Elektra-Genossenschaft wird 120
19.01.2024 Bezirk WaldenburgDas Stromnetz soll weiter ausgebaut werden
Die Elektra-Genossenschaft-Reigoldswil feiert ihr 120-Jahre-Jubiläum. Auch in Zukunft soll in das Stromnetz investiert werden. Ebenfalls Priorität haben die Mitglieder und Kunden, denen die Elektra-Genossenschaft Reigoldswil zu fairen ...
Das Stromnetz soll weiter ausgebaut werden
Die Elektra-Genossenschaft-Reigoldswil feiert ihr 120-Jahre-Jubiläum. Auch in Zukunft soll in das Stromnetz investiert werden. Ebenfalls Priorität haben die Mitglieder und Kunden, denen die Elektra-Genossenschaft Reigoldswil zu fairen Preisen weiterhin dienen will.
Willi Wenger
Die Gründung der Elektra-Genossenschaft Reigoldswil (EGR) 1903 reicht bis zur Elektrifizierung der Webstühle zurück. Nun wurde die EGR am Montag 120 Jahre alt. Auch heute ist sie in erster Linie ihren Mitgliedern und Kunden verpflichtet, die sie zu fairen Preisen mit Strom versorgen will.
Aktuell sind rund 900 Haushalte am EGR-Netz angeschlossen. Sie zahlen im Durchschnitt 37,2 Rappen für eine Kilowattstunde Strom. Dieser Preis sei für das laufende Jahr und auch für 2025 fixiert, sagt EGR-Präsident Christian Wagner. «Erst im Folgejahr werden die Preise gemäss aktueller Beschaffungslage wieder leicht sinken.»
Wagner ergänzt aber, dass letztlich der Weltmarkt die Preise festlege. Auch die geopolitische Lage auf dem Globus ist es, die «mitbestimme». Für Reigoldswil ist die Situation wie folgt: Der Energiepreis wird durch die Beschaffung am Strommarkt in mehreren Tranchen und im Pool der anderen Dorfgenossenschaften (Augst, Itingen, Maisprach, Sissach) bestimmt. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Elektra Baselland (EBL).
Die EGR, die technisch eng mit der EBL zusammenarbeitet, investiert jährlich beträchtliche Summen in die Infrastruktur, das heisst, in den Ausbau des Stromnetzes. Dies hat notwendigerweise Priorität, da neue Quartiere sowie Häuser und deren Photovoltaikanlagen ans Netz angebunden werden müssen.
Die Planung des Ausbaus sei aber nicht immer einfach, sagt Wagner. Denn der Finanzrahmen sei beschränkt: «Wir haben in der Regel etwa 200 000 Franken pro Jahr zur Verfügung. Diese investieren wir in den Unterhalt und die Erneuerung des bestehenden Netzes sowie in neue Trafostationen.» Ausserordentliche Investitionen für ein modernes Netz seien unabdingbar.
Ausbau in Etappen
Wie andernorts auch, ist das heutige Reigoldswiler Stromnetz auf die geänderten und vielseitigen Bedürfnisse, wie zum Beispiel die E-Mobilität, noch nicht ausgerichtet. So sind neben der Energieversorgung zunehmend die dezentralen Energieproduzenten, meist Photovoltaik, in das bestehende Netz zu integrieren. Der EGR-Verwaltungsrat ist deshalb bestrebt, die Belastung für die Strombezüger mit einer Realisierung des Ausbaus in Etappen über mehrere Jahre in Grenzen zu halten. «Das verlangt von allen Beteiligten einiges an Verständnis und Geduld», blickt Wagner in die Zukunft.
Die EGR vollzieht ihre Administration eigenständig. Diese erledigt die CWT-Treuhand von Wagner, die unter anderem über installierte Smart Meter, die den Stromverbrauch der Haushalte digital ablesen können, verfügt. Diese wurden 2017 im ganzen Versorgungsgebiet installiert. Es ist gemäss Wagner «eine gute Sache», zumal die Fehlerquote im Vergleich zu den früher erfolgten manuellen Ablesungen mittlerweile quasi bei null liege.
Auch wenn die Stromablesung mittlerweile digital erfolgt, sei die Elektra Reigoldswil trotzdem nah bei den Leuten, wie Wagner betont: «Man kennt sich untereinander», sagt der langjährige Präsident. Er erhalte beispielsweise viele Anrufe und Anfragen direkt per Telefon. Wagner weist auf die gesellschaftliche Bedeutung einer Genossenschaft hin. Dies dokumentiere sich in mehreren Bereichen wie den jährlichen «Rekordteilnahmen» an den Generalversammlungen oder den regelmässigen Genossenschaftsreisen.
Alles eigenständig bezahlt
Trotz gutem Dorfklima und geplantem Netzausbau: Die EGR hat laut Wagner gelegentlich mit den politischen Rahmenbedingungen zu kämpfen, die sich nach der von Volk und Ständen angenommenen Energiestrategie des Bundes richten. Die gesetzliche Umsetzung ziehe sich in die Länge, so der EGR-Präsident. «Die Politik verlangt und fördert uns zwar, aber in der Realität ist es schlicht nicht möglich, alles gemäss Vorgaben und Zeitplan zu erledigen.»
Dies zeigt sich auch in Reigoldswil, nicht nur wegen der beschränkten Mittel. Es ist gemäss Wagner auch die «mässige» Verfügbarkeit von Material und Personal für Planungs- und Projektierungsdienstleistungen. Auch Bauunternehmen zu finden, die das Stromnetz über Jahre hinweg ausbauen, sei sehr schwierig.
«Es ist Zeit, dass wir den Netzen die Bedeutung beimessen, die sie für die Versorgungssicherheit haben», ergänzt Wagner. Mit Stolz hält er fest, dass die EGR ihren Netzausbau bisher immer selbst finanzieren konnte. «Wir haben nie Fremdkapital aufnehmen müssen, was für die Kundschaft vorteilhaft ist.» Pro Jahr kann die EGR im Normalfall gut und gerne 200 000 Franken zurücklegen, ein Betrag, der für künftige Investitionen reserviert bleibt.
Verschiedene Strompakete
en. Die Elektra-Genossenschaft-Reigoldswil versorgt ihre Kundschaft in der Grundversorgung seit Anfang 2021 mit Energie aus 100 Prozent Wasserkraft, dem sogenannten ER-Blau-Strom. Angeboten wird aber hauptsächlich «ER-Standard». Dieser besteht aus 95 Prozent Wasserkraft und 5 Prozent erneuerbarer Energie wie Sonne, Biomasse, Geothermie und Kleinwasserkraft. Der Aufpreis pro Kilowattstunde (kWh) beträgt 2 Rappen. «ER-Grün» schliesslich ist der Strom der Zukunft. Mit einem Aufpreis von 5 Rappen pro kWh ist dies ein Bekenntnis zur Umwelt und Energiezukunft, denn er besteht zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Damit trage man, so die Elektra-Genossenschaft Reigoldswil, viel zu einer hohen Lebensqualität bei – heute wie morgen.