Ein Sorgenkind dreht auf
21.12.2023 Bezirk Waldenburg, WaldenburgDer Bezirk und sein Hauptort legen an Einwohnern zu
Waldenburg wächst wieder. Das Städtchen Waldenburg zählt gemäss Kantonsstatistik 1153 Einwohnerinnen und Einwohner. Gemessen an der Grösse ist auch der Bezirk deutlich stärker gewachsen als der Bezirk ...
Der Bezirk und sein Hauptort legen an Einwohnern zu
Waldenburg wächst wieder. Das Städtchen Waldenburg zählt gemäss Kantonsstatistik 1153 Einwohnerinnen und Einwohner. Gemessen an der Grösse ist auch der Bezirk deutlich stärker gewachsen als der Bezirk Sissach. Alleine im vergangenen Quartal zogen netto fast 100 Personen in die beiden Frenkentäler.
Jürg Gohl
Auf viele Anrufe Medienschaffender hätte Andrea Kaufmann in den vergangenen Jahren liebend gerne verzichtet. Die Gemeindepräsidentin von Waldenburg musste immer wieder erklären, weshalb ihre Gemeinde den höchsten Steuersatz im Kanton und immer höhere Sozialkosten und sinkende Einwohnerzahlen vermelden muss. Ihr Städtchen bietet das Paradebeispiel einer Negativspirale. Oder vielmehr bot sie dieses Bild bis vor Kurzem.
Blättern wir ein Dutzend Jahre zurück, so traut man seinen Augen – oder dem Zahlenmaterial der Kantonsstatistiker – kaum. 2010 zählte das Städtchen Waldenburg letztmals noch mehr als 1200 Einwohnerinnen und Einwohner. Doch dann setzte mit dem Wegzug wichtiger Arbeitgeber ein Negativtrend sondergleichen ein. Dieser führte letztlich auch dazu, dass die Gemeinde inzwischen mit dem höchsten Steuersatz im Kanton aufwarten muss.
In den vergangenen zehn Jahren sank die Einwohnerzahl mehrheitlich. Schloss für einmal doch ein Jahr im Plus ab, so fiel dieses marginal aus, während die Minus-Jahre weit happiger zu Buche schlugen. 2018 lag der negative Wanderungssaldo, wie das offiziell heisst, bei rekordhohen 26 Personen. Aber auch im Vorjahr fielen die Wegzüge mit netto 16 Personen happig aus und führten zum Tiefstand von 1118 Personen.
Langenbruck jetzt vierstellig
Seither aber dreht der Trend. Alleine in den vergangenen sechs Monaten zogen (netto) 32 Personen in die Gemeinde. Dieser Wert wird nur von Nachbar Oberdorf (plus 91) und von Reigoldswil (36) übertroffen. Langenbruck ist zudem dank 12 Zuzügern im vergangenen Quartal in den 1000er-Klub aufgestiegen.
Von den grösseren Gemeinden des Bezirks Sissach können da im vergangenen Halbjahr verhältnismässig nur noch Itingen (plus 47) und Läufelfingen (33), in den vergangenen Jahren noch die Wachstumsgemeinde des Kantons schlechthin, sowie Ormalingen (44) mithalten. Sissach, am 30. September 6894 Einwohner zählend, legte als grösste Oberbaselbieter Gemeinde innert sechs Monaten um 37 Personen zu, Gelterkinden, die Nummer zwei, um 10.
Für Andrea Kaufmann liegt der Hauptgrund für diese Umkehr auf der Hand: Seit einem Jahr ist ihre Gemeinde mit der neuen, und vor allem häufiger fahrenden Waldenburgerbahn erschlossen. «Ein Hoch auf das neue ‹Waldenburgerli›», sagt sie, «die Zahlen deuten an, dass sich unsere Hoffnungen, die wir in die Bahn gesetzt haben, erfüllen.» Da nimmt sie auch gerne in Kauf, dass Waldenburg erstmals zwei Kindergartenklassen führen muss. Schulräume dafür stehen aus noch besseren Zeiten bereit.
Die neue Bahn ist der zentrale, aber nicht der einzige Grund für diese Wende. «Bei uns ist das Wohnen und Bauen für junge Familien erschwinglicher als im Unterbaselbiet», sagt sie. Hinzu kommen gerade für Familien die tieferen Krankenkassenprämien, die den Nachteil der höheren Steuern aufwiegen. Zudem beauftragte die Gemeinden einst eine Hochschulklasse damit, Ideen auszuarbeiten, um attraktiver zu werden. Und Waldenburg bietet bemerkenswert viel Kultur.
Dasselbe Bild in Oberdorf: Das modernere «Waldenburgerli» und dazu die neue Überbauung des ehemaligen Fresa-Geländes führten im vergangenen Halbjahr zum bemerkenswertesten Schub unter den grösseren Gemeinden im Oberbaselbiet.
Auch der Bezirk ist vorne
So kann es nicht überraschen, dass im Vergleich der beiden Oberbaselbieter Bezirke das langjährige Sorgenkind Waldburg plötzlich die Nase klar vorne hat. In absoluten Zahlen steht der Bezirk Sissach mit 232 neuen Einwohnern im Vergleich zu den vergangenen sechs Monaten zwar etwas besser da als der Bezirk Waldenburg (184), doch verfügt «Sissach» über eine mehr als doppelt so grosse Bevölkerung.
Natürlich gibt die kantonale Einwohnerstatistik, die vergangenen Donnerstag publiziert worden ist, keine Auskunft darüber, weshalb sich die Wachstums-Dynamik im Oberbaselbiet in diesem Jahr gedreht hat. Doch wer wie Andrea Kaufmann einen Zusammenhang mit der neuen Waldenburgerbahn ortet, die vor einem Jahr in Betrieb genommen wurde, dürfte so falsch nicht liegen.
300 000 Einwohner und mehr Babys
jg. Der Kanton Baselland zählt diesen Herbst erstmals über 300 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das geht aus der jüngsten Bevölkerungsstatistik des Kantons hervor, die den Stand per 30. September 2023 abbildet. Genau wurden 300 951 Personen erfasst. Das entspricht einem Wachstum von 0,4 Prozent für diese Periode. Netto, das heisst Zuzüger minus Wegziehende, legte der Kanton im dritten Quartal um 1095 Personen zu. Hinzu kommt noch ein Geburtenüberschuss (Geburten minus Todesfälle) von 19 Personen. Der Ausländeranteil liegt bei 25,5 Prozent.