Fitnessprogramm für das Gehirn
07.10.2025 ZunzgenBesuch im Kurs von Gedächtnistrainerin Karolina Roth
Ob bei Namen, Zahlen oder alltäglichen Verpflichtungen – wer sein Gedächtnis regelmässig trainiert, bleibt geistig fit. Wie das gelingt, zeigt Karolina Roth aus Nusshof in ihren Kursen. Ein wichtiger Tipp: aus ...
Besuch im Kurs von Gedächtnistrainerin Karolina Roth
Ob bei Namen, Zahlen oder alltäglichen Verpflichtungen – wer sein Gedächtnis regelmässig trainiert, bleibt geistig fit. Wie das gelingt, zeigt Karolina Roth aus Nusshof in ihren Kursen. Ein wichtiger Tipp: aus der Routine ausbrechen!
Paul Aenishänslin
Bereits seit einigen Jahren trainiert Karolina Roth (56) aus Nusshof das Gedächtnis älterer Menschen. Ihre Kurse finden alle zwei Wochen in Gelterkinden und Zunzgen statt – im Auftrag der jeweiligen Frauenvereine. Die «Volksstimme» hat in einen Kurs hineingeschaut – und wertvolle Tipps für den Alltag erhalten.
«Das Gehirn ist ein Muskel, der wie viele andere im menschlichen Körper Training braucht», sagt Roth zu den Teilnehmenden. Viele ältere Menschen gingen gerne ins Altersturnen, wanderten oder besuchten ein Fitnessstudio, zögerten aber, an einem Gedächtnistraining teilzunehmen, so die Expertin. «Da besteht eine gewisse Hemmschwelle.»
Das Hirn, erklärt sie, sei wie ein Dschungel: Wird es zu wenig gebraucht, verstopfen dessen Autobahnen, und es braucht Umwege, um ans Ziel zu gelangen. Gedächtnistrainerin Karolina Roth hilft, diese Denkautobahnen wieder freizulegen. Sie hat die Ausbildung des Schweizerischen Verbands für Gedächtnistraining absolviert, inklusive eines Praktikums, und das Diplom erworben, das sie zum Unterrichten befähigt.
Beim Besuch der «Volksstimme» beginnt Roth mit einem Thema, das viele betrifft: dem Vergessen von Namen – einer weitverbreiteten Alterserscheinung, welche die Kommunikation erschweren kann. Sie erklärt, es helfe, einen Namen mit einer Assoziation zu verbinden. Als Beispiel nimmt sie ihren eigenen: Karolina. «Mit was können wir den Buchstaben ‹K› verbinden?», fragt sie und hebt die Arme, um ihre Bizepse zu zeigen. «‹K› kann für Kraft stehen.» Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer soll daraufhin eine Assoziation zum eigenen Vornamen finden. Ueli, 67, Rentner aus Diepflingen, klatscht etwa mit der rechten Hand auf seine Armbanduhr am linken Arm: Sein Name beginnt mit «U» wie Uhr.
Roth gibt zudem den Tipp, Lernstoff vor dem Einschlafen zu wiederholen – dann behalte man rund 70 Prozent davon im Kopf. Anschliessend geht sie zum Hauptthema über. Sie wirft die Begriffe «Augen» und «Sehen» in die Runde. «Welche Wörter kennt Ihr, die ‹Augen› enthalten?» Nach und nach nennen die Teilnehmenden Augenblick, Augenlinse, Hühneraugen, Augenarzt, Augentest – und viele weitere. Die gleiche Übung folgt mit «Sehen», «Blick» und verwandten Begriffen, teils unterstützt durch ein erstes Übungsblatt.
Denkaufgaben gibt es überall
In einer anderen Aufgabe müssen die Teilnehmenden durcheinandergeratene Buchstaben wieder in die richtige Reihenfolge bringen. So wird aus «W E I G E N E U D A» das Wort «Augenweide». Danach sollen sie Wörter rückwärts oder von unten nach oben lesen sowie als Rechtshänder mit der linken Hand schreiben.
«Unser Kopf weicht komplizierten Aufgaben gerne aus», sagt Roth, «er liebt die Bequemlichkeit.» Fernsehen sei zum Beispiel bequemer als Lesen – gerade im Alter neige man dazu, den Kopf nicht mehr anzustrengen. Umso wichtiger sei regelmässiges Gedächtnistraining. Dazu gehören auch Rechenübungen, das Ergänzen von Zahlenreihen oder das Benennen von Farben, die falsch beschriftet sind.
Roth erklärt, dass sich «überwucherte» Denkbahnen wieder freilegen lassen, wenn man Ungewöhnliches tut. Etwa indem man beim Spaziergang einmal eine andere Route wählt, im Wald auf Geräusche oder Düfte achtet oder im Supermarkt die Preise der Einkäufe im Kopf zusammenrechnet und das Ergebnis an der Kasse überprüft. «Für Denksport gibt es unendlich viele Gelegenheiten», erläutert die Expertin. «Man kann zum Beispiel Treppenstufen zählen oder sich die Namen aller Nachbarn merken.»
Zum Schluss betont Roth, dass Gedächtnistraining nicht nur älteren Menschen zugutekommt. Denn: Auch Jüngere vergessen zuweilen einen Schirm, eine Sonnenbrille oder eine Einkaufstasche im Zug.