«Einsamkeit ist schädlicher als Rauchen»
30.10.2025 NiederdorfKurt Aeschbacher zu Gast
Kurt Aeschbacher sorgte im Seniorenzentrum Gritt in Niederdorf für ein volles Haus. «Aeschbi» zeigte sich einmal mehr als Mensch mit viel Humor, Einfühlungsvermögen und Lebenserfahrung.
André Frauchiger
...Kurt Aeschbacher zu Gast
Kurt Aeschbacher sorgte im Seniorenzentrum Gritt in Niederdorf für ein volles Haus. «Aeschbi» zeigte sich einmal mehr als Mensch mit viel Humor, Einfühlungsvermögen und Lebenserfahrung.
André Frauchiger
Er hob beim jüngsten «Wohnzimmergespräch» mit «Gritt»-Geschäftsführer Stefan Hall sogar sein Alter hervor: Dieser Tage ist Kurt Aeschbacher 77 Jahre alt geworden. Typisch für ihn: Den Geburtstagskuchen überreichte er drei Heimbewohnerinnen des Niederdörfer Seniorenzentrums, welche die auf der Bühne aufgehängten Socken gestrickt hatten. Die drei Damen strahlten um die Wette.
Stefan Hall hatte in seiner kurzen Vorstellung des Gastes aus Zürich nicht übertrieben: Kurt Aeschbacher ist zu Recht eine TV-Legende. Zwischen 2001 und 2018 hat er nicht weniger als 785 Sendungen beim Schweizer Fernsehen bestritten. «Aeschbi» kann sich in andere Menschen hineinfühlen wie kaum ein anderer.
Dabei war sein Werdegang keineswegs vorgezeichnet. Sein Vater wollte ihn zu einem Buchhalter machen, doch «Aeschbi» lehnte dies ab. Nach dem Studium verschlug es ihn nach Basel zu einem bekannten Architekturunternehmen im «Basler Daig». Er durfte gewissermassen den Schatten seines Chefs spielen, das «Köfferli» tragen. Und dann spielte der Zufall mit: Sein Chef wurde 1980 Direktor der grossen schweizerischen Gartenschau «Grün 80» auf der Brüglinger Ebene – und Kurt Aeschbacher avancierte zum Vizedirektor und Pressechef.
Beim Wein ist er wählerisch
Die Lacher (und Ungläubigkeit) hatte er auf seiner Seite, als er erklärte, eigentlich ein scheuer Mensch zu sein. Sein Erholungsort für mehrere Wochen im Jahr ist ein altes Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert auf einer Anhöhe in Südfrankreich. Logisch, dass er da französische Weine bevorzugt. Er wolle keinen «sauren Landwein aus der Schweiz», erklärte Aeschbacher bestimmt, als ihm zwischendurch Stefan Hall einen einheimischen Rotwein zum Versuchen anbot. «Aeschbi» zeigt auf das bereitstehende Mineralwasser: «Ich bin mit dem Auto gekommen …»
Zu seinem alten Bauernhaus gehört ein grosser Garten mit rund 6000 Quadratmetern. Dazu gehören Olivenbäume, Lavendel, weitere Provence-Pflanzen sowie ein Teich mit Fischen. Die schönen Kois, japanische Karpfen, haben ihm die Fischreiher weggefressen, sagte er.
«Aeschbi» mag ausgefallene Kleidung: «Ich verstehe nicht, wie jemand in ungepflegten Jeans in die Oper gehen kann.» Schöne Kleider seien ein Ausdruck von Wertschätzung und ein Teil der Kommunikation mit anderen Menschen.
Auch auf das Thema Einsamkeit kam der Unterhalter zu sprechen: Einsamkeit sei viel schädlicher, als jeden Tag ein «Päckli» Zigaretten zu rauchen. «Schaut auf Euch», meinte er ans Publikum gerichtet. Wichtig sei ein «guter Lebensstil» mit viel Bewegung sowie gesunder und schmackhafter Ernährung. Er gehe jeden Tag mit seinem Hund eineinhalb Stunden am Stück spazieren. Und: «Zusammensein ist ganz wichtig.» Einladungen zum Essen, auch von bisher nicht bekannten Menschen, hätten einen besonderen Reiz.
Es brauche Respekt, Zuneigung und in keiner Form Stigmatisierung gegenüber den Mitmenschen, so Aeschbacher. Freundlichkeit und Empathie seien auch in einem Interview besonders wichtig. «Wir sollten das Gegenüber ermuntern, zu leben.» Ewig jung sein zu wollen, hält Aeschbacher aber für «schrecklich». Denn: «Das Leben ist gut, gerade weil man weiss, dass man eines Tages stirbt.» Doch auch im fortgeschrittenen Alter kann sich der ehemalige Fernsehmoderator noch nerven. Insbesondere die «Lassmich-in-Ruhe-Mentalität» von Menschen mit Kopfhörern und Handy im Gesicht störe ihn.
Wie soll die Menschheit auf Künstliche Intelligenz (KI) reagieren? Kurt Aeschbacher findet KI von Nutzen, aber der Umgang mit ihr müsse gelernt sein: «Der Mensch braucht Wissen und muss kritisches Denken lernen, um abschätzen zu können, ob die Fakten letztlich korrekt sind.» Stolz ist «Aeschbi» auf sein «Magazin 50plus», das er vor 17 Jahren gekauft hat. Die jährlich sechs Ausgaben mit wichtigen Themen insbesondere zum Ältersein seien für ihn eine ideale Beschäftigungstherapie. Und er versprach dem «Gritt» spontan, 140 Exemplare der nächsten Ausgabe zuzustellen.
Die Liebe bezeichnete Aeschbacher auf eine entsprechende Frage «als grösstes Geschenk im Leben». Die Liebe müsse aber neben den Menschen auch den Tieren und der Natur gelten, um wirklich ein glückliches Leben führen zu können. Nach dem Gespräch besuchte er zusammen mit Leiter Stefan Hall die Bewohnenden des Heims. Das ist «Aeschbi», wie er leibt und lebt.

