasst sich seit Jahren mit pneumologischen Krankheiten wie beispielsweise Asthma. Ein Gespräch über Forschungsergebnisse seiner langjährigen Studien und ...
Medizinische Forschungsarbeiten zu Lungenkrankheiten
Professor Dr. Jörg Leuppi, Chefarzt am Kantonsspital Liestal, befasst sich seit Jahren mit pneumologischen Krankheiten wie beispielsweise Asthma. Ein Gespräch über Forschungsergebnisse seiner langjährigen Studien und wie Behandlungen optimiert werden können.
Sander van Riemsdijk
In den vergangenen 30 Jahren hat sich Professor Dr. med. Jörg Leuppi, Facharzt für Pneumologie und Allgemeine Innere Medizin des Kantonsspitals Baselland, als Leiter des heterogenen interdisziplinären Teams «Klinische Forschung» mit wissenschaftlichen Fragen zu pneumologischen Krankheiten wie Bronchitis, Asthma und Lungenentzündung auseinandergesetzt. Bei seiner Forschungsarbeit stellten er und sein Team im Sinne von «Smarter Medicine» kritische Fragen rund um die Optimierung der qualitativen medizinischen Behandlung und der Therapiewahl. Zu seinem 60. Geburtstag fand vor Kurzem im Kantonsspital Liestal ein internationales Symposium zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten statt.
Herr Leuppi, Sie leiten momentan ein Team aus unterschiedlichen Fachrichtungen, das sich als Schwerpunkt in seiner Forschungsarbeit in den vergangenen Jahren mit dem Thema «Smarter Medicine» auseinandergesetzt hat. Was bedeutet dies?
Jörg Leuppi: Oft werden Behandlungen durchgeführt, die den Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert bringen. «Smarter Medicine» verfolgt das Ziel, dass medizinische Massnahmen nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Eindruck besteht, dass diese bei der Behandlung wirklich von Nutzen sind.
Was haben Sie erforscht?
Wir haben zuerst versucht, die Wirkung und die richtige Diagnostik von Asthma zu erforschen. Konkret: Wie kann der Mediziner merken, dass sich das Asthma beim Patienten verschlechtert, damit rechtzeitig reagiert werden kann, wenn sich ein medizinisches Problem anbahnt? In einem zweiten Schritt stand im Sinne von «Smarter Medicine» im Fokus, wie wir mit weniger gleich viel erreichen können. Braucht der Patient ein Medikament, haben wir geschaut, ob er dieses weniger lang einnehmen muss als vorgeschrieben und dies bei gleichem Nutzungserfolg. So kann unnötigen Nebenwirkungen und ebenso überflüssigen Untersuchungen vorgebeugt werden. Wir Ärzte müssen immer wieder unser eigenes klinisches Handeln kritisch überprüfen.
Was haben Sie mit Ihrem Team in den letzten 30 Jahren nicht nur in der Forschung, sondern auch in Ihrer klinischen Arbeit und in der Lehre erreicht?
In der Behandlung des Patienten muss man alle Krankheiten berücksichtigen und vor allem mit dem verstärkten Einbezug des Patienten erfahren, was dieser eigentlich will. Was hat er für Ziele? Dafür braucht es Gespräche mit dem Patienten, die zwar zeitaufwendig, aber von enormer Bedeutung sind für eine zielgerichtete weitere Behandlung. Auch hier muss verhindert werden, dass unnötige Behandlungen oder Therapien gemacht werden. Die Meinung des Patienten muss unbedingt miteinbezogen werden und soll wie ein roter Faden durch die Behandlung laufen.
Bereits in Ihren ersten beruflichen Jahren, dazumal als Assistenzarzt, haben Sie sich wissenschaftlich mit der Frage beschäftigt, warum bei Eishockeyspielern mehr Asthma-Erkrankungen auftreten als zum Beispiel bei Unihockeyspielern. Wie sind Sie zu diesem Schluss damals gekommen?
Als wissenschaftlich bewiesen worden war, dass bei Spitzenlangläufern mehr Asthma auftritt als bei anderen Sportarten, wollten wir untersuchen, ob diese Erkenntnis auch auf Eishockeyspieler zutrifft. Der Vergleich wurde über eine längere Periode zwischen zwei professionellen Teams in einer gleichartigen Sportart gezogen. Wir haben die Mannschaften auf dem Spielfeld und im Labor untersucht. Es hat sich herausgestellt, dass die Eishockeyspieler bedeutend mehr Asthma hatten als die Unihockeyspieler. Das ständige Einatmen der kalten Luft hat klar zu Lungenproblemen geführt.
Ebenso haben Sie die Häufigkeit und das Auftreten von Asthma bei der Basler Berufsfeuerwehr erforscht. Warum?
Menschen in wichtigen Berufen wie bei der Polizei oder der Feuerwehr dürfen eigentlich kein Asthma haben. Diese müssen sich oft von 0 auf 100 blitzartig anstrengen und dürfen in diesem wichtigen Moment nicht mit Atembeschwerden konfrontiert werden. Wir haben in den Untersuchungen bei der Basler Feuerwehr feststellen können, dass von den eigentlich gesunden Feuerwehrmännern doch ein paar wenige an Asthma litten. Wir haben einen Test entwickelt, damit man in diesen Berufen bei der Rekrutierung diese Lungenbeschwerde rechtzeitig feststellen kann. Dies gilt übrigens ebenso für die Armee. In der australischen Armee hat man dies zum Teil bereits eingeführt.
Sie haben mit Ihrer Forschungsgruppe das Schweizerische Register für schwere Asthmapatienten initiiert, das Sie leiten. Mit welchem Ziel?
Das ist ein Register der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie, für das wir Daten sammeln. Eine wichtige nationale Studie für schweres Asthma, das man eher selten antrifft. Die pharmazeutische Industrie hat in den vergangenen Jahren einige neue sogenannte Biologica entwickelt und auf den Markt gebracht. Welcher Patient mit schwerem Asthma auf welches Biologica am besten anspricht, wissen wir noch nicht so genau. Diese Fragestellung soll unter anderem mit dem Register beantwortet werden, damit wir im Sinne von «Smart Medicine» noch besser abschätzen können, was der Patient braucht, ohne eine Überbehandlung zu riskieren.
Lungenkrankheiten treten vermehrt auf. Wie gross ist dabei der Einfluss der Klimaveränderung?
Die höheren Temperaturen führen insbesondere bei älteren Personen mit Problemen mit den Herz- und Atemorganen zu mehr Todesfällen. Zusätzlich gibt es auch noch einen Zusammenhang mit der Feinstaubentwicklung, bedingt durch die fossilen Brennstoffe.
Anlässlich Ihres 60. Geburtstags fand im Kantonsspital ein Symposium mit internationalen internistischen und pneumologischen Chefs und Kaderärzten statt. Was war das Ziel?
Es ging darum, sich über die Aspekte der medizinischen Qualität und die Behandlungsziele auf dem Gebiet der Pneumologie und der Allgemeinen Inneren Medizin auszutauschen. Unter anderem stand auch hier die Arzt-Patienten-Beziehung bei der gemeinsamen Festlegung der Therapieziele im Fokus, damit eine deutliche Verbesserung in der Lebenserwartung und eine bessere Lebensqualität erreicht werden können.
Zur Person
svr. Jörg Leuppi (60) ist seit 12 Jahren als Chefarzt in leitenden Positionen am Kantonsspital Baselland tätig. Heute ist er Chief Medical Office und Leiter des Universitären Instituts für Innere Medizin, ferner wirkt er als Professor für Innere Medizin an der Universität Basel.