«Fledermäuse leisten wertvolle Arbeit»
22.08.2025 Natur, BaselbietFledermäuse sind häufig heimliche Untermieter – doch bei Bauarbeiten werden ihre Quartiere leicht zerstört oder verschlossen. Im Baselbiet kümmert sich eine Koordinationsstelle um das Wohl der Tiere. Geleitet wird sie von Pascale Hutter.
Sander van ...
Fledermäuse sind häufig heimliche Untermieter – doch bei Bauarbeiten werden ihre Quartiere leicht zerstört oder verschlossen. Im Baselbiet kümmert sich eine Koordinationsstelle um das Wohl der Tiere. Geleitet wird sie von Pascale Hutter.
Sander van Riemsdijk
Frau Hutter, welche Aufgaben übernimmt die Koordinationsstelle für Fledermausschutz im Baselbiet – und in welcher Funktion sind Sie tätig?
Pascale Hutter: Regionale Koordinationsstellen für Fledermausschutz setzen sich in den Kantonen für den Schutz dieser Tiere ein. Sie beraten Behörden, Fachstellen, Bauherren und Privatpersonen, schützen Fledermaus-Quartiere, führen Förderprojekte durch und informieren die Bevölkerung. Im Baselbiet betreibe ich die Koordinationsstelle im Auftrag des Ebenrain-Zentrums. Unterstützt werde ich dabei von einem engagierten Team freiwilliger Fledermausschützender.
Wie gehen Sie vor?
Die Aufgaben sind sehr vielfältig. Das kann etwa bedeuten, dass ich Baumhöhlenkästen kontrolliere, bei Sanierungen berate oder in einem kantonal wichtigen Fledermaus-Quartier ausfliegende Tiere zähle und ihre Flugrouten dokumentiere.
Wie viele Fledermausarten gibt es in der Schweiz – und wo trifft man sie an?
In der Schweiz sind 30 Arten bekannt, im Baselbiet wurden bisher 19 nachgewiesen. Wo man ihnen begegnet, hängt stark von der Art ab. Bevorzugt werden dunkle, strukturreiche Lebensräume mit vielen Insekten; also artenreiche Hecken, totholzreiche Wälder, gestufte Waldränder, Hochstamm-Obstwiesen oder langsam fliessende Gewässer. Viele Arten nutzen Gebäude für ihre Sommerquartiere, einige fast ausschliesslich Bäume.
Warum sind Fledermäuse wichtig?
Sie sind fleissige Insektenjäger: Eine Zwergfledermaus frisst pro Nacht bis zu 2000 Mücken. Damit spielen sie unter anderem als Schädlingsbekämpfer eine wichtige Rolle im Ökosystem, leisten wertvolle Schädlingsbekämpfung und tragen dazu bei, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. In Spanien etwa wird der ökonomische Nutzen für die Reisernte auf 1,2 bis 12,1 Millionen Franken geschätzt.
In welchen Gebäuden fühlen sich Fledermäuse wohl?
Sehr wichtig sind nicht isolierte Dachstöcke, vor allem für bedrohte Arten. Aber auch Rollladenkästen, Fassadenspalten, Fensterläden oder Flachdachabdeckungen werden genutzt. Fledermäuse sind sehr standorttreu – einmal gefundene Quartiere werden häufig Jahr für Jahr bezogen.
Und sonst?
Die Fledermäuse bevorzugen auch warme, zugluftfreie und geschützte Quartiere für den Sommer und frostfreie, ungestörte Quartiere für den Winter. Idealerweise liegen die Jagdgebiete in unmittelbarer Nähe zu den Quartieren.
Was ist bei Sanierungen oder Neubauten zu beachten?
Bei bekannten Fledermaus-Quartieren sollte möglichst früh die Koordinationsstelle beigezogen werden. So lässt sich im Beratungsgespräch klären, wie das Quartier berücksichtigt werden kann. Entscheidend ist auch die Jahreszeit: Während der Jungenaufzucht im Sommer sind Arbeiten besonders heikel. Ähnliches gilt für die Vogelbrutzeit von April bis Ende Juli. Bei einem tierfreundlichen Bau bleiben Fledermaus-Quartiere erhalten oder es werden neue geschaffen. Werden diese in der Planung berücksichtigt, lassen sie sich optisch gut ins Gebäude integrieren. Falls beim Bau unerwartet ein Fledermaus-Quartier entdeckt wird, bitte sofort Kontakt mit mir aufnehmen.
Weshalb?
Viele Holzschutzmittel sind für Fledermäuse giftig. In Dachstöcken, aber auch anderen Fledermaus-Quartieren, hängen die Tiere häufig mit direktem Kontakt zu behandelten Oberflächen und könnten die Giftstoffe über die Haut aufnehmen. Es sollten deshalb nur unbedenkliche Produkte eingesetzt werden. Eine Liste dieser Produkte findet sich auf der Seite der Stiftung für Fledermausschutz.
Woran erkennt man Fledermaus-Quartiere an Gebäuden?
Fledermäuse sind heimliche Untermieter und häufig wissen Gebäudebesitzer nichts von ihrer Anwesenheit. Ein Hinweis ist der Kot, der ähnlich aussieht wie Mäusekot – aber im Gegensatz zu Vogelkot keinen weissen Anteil hat. Weil Fledermäuse ausschliesslich Insekten fressen, ist er trocken und zerbröselt leicht.
Welche Massnahmen können Hauseigentümer beitragen?
Wichtig ist der Erhalt bestehender Fledermaus-Quartiere und das Schaffen neuer. Ebenso tragen eine reduzierte Aussenbeleuchtung und ein gutes Nahrungsangebot dazu bei – zum Beispiel durch das Setzen von einheimischen Pflanzen und den Verzicht auf Pestizide.
Sind Fledermäuse nicht schädlich?
Gegen Fledermäuse am Haus muss man nichts unternehmen. Sie haben keine Nagezähne und schaden damit auch dem Gebäude nicht. Zudem sind Fledermäuse gesetzlich geschützt. Sollte es ein Problem mit ihnen geben, dann kann man sich gerne jederzeit bei mir melden.
Wie soll man reagieren, wenn man ein Fledermaus-Quartier entdeckt oder ein Tier findet?
In der Regel ist kein Handeln nötig – ausser es steht eine Sanierung oder ein Umbau an. Dann sollte man sich für eine Beratung, wie gesagt, an mich wenden. Grundsätzlich freue ich mich über jede Meldung von Fledermaus-Quartieren, da wir dadurch mehr über die Verbreitung der Tiere im Baselbiet erfahren. Findet man eine verletzte Fledermaus, hilft die Notfallnummer 079 330 60 60 weiter.
Zur Person
svr. Pascale Hutter (37) ist in der Ostschweiz aufgewachsen und lebt heute in Basel. In ihrer Freizeit geht sie gerne wandern – wenn sie nicht gerade für die Fledermäuse unterwegs ist. Zudem engagiert sie sich im Verein Pro Chiroptera, der sich ebenfalls dem Schutz der Fledermäuse widmet.