Eine Heldin von vielen
25.02.2025 BaselbietÜbermorgen kommt der Film «Heldin» von Petra Volpe in die Kinos. Der neue Film der Schweizer Filmemacherin greift das aktuelle Thema «Mangel an Pflegefachpersonen» auf. Ein paar Szenen wurden auch beim Bruderholzspital gedreht.
Brigitte Keller
...Übermorgen kommt der Film «Heldin» von Petra Volpe in die Kinos. Der neue Film der Schweizer Filmemacherin greift das aktuelle Thema «Mangel an Pflegefachpersonen» auf. Ein paar Szenen wurden auch beim Bruderholzspital gedreht.
Brigitte Keller
Die Pflegefachfrau Floria – gespielt von Leonie Benesch – durch ihre Schicht zu begleiten, heisst unmittelbar und atemlos mitzuerleben, wie sie den Strapazen eines chronisch überlasteten Systems eine schier unglaubliche Kraft und Empathie entgegensetzt. Dies die Kurzbeschreibung, wovon der Film «Heldin» handelt. Und tatsächlich, die Zuschauenden werden nicht geschont: Es wird geschrien, geweint und gestorben, aber auch versöhnt und herzhaft gelacht.
Für die packende Umsetzung zeichnet Petra Volpe verantwortlich. Von ihr stammt das Drehbuch und sie hat auch Regie geführt. Einem grösseren Publikum bekannt wurde Volpe durch «Die göttliche Ordnung» oder zuletzt mit der Komödie «Die goldenen Jahre», wofür sie ebenfalls das Drehbuch schrieb. Volpe, eine der wichtigsten Schweizer Filmemacherinnen unserer Zeit, treffe mit ihren Filmen und Drehbüchern immer wieder den Nerv der Zeit, ausserdem besteche ihr Schaffen stets durch thematische Dringlichkeit und feines Gespür. Mit diesen Worten wurde der in Suhr geborenen Künstlerin kürzlich vom Aargauer Kuratorium der diesjährige Kunstpreis des Kantons Aargau zugesprochen.
«Location» Bruderholz
Filmproduktionen sind auf authentische «Locations», also Drehorte, angewiesen. Deshalb wandte sich die Produktionsfirma Zodiac Pictures unter anderem auch an das Kantonsspital Baselland (KSBL). Laut «Zodiac» hatte das KSBL bereits vor einigen Jahren in Laufen und im «Bruderholz» Dreharbeiten zu Spielfilmen ermöglicht. «Die Produktionsfirma hätte gerne im nahezu leer stehenden Spital in Laufen gedreht. Dies war jedoch nicht möglich, da die Räumlichkeiten bereits als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wurden», so die Auskunft einer Verantwortlichen dazu.
Als Hauptdrehort sei schliesslich das leer stehende Seespital in Kilchberg (ZH) gefunden worden. Allerdings hätten dort nicht alle im Drehbuch vorgesehenen Szenen realisiert werden können. Das Kantonsspital Baselland habe sich deshalb bereit erklärt, Dreharbeiten rund ums Bruderholzspital – trotz laufendem Spitalbetrieb – zu ermöglichen. «Sowohl die Arbeit im Filmgeschäft als auch im Spitalalltag ist anspruchsvoll. Hohe Anforderungen, enge Zeitpläne und die Notwendigkeit, kreativ und flexibel zu sein, verbinden beide Branchen und ermöglichten eine erfolgreiche Kooperation», schreiben die Verantwortlichen weiter.
Die grösste Herausforderung habe darin bestanden, die kreativen Prozesse der Filmschaffenden in den Spitalalltag zu integrieren, ohne Patienten oder Mitarbeitende zu beeinträchtigen. «Oberste Priorität hatte immer, dass der Spitalbetrieb uneingeschränkt weiterlaufen konnte.»
Menschlichkeit trotz Druck
Packend, humanistisch und mit respektvoller Leichtigkeit ist «Heldin» eine Hommage an eine unterschätzte Berufsgruppe. Das Heldenhafte sieht Autorin und Regisseurin Petra Volpe darin, sich auch unter grossem Druck die Menschlichkeit zu bewahren. Das gesellschaftlich hoch relevante Thema habe sie schon seit geraumer Zeit beschäftigt. Um für den Schreibprozess einen konkreten Einblick in den Pflegealltag zu erhalten, begleitete Volpe das Pflegepersonal in verschiedenen Spitälern während mehrerer Tage. Hauptdarstellerin Leonie Benesch hat gar ein einwöchiges Praktikum im Spital Liestal absolviert.
Auch der Schweizerische Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) konnte die Realisierung des Films von Anfang an aktiv begleiten. Um den Arbeitsalltag der Pflegefachpersonen so realistisch wie möglich darzustellen, sei Petra Volpe bereits in der Projektphase auf den Verband zugekommen. Später hätten sie zum Beispiel beim Drehbuch beraten und bei der Rekrutierung der Fachexpertin in der Person von Nadja Habicht aktiv unterstützt.
Gemäss Petra Volpe sollten die Berufe der Pflegenden zu den angesehensten und respektiertesten in der Gesellschaft gehören. Es sei nicht nur ein technisch hoch anspruchsvoller Job, sondern auch menschlich und psychologisch. «Pflegende kümmern sich um uns, wenn wir krank und alt sind, wenn wir am verletzlichsten, abhängigsten und bedürftigsten sind. Sie sind nicht selten die ersten und letzten, die uns berühren. Wir begegnen ihnen meist, wenn unser eigenes Leben oder das Leben eines geliebten Menschen in einer Krisensituation ist. Sie tragen tagtäglich eine enorme Verantwortung. Deswegen wollte ich einen Film machen, der diesen Beruf feiert.»
Herzrasen
Nach der Herangehensweise an dieses Thema habe sie lange gesucht. Im Zuge ihrer Recherche habe sie das Buch der deutschen Pflegefachfrau Madeline Calvelage «Unser Beruf ist nicht das Problem – Es sind die Umstände» gelesen. Das Buch habe sie komplett gepackt. «Schon nach fünf Minuten hatte ich Herzrasen und dachte, das liest sich so spannend wie ein Thriller, obwohl es ja nur ganz normaler Pflegealltag ist.» So sei die Idee entstanden, einen Film zu machen, der eine einzige Arbeitsschicht aus der Perspektive einer Pflegefachperson erzählt und der einen auf eine geradezu physische Art packt.
Am 23. Februar fand im Basler Kino Atelier eine Vorpremiere statt. Im Anschluss stellten sich Petra Volpe und Nadja Habicht den Fragen von Filmjournalist Michael Sennhauser und dem Publikum. Mindestens die Hälfte des Publikums bestand, wie eine kurze Befragung ergab, aus Personen aus dem Gesundheitswesen. Darunter auch Personen, die in irgendeiner Weise bei der Entstehung des Films beteiligt waren. Einige Pflegende und beispielsweise das Reanimationsteam im Film sind nämlich echte Pflegekräfte und Ärzte.
Aus dem Thema ein aufrüttelndes Drama zu machen, scheint gelungen zu sein. Die preisgekrönte deutsche Schauspielerin Leonie Benesch lässt als Floria das Publikum unmittelbar ihren Alltag miterleben und versetzt dieses mit ihrem Rennen gegen die Zeit richtiggehend in körperliche Unruhe.
Die Weltpremiere des Films «Heldin» fand am 17. Februar im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin statt. Übermorgen läuft der Film in den Schweizer Kinos an, so auch im Marabu Gelterkinden und im Sputnik Liestal.